Es ist noch kein Jahr her, da schnaubte Uli Hoeneß, eine Jahreshauptversammlung des FC Bayern sei doch nicht die "Generalversammlung von Amnesty International". Adressiert waren diese Worte an das Bayern-Mitglied Michael Ott, der es gewagt hatte, öffentlich den Sponsoringdeal des Vereins mit Qatar Airways zu kritisieren. Zwei Blöcke standen sich da im Oktober 2022 gegenüber: Hoeneß, der den alten FC Bayern verkörperte, der sich nicht von der Seitenlinie reinrufen lässt, was er zu tun und zu lassen hat. Und auf der anderen Seite war da Michael Ott. Ein junger Jurist, hinter dem sich viele Bayern-Fans versammelt hatten, für die Vereinsliebe mehr bedeutet, als in der Kurve zu stehen und zu jubeln.
Seit diesem Mittwoch darf sich Ott als später Sieger fühlen. Der FC Bayern hat verkündet, den Sponsorenvertrag mit Qatar Airways auslaufen zu lassen. Das ist eine gute Nachricht – nicht nur, weil die staatliche Luftfahrtgesellschaft ein moralisch zweifelhafter Werbepartner war. Sondern auch, weil die Beendigung des Deals zeigt, dass Protest sehr wohl etwas bewegen kann. Dass "die da unten" an der Basis "denen da oben" in den Führungsetagen etwas zu sagen haben – und dass ihre Stimmen gehört werden.
Ein Tag zum Feiern, könnte man meinen. Doch das wäre falsch. Fünf Jahre währte die Verbindung des Rekordmeisters zu Qatar Airways, und ebenso lang steht diese Partnerschaft in der Kritik. Fünf Jahre bewegten sich die Bayern nicht. Es brauchte wohl erst die Weltmeisterschaft 2022 in Katar, dieses sportpolitische Desaster, um für ein Umdenken in München zu sorgen.
Katar und sein Problem mit Menschenrechten
Das Turnier in der Wüste führte der Weltöffentlichkeit vor Augen, dass Sport und Politik eben keine getrennten Sphären sind. Schon bevor die WM angepfiffen wurde, gab es eine breite Debatte über die Diskriminierung von Frauen und Homosexuellen in Katar. Es ging auch um entrechtete Gastarbeiter, denen die Reisepässe abgenommen worden waren und die in Gluthitze auf den WM-Baustellen schuften mussten.
In Deutschland wurde die Debatte mit besonderer Schärfe geführt. In nicht wenigen Leitartikeln war zu lesen, die WM-Teilnahme der Nationalmannschaft sei eine Schande; die einzig richtige Reaktion wäre die sofortige Abreise aus Doha. Diesem Druck beugte sich der DFB aus guten Gründen nicht (obwohl die Mannschaft oftmals so spielte, als boykottiere sie die WM). Es war schließlich nicht dem DFB anzulasten, dass das Turnier nach Katar vergeben worden war. Das erfolgte 2010 auf Geheiß des Weltfußballverbandes Fifa. Und genau hier liegt der Unterschied zum Fall FC Bayern: Die Münchener wählten sich Qatar Airways selbst als Geschäftspartner aus; niemand zwang sie, das Logo der Airline auf den Ärmel zu drucken.
Eine Kehrtwende beim FC Bayern, aber keineswegs im Weltfußball
Jetzt ist die Liaison beendet und damit auch die für die Klubführung quälenden Diskussionen auf den Hauptversammlungen. Doch niemand braucht zu glauben, dass mit der Kehrtwende des FC Bayern irgendetwas besser geworden ist im Weltfußball. Im Gegenteil. Jene Investoren aus Ländern, in denen Menschenrechte nicht viel gelten, drängen in den Sport wie nie zuvor: Saudi-Arabien hat unlängst Cristiano Ronaldo mit einem dreistelligen Millionengehalt Gehalt ins Königreich gelockt, einige Chelsea-Spieler folgen ihm in diesen Tagen, und irgendwann wohl auch Messi, der schon jetzt als "Tourismus-Botschafter" des Landes unter Vertrag steht. Nebenbei hat der saudische Staatsfonds PIF den Premier League-Klub Newcastle United gekauft. Warum auch nicht? Nachbar Katar ist schließlich bei Paris Saint Germain dick drin. Da will man nicht nachstehen.
Neuer-Skitour, Gucci-Ausflug und Kabinen-Zoff – jede Menge Bayern-Baustellen abseits des Spielfelds

Dass sowohl Katar als auch Saudi-Arabien ihre Milliarden mit dem Verkauf von fossilen Energieträgern verdienen und den eh schon überhitzten Transfermarkt zusätzlich anheizen, wird in den Diskussionen oft unterschlagen. Es gibt halt so viele andere Themen, die zu kritisieren sind. Wo will man da anfangen? Da kann man nur aufhören – so wie es der FC Bayern nun mit einiger Verspätung getan hat.