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HSV im Aufwind Der Fink-Faktor

Innerhalb kürzester Zeit hat Thorsten Fink den Hamburger SV aus dem Tabellenkeller ins gesicherte Mittelfeld geführt. Wie hat der neue HSV-Coach das gemacht? Wir haben uns auf die Suche nach den Gründen begeben.

Sechs Ligaspiele: zwei Siege, vier Unentschieden – und ein Weiterkommen im DFB-Pokal gegen Eintracht Trier. Die Bilanz des neuen HSV-Trainers Thorsten Fink kann sich sehen lassen. Wir haben uns auf die Suche nach Gründen für die neue Stabilität der Hanseaten gemacht.

Mentalität:

Am Anfang stand ein langer Abschlag von HSV-Torwart Jaroslav Drobny. Und was dann folgte, war, so Coach Thorsten Fink, "ein Paket von individueller Qualität und Willen", das den Führungstreffer durch Paolo Guerrero ermöglichte. Der Peruaner setzte sich in der 23. Minute geschickt gegen die Nürnberger Timmy Simons und Torwart Raphael Schäfer durch und erzielte die 1:0-Führung. Die Rothosen gewannen die Sonntagspartie am Ende mit 2:0.

Stellvertretend kann die Aktion auch für den Mentalitätswandel herangezogen werden, der beim HSV in den vergangenen Wochen Einzug gehalten hat. Gerade der talentierte, aber oft so wenig konstante Guerrero steht für dieses andere Gesicht, das die Mannschaft seit Finks Amtsantritt abgibt. Der Angreifer ackert, geht voran. In den vergangenen vier Partien gelangen dem 27-Jährigen drei Treffer. Nicht zuletzt ist es Finks eigene Sieger-Mentalität, die er sich wohl in zahlreichen Profijahren beim FC Bayern München (1997-2006) antrainierte und nun auf das Team überträgt. Fink wirkt überzeugt von dem, was er sagt. Zweifel scheint er nicht zu kennen.

Glaube:

Unter Ex-Trainer Michael Oenning entwickelte sich die Mannschaft zu einer wahren Looser-Truppe. Acht Monate konnte der HSV kein Heimspiel gewinnen. Und es schien, als ob einige Akteure den Glauben an die eigene Stärke komplett verloren hatten. Fink setzte unter anderem auf den ehemaligen Nationalspieler Marcell Jansen. Der Linksfuß, von vielen bereits abgeschrieben, spielt nicht überragend, aber um einiges besser als unter Finks Vorgängern Oenning oder Armin Veh. Immerhin erzielte auch Jansen drei Tore in vier Spielen.

Der zu Saisonbeginn patzende, bereits ins Pfefferland verwunschene Torwart Drobny entwickelte sich unter Fink zu einem richtigen Rückhalt. Ähnlich verhält sich die Formkurve des Venezolaners Tomas Rincon. Der 23-Jährige wurde in den vergangenen zweieinhalb Jahren stets als Notnagel herumgeschoben. Bei Fink ist er im defensiven Mittelfeld gesetzt und überzeugt mit beherzten Auftritten. Fink glaubt an seine Spieler und die Spieler an sich.

System:

Als Fink kam, waren neun Spieltage absolviert und der HSV belegte den letzten Tabellenplatz. Die Mannschaft war verunsichert, das Umfeld unruhig. Fink entschied sich für ein schlichtes 4-4-2-System mit einem flachen Vierer-Mittelfeld: Einfache Aufgabenverteilung, klare Strukturen, zwei Spitzen. Der 44-Jährige schien innerhalb kurzer Zeit erkannt zu haben, dass das Team nach Einfachheit lechzt.

Und er sah, dass dieser Kader nicht glänzen kann wie es die Konkurrenz aus Dortmund, Leverkusen oder München tut. Aber mit gradlinigem Spiel sammelte der HSV gegen Wolfsburg (1:1), Kaiserlautern (1:1), Leverkusen (2:2), Hoffenheim (2:0), Hannover (1:1) sowie Nürnberg (2:0) zehn Punkte und kletterte vom Tabellenende hoch auf Rang elf.

Zudem sah Fink, dass die ihm zur Verfügung stehenden Zentrum-Spieler Gojko Kacar, Robert Tesche, Tomas Rincon, David Jarolim, Per Ciljan Skjelbred (Mittelfeld) sowie Jeffrey Bruma, Heiko Westermann, Michael Mancienne und Slobodan Rajkovic (Innenverteidigung) spielerisch zu schwach sind, um eine Partie aus der Mitte des Platzes bestimmen zu können. Es folgten taktische Vorgaben, mit denen dieses Problem umschifft werden sollte.

Taktische Vorgaben:

Angriff über außen: Da im Zentrum zu wenig Qualität vorhanden ist, sind die Außenspieler in beiden Vierer-Ketten dazu angehalten, Dampf zu machen. Die Gespanne Aogo / Jansen auf links sowie Diekmeier / Töre auf rechts marschieren hoch und runter und können sich viel erlauben – wenn sie denn nur aktiv sind. Die Balance allerdings ist auf links besser. Gerade auf rechts vernachlässigt der stürmische Diekmeier oft seine Defensiv-Aufgaben.

Spielaufbau: Um die spielerisch (zu) schnell überforderten Innenverteidiger zu entlasten, opfert der Coach stets eine Nummer Sechs, die sich auf Höhe der Innenverteidiger fallen lässt. So ergibt sich eine Dreierkette. Aus der heraus wird das Spiel nach vorne getragen. Dadurch wurde die Spieleröffnung sicherer, die Fehlerquote geringer und die Außenverteidiger können so getrost – weil besser abgesichert – den Vorwärtsgang einlegen.

Gökhan Töre: Die lichten Momente im HSV-Spiel entstehen selten im Zentrum. Vielmehr ist der dribbelstarke Gökhan Töre (19) dafür verantwortlich. Dieser bekleidet die Position im rechten Mittelfeld. Von hier aus wird Überzahl geschaffen, von hier aus wird es gefährlich, von hier aus werden die zwei Spitzen (abwechselnd Guerrero, Mladen Petric, Ivo Ilicevic oder Heung Min Son) eingesetzt. Und wenn der noch junge Risiko-Spieler Töre mal hängen bliebt, dann ist das nicht so gefährlich wie wenn das im Zentrum geschieht.

Roger Stilz

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