Deutschland wird der eine weitere militärische Aggression Russlands fürchtenden Ukraine 5000 Militärhelme liefern. Die sei ein "ganz deutliches Signal: Wir stehen an Eurer Seite", sagte Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD), die den Schritt am Mittwoch nach einer Sitzung des Verteidigungsausschusses öffentlich machte. Der Ukraine reicht das aber weitem nicht aus. Der Botschafter in Berlin, Andrij Melnyk, sprach von einem "Tropfen auf dem heißen Stein". Noch deutlicher wurde Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko. "5000 Helme sind ein absoluter Witz", sagte er der "Bild". "Was will Deutschland als nächstes zur Unterstützung schicken? Kopfkissen?"
Die Ukraine hat Waffenlieferungen im großen Stil für die Verteidigung gegen einen möglichen russischen Angriff gefordert. Melnyk hatte von Kriegsschiffen und Luftabwehrsystemen gesprochen. Zudem hatte er 100.000 Schutzhelme und -westen für Freiwillige verlangt.
Krise in der Ukraine: "Hofft Olaf Scholz darauf, dass Putin sich totlacht?"
Nach Angaben aus dem Verteidigungsministerium hat die Ukraine am 19. Januar in einem Schreiben um Ausrüstungshilfe gebeten und Helme und Schutzwesten als Bedarf genannt. Dabei seien aber keine konkreten Mengen erbeten worden.
So kommentiert die deutsche Presse die Helm-Lieferung.
"Volksstimme" (Magdeburg): "Die Ukraine ist in größter Gefahr – der russische Feind steht mit einer gewaltigen Militärmacht vor den Toren. Kiew fordert vom Westen Waffenhilfe, um einem Sturm standhalten zu können. Aus Deutschland gibt es nichts – das ist jedenfalls die bisherige Position der Bundesregierung. Dafür gibt es gute Gründe: die letzten schmalen Brücken zu Russland würden brechen. Außerdem verbietet es sich nach dem Weltkriegs-Inferno, dass deutsche Kanonen in der Ukraine auf russische Panzer schießen, auch wenn das 80 Jahre her ist. Doch der Ampel-Regierung ist unwohl dabei: Sie hilft statt mit Sturmgewehren nun mit 5000 Stahlhelmen. Da sind 100.000 russische Soldaten auf dem Sprung und Deutschland schickt einen Container voll Helme? Entweder Militärhilfe oder nicht – dieses Feigenblatt jedenfalls ist nur peinlich."
"Focus Online": "Was für ein Stück aus dem Tollhaus! Während andere westliche Länder der bedrängten Ukraine mit Waffenlieferungen zur Seite stehen, klammert sich die Ampel-Koalition an den Wortlaut des Koalitionsvertrags, wonach Deutschland keine Waffen in Krisengebiete schickt. Dabei hatte sich der Grünen-Vorsitzende Robert Habeck noch im Sommer nach einem Besuch an der ukrainisch-russischen Grenze für die Lieferung deutscher Defensivwaffen ausgesprochen. Doch wurde er schnell vom linken Flügel der Öko-Partei zur Räson gerufen. Bei der SPD-Linken hätte er mit diesem Vorschlag ebenfalls keine Chance."
"Frankfurter Allgemeine Zeitung": "Wie aber befreit man sich dann von dem Vorwurf, die deutsche Solidarität mit der Ukraine beschränke sich auf das Erklären derselben? Die Bundesregierung hat dafür nun eine Lösung gefunden, die sich mit ihrem Gewissen vereinbaren lässt: die Lieferung von 5000 Helmen. Sie sei ein "ganz deutliches Signal", dass Deutschland an der Seite der Ukraine stehe, sagte die Verteidigungsministerin. Eine noch stärkere Signalwirkung hätte wohl nur die Entsendung der Gorch Fock ins Schwarze Meer."
"Merkur.de": "In der Ukraine haben sie gerade nicht viel zu lachen – wo sie auch hinschauen, blicken die Menschen in Putins Gewehrläufe. Doch aus Deutschland naht Hilfe: Nach langem Ringen mit sich selbst hat sich die Ampelregierung entschlossen, ihren Waffen-Boykott zu beenden und in einer beherzten Rettungsaktion 5000 Helme nach Kiew schicken. "Ein deutliches Signal", dass Deutschland an der Seite der bedrängten Ukrainer steht, nennt das SPD-Verteidigungsministerin Lambrecht. Ist das Realsatire? Die neue hybride Kriegsführung der Bundesregierung? Hofft Olaf Scholz darauf, dass Putin sich totlacht? Könnte klappen!"
"Stuttgarter Zeitung": "An diesem Freitag ist die Winterpause vorbei. Die 'heute-show' wird dann wieder die Politik auf die Schippe nehmen, und die liefert derzeit mehr Material, als in einer halben Stunde Sendezeit überhaupt unterzubringen ist. Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht ist dabei erste Anwärterin auf den goldenen Vollpfosten. 100.000 russische Soldaten stehen an der Grenze zur Ukraine, Deutschland schickt 5000 Helme nach Kiew. Das ist fürwahr ein ganz besonderer Beitrag, um Freunden zu helfen. (...)
International ist den Beobachtern deutscher Außenpolitik das Lachen vergangen. Man kann sich mit guten Argumenten für Waffenlieferungen in die Region entscheiden, mit noch besseren dagegen. Zu versuchen, sich mit solch einer Alibi-Aktion aus der Patsche zu befreien, das ist allerdings mehr als peinlich."