"Hart aber fair" Plasberg kocht nicht auf Sparflamme

Drei Umweltpolitiker und eine Stromlobbyistin: Im faden Wahlkampf 2009 ging es bei "Hart aber fair" endlich einmal nicht auf Energiesparflamme zur Sache. Die Debattenkultur wird am Ende dieser Legislaturperiode also nur im Fernsehen gepflegt.

Netznutzungsentgelt, Sumpfsieb, Versturztechnik, Opalinuston - es gab ein paar Momente, da fühlte sich der späte Mittwochabend in der ARD an wie ein Hauptseminar in Energieverfahrenstechnik. Zum Glück hatte Moderator Frank Plasberg die Fachsimpelei kommen sehen und seine Mitarbeiter angewiesen, wenigstens ein paar der Begriffe mit Hilfe von Einspielfilmen zu erklären. So lernten die Zuschauer, die es nach der Leichtathletik-WM um 22.17 Uhr noch rüber zu "Hart aber fair" geschafft hatten, warum die Netznutzungsentgelte zu hoch und Sumpfsiebe für Atomkraftwerke wichtig sind, die Versturztechnik einst eine anerkannte Verladeart für Atommüll war und letzterer sich auch in Opalinuston-Formationen (einer Art Tonerde) endlagern lässt.

Mitten im "Fawaz", im fadesten anzunehmenden Wahlkampf aller Zeiten, beugte sich eine launig-leutselige Runde geballter Fachkompetenz über das Sendungsmotto "Reaktor aus - Energiesparlampe an! Welchen Preis zahlen wir für sauberen Strom?" Das anstehende Ende der Glühbirne und der Atomkraft - zwei Themen, zu denen die meisten Menschen eine eindeutige Meinung haben dürften. Als Diskutanten lümmelten sich links am Tisch Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) und Amtsvorgänger Jürgen Trittin (Grüne), auf der rechten Seite gab ihr bayerischer Kollege Markus Söder den Streber und mittendrin ruderte die Vertreterin der Energiewirtschaft Hildegard Müller (CDU), während der ARD-Wissenschaftsmoderator Ranga Yogeshwar ("zu später Stunde ein bisschen Physik") nicht nur gefragt erklärte.

Durchweg Freunde der Energiesparlampe

Frank Plasberg, nie um das Streuen provokativer Vorurteile verlegen, versuchte zu Beginn seine Gäste mit Hilfe der Energiesparlampe gegeneinander aufzuhetzen, was leider nicht gelang. Denn quer durch die Gästebank: allesamt Freunde der Energiesparlampe. Kaltes Licht? Das sei früher so gewesen, wussten Gabriel und Söder. Trittin braucht keine gemütlichen Küchen, sondern sitzt nach eigener Angabe am liebsten dort, wo Energie gespart wird und Ranga Yogeshwar war sich sicher, dass die Lampenzukunft hell und warm sein werde.

Mit dem Konsens war es aber auch schnell wieder vorbei. Das kurzatmige Konzept von "Hart aber fair" sieht es nicht vor, dass sich die Anwesenden all zu lange mit einem Aspekt aufhalten und so bemühte Frank Plasberg schnell die nächsten Dissenzpunkte: hohe Stromkosten und die Gefahr von Kernkraftwerken. Wenig überraschend geriet die Frau Müller als das Gesicht der Stromkonzerne schnell in die Defensive, aus der sie sich nicht mehr so recht befreien konnte. Trittin und Gabriel machten sich sichtlich einen Spaß daraus, die Chefin des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft vor sich her zu treiben und dem im Amt noch etwas unerfahrenen Markus Söder klar zu machen, wo die Kompetenz in Sachen Umweltschutz sitzt: natürlich bei SPD und Grünen. Das sich die beiden, wie erwähnt, zu oft in den Details der Materie fest gebissen haben, dürfte beim potenziellen Wähler zumindest Eindruck gemacht haben.

Damit sich am Ende der Sendung der Kreis noch schön schließt, erfuhren die Zuschauer, wo und wieviele Energiesparlampen die Anwesenden zu Hause benutzen. Bei Trittins hängt noch eine einzige herkömmliche Glühlampe herum, weil die dimmbar ist. Hildegard Müller mag es im Schafzimmer modern-hell, während Ranga Yogeshwar dort auf jegliche Beleuchtung verzichtet.

Bei soviel Applaus für die Energiesparlampe half es auch nichts, dass als Agent Provokateur immer wieder ein Lampengeschäftbesitzer per Einspieler zu Wort kam, der als bekennender Glühbirnen-Liebhaber von "Lagerfeuer-Stimmung" schwärmte und mit dem Ende der traditionellen Lampe auch gleich das Ende einen ganzen Kultur beschwor. Was die vom Absterben bedrohte politische Debattenkultur betrifft, hat ihr diese Sendung wieder etwas Leben eingehaucht.