Die Hälfte der Hinrunde der Bundesliga ist gespielt und es sind erste Tendenzen sichtbar. Die Bayern marschieren und bleiben der große Topfavorit, mit Mönchengladbach gibt es ein echtes Überraschungsteam, der Meister aus Dortmund sucht noch die Leichtigkeit der vergangenen Saison und mit dem Hamburger SV und dem VfL Wolfsburg gibt es zwei echte Krisenteams.
Der Anteil von Neuzugängen am Erfolg oder auch am Misserfolg ist schwer messbar, aber nach 100 Tagen ist es Zeit für eine erste Bilanz. Welche Clubs haben, gemessen an ihren Möglichkeiten, einen guten Job gemacht und wo haben die Ideen des Sommers noch keine Früchte tragen können. Wir nehmen uns in einer dreiteiligen Serie alle 18 Vereine vor, bewerten die Neuverpflichtungen und sagen, wer sich am besten geschlagen hat.
1. FC Nürnberg
Neuzugänge: Daniel Didavi, Alexander Esswein, Markus Feulner, Timm Klose, Tomas Pekhart, Patrick Rakovsky, Manuel Zeitz
In Nürnberg macht es vor allem die Masse an Neuzugängen, die entweder bereits einen Stammplatz haben oder kurz davor stehen, so dass der Club im oberen Drittel der Bundesliga gewertet wird. Auch rein sportlich können die Nürnberger zufrieden sein, mit elf Punkten halten sie den Kontakt zu den oberen Plätzen.
Auch hier hat mit Dieter Hecking der Trainer großen Anteil an der neu gewonnenen Konstanz im Frankenland, nach der guten letzten Saison trauten dem Club nur wenige Experten eine Wiederholung und damit das Raushalten aus dem Abstiegskampf zu. Auch wenn ihr Notenschnitt bei sportal.de eher Durchschnitt vermuten lässt, so sind Innenverteidiger Timm Klose (3,7), Mittelfeldmann Markus Feulner (3,6/1 Tor) und Stürmer Tomas Pekhart (3,6/3Tore) zurecht Stammspieler und haben die Mannschaft voran gebracht.
Noch bemerkenswerter wird die Bilanz, wenn man weiß, dass mit Alexander Esswein ein weiterer Neuzugang in die Startelf drängt, mit Patrick Rakovsky ein Youngster bis zu seiner Verletzung ein guter Schäfer-Verteter war und sich auch Daniel Didavi vor seinem verletzungsbedingten Ausfall in starker Form präsentierte. Hecking und Manager Bader haben vieles richtig gemacht und den Qualitätsverlust nach den Abgängen von Ilkay Gündogan, Mehmet Ekici, Julian Schieber und Andreas Wolf in Grenzen gehalten.
1. FC Köln
Neuzugänge: Ammar Jemal, Sascha Riether, Odise Roshi, Henrique Sereno
Der wichtigste Neue am Geißbockheim ist Trainer Stale Solbakken. Zu Beginn der Saison noch mit Anlaufschwierigkeiten kämpfend, greifen die Ideen des Norwegers immer besser. Die Organisation im Kölner Spiel funktioniert, auch wenn negative Ausreißer wie in Berlin sicher immer mal wieder vorkommen werden. Mit zehn Punkten und Platz zwölf kann der FC zufrieden sein.
Gewissen Anteil daran haben auch zwei der vier Neuzugänge. Sascha Riether hat die Rolle als neue Leitfigur und Kapitän schnell angenommen, anders als bei Heiko Westermann vor einem Jahr beim HSV sind keinerlei Lähmungserscheinungen zu erkennen. Vor allem bei den wichtigen Siegen gegen Leverkusen und Hoffenheim ging Riether voran, auch wenn er in seiner Rolle als defensiver Mittelfeldspieler nicht der entscheidende Mann war.
Ebenfalls sofort in der Pflicht stand Henrique Sereno. Von der Bank des FC Porto gekommen, musste Sereno ohne Eingewöhnungszeit den abgewanderten Youssef Mohamad ersetzen und machte dies unspektakulär und effektiv. Mittlerweile wird er auch als Außenverteidiger eingesetzt, wobei er in der Mitte sicherlich stärker ist. Ammar Jemal kommt erst auf einen Einsatz, zeigte in Leverkusen aber, dass die Kölner einen für ihre finanziellen Verhältnisse weiteren guten Griff getan haben, der die latenten Probleme auf den Außenverteidiger-Positionen lindern könnte.
Borussia Dortmund
Neuzugänge: Ilkay Gündogan, Moritz Leitner, Chris Löwe, Ivan Perisic
Mit Nuri Sahin musste der BVB nur einen Stammspieler ersetzen, dieser Verlust fiel aber gleich richtig ins Gewicht. Ilkay Gündogan wehrte sich zwar von Beginn an gegen Vergleiche mit seinem deutsch-türkischen Landsmann, aber der Ex-Nürnberger spielt nun mal auf der gleichen Position und muss sich dem stellen. Bisher konnte er Sahin nicht ersetzen, aber auch Trainer Jürgen Klopp verweist zurecht auf Gündogans Alter (20) und den damit verbundenen Fohlenschutz.
Ein wahrer Volltreffer könnte Ivan Perisic werden, der Kroate brauchte zwar eine Eingewöhnungszeit und wurde zunächst nur als Joker eingesetzt, spätestens seit seinem Traumtor gegen den FC Arsenal weiß die Bundesliga aber, welches Juwel der BVB da an Land gezogen hat. Die größte Überraschung war Chris Löwe, der Marcel Schmelzer auf der linken Seite gut ersetzte, Moritz Leitner konnte die Vorschusslorbeeren dagegen noch nicht erfüllen.
Richtige Abzüge haben sich Klopp und Manager Michael Zorc aber verdient, weil sie die Situation im Sturm falsch eingeschätzt haben. Mit nur zwei Angreifern in eine Saison zu gehen Mohamed Zidan kann die Rolle des Stoßstürmers einfach nicht ausfüllen war ein großes Risiko und durch die Verletzung von Lucas Barrios haben sich unsere Befürchtungen bewahrheitet. Der Saisonstart war holprig, auch weil Robert Lewandowski mit der Rolle des alleinige Knipsers überfordert war. Nun ist Barrios zwar zurück, aber es wird noch Wochen dauern, bis der Paraguayer seine Bestform erreichen wird.
1899 Hoffenheim
Neuzugänge: Koen Casteels, Fabian Johnson, Knowledge Musona, Sven Schipplock, Daniel Williams
In Hoffenheim steht die Reduzierung des Defizits und damit der Verlust der Abhängigkeit von Mäzen Dietmar Hopp im Vordergrund. Dementsprechend verhalten verhielt sich die TSG in der abgelaufenen Transferperiode. Trotzdem bekannte Manager Ernst Tanner jüngst in einem kicker-Inteview, dass in Hoffenheim auch in den kommenden Jahren rote Zahlen geschrieben werden.
Mit Fabian Johnson und Daniel Williams konnten sich dann auch nur zwei von fünf Neuzugängen in die Nähe der Stammelf spielen. Johnson fällt allerdings seit dem sechsten Spieltag wegen eines Bandscheibenvorfalls aus, Williams debütierte in der Startelf gegen den FC Bayern, wirkte dabei aber häufig noch zu überhastet. Sven Schipplock wurde ebenfalls durch eine Verletzung gestoppt, somit setzt Trainer Holger Stanislawski derzeit vor allem auf bewährte Kräfte.
Borussia Mönchengladbach
Neuzugänge: Joshua King, Matthew Leckie, Yuki Otsu, Lukas Rupp, Oscar Wendt, Matthias Zimmermann
Nach den erfolgreichen Korrekturen im vergangenen Winter (Martin Stranzl, Mike Hanke, Harvard Nordtveit) verzichtete die Borussia in diesem Sommer auf die ganz großen Namen. Die Mannschaft hatte sich unter dem neuen Trainer Lucien Favre gefunden, rettete sich in der Relegation und wurde von sportal.de als Europa League-Kandidat eingestuft.
Der Saisonstart hat gezeigt, dass wir recht haben könnten, die Neuzugänge haben allerdings so gut wie keinen Anteil an dem Höhenflug, der erst am vergangenen Spieltag mit der 0:1-Niederlage in Freiburg einen kleinen Dämpfer erhielt. Selbst Oscar Wendt, als Außenverteidiger mit klaren Stammplatz-Ambitionen aus Kopenhagen gekommen, konnte sich gegen Filip Daems nicht durchsetzen und debütierte ausgerechnet gegen Freiburg und wird sich wieder hinten anstellen müssen. Gladbach hat viele Youngster gekauft, derzeit sieht es aber nicht danach aus, dass einer den Bundesliga-Trend bestätigen und sich durchsetzen könnte.
FC Augsburg
Neuzugänge: Dawda Bah, Lorenzo Davids, Ionnis Gelios, Sebastian Langkamp, Patrick Mayer, Sascha Mölders
Die Verantwortlichen des FC Augsburg verweisen immer wieder darauf, dass mit den finanziellen Möglichkeiten des Aufsteigers nicht mehr möglich gewesen wäre. Sicherlich sind die Augsburger gegenüber anderen Clubs im Nachteil, aber gerade die Beispiele Mainz oder Nürnberg zeigen, was mit gutem Scouting und früher Initiative möglich ist.
Denn der FCA hat sich einfach zu wenig Bundesliga-Erfahrung in den Kader geholt. Einzig Lorenzo Davids brachte Erstliga-Erfahrung aus den Niederlanden mit, alle anderen Neuzugänge kamen aus der 2. Liga oder sogar darunter oder spielten wie Dawda Bah (Helsinki) in einer nicht allzu starken Liga. Und dieses Defizit an Erfahrung ist Woche für Woche zu erkennen, als wirklich Verstärkung kann derzeit nur Sascha Mölders gewertet werden. Doch auch der Torjäger, vom FSV Frankfurt gekommen, wird die Augsburger nicht alleine in der Liga halten können. Sollten Trainer Jos Juhukay und Manager Andreas Rettig im Winter über weitere Neuzugänge nachdenken, so sollte gerade in der Abwehr die nötige Erfahrung die wichtigste Rolle spielen.
Marcus Krämer