Wenn ich Panini-Klebebildchen sehe, muss ich unweigerlich an den Anfang der 1990er-Jahre zurückdenken. Damals holte die deutsche Fußballnationalmannschaft dank des clever verwandelten Brehme-Elfmeters im WM-Finale von Rom den dritten Stern. Ich war elf Jahre alt und die Endrunde in Italien das erste WM-Turnier, das ich bewusst miterlebte und feierte. Einen Sommer später ging sehr viel Taschengeld für mein erstes Panini-Sammelalbum drauf. Es war ein historisches, nämlich das erste nach der Wiedervereinigung. Legendäre Sticker der Stars von vor 30 Jahren kleben drin. Anthony Yeboah, Matthias Sammer, der aktuelle Bundestrainer Hansi Flick (damals in Diensten des 1. FC Köln), um nur drei zu nennen. Manche ein bisschen schief. Darauf achte ich heute penibel genau. Und es sind bei Weitem nicht alle. Auch das kommt nur noch selten vor. Ach ja, "Panini Fußball 91" steht auf dem Umschlag. Ein Jahr später zierte der junge Lothar Matthäus das Cover des Panini-Bundesliga-Albums im rot-blauen Trikot des FC Bayern. Die für Loddar und die seinen sportlich wenig glorreiche Endrunde 1994 in den USA war dann mein erstes Stickeralbum einer Fußball-WM.
Seitdem habe ich kein großes Turnier verpasst: Frankreich, Japan und Südkorea, das Sommermärchen 2006, Südafrika und natürlich der Gewinn des vierten Sterns im Sommer 2014. Unvergessen, weil einmalig: der eilige Nachdruck des Jens-Lehmann-Bildchens vor der WM in Deutschland. Von vielen eiskalt überklebt: der von Jürgen Klinsmann geschasste Oliver Kahn. Einige Hundert Euro sind über die Jahre in die Porträts, Teamsticker und extrem beliebten Glitzis geflossen. Ich habe auf Tauschbörsen mit Grundschülern und Teenagern um einzelne Bilder gefeilscht, die letzten fehlenden bei einem großen Kleinanzeigenportal ergattert. Das Gefühl, den allerletzten von mehr als 600 Stickern einzukleben, ist großartig. Auch heute noch.
Goldene Glitzis: Das Album zur Fußball-WM 2022
Auf die kommende WM habe ich eigentlich keine große Lust. Statt ausgelassenem Public Viewing oder einer WM-Party im Garten mit Bratwurst und einem Fässchen Bier läuft es wahrscheinlich auf Glühwein, Spekulatius und Christstollen auf dem heimischen Sofa hinaus. Doch ich lasse mir trotz der aberwitzigen Umstände der Winter-WM in Katar die Vorfreude nicht nehmen. Insbesondere nicht die auf das Panini-Stickeralbum zur FIFA Fußball-Weltmeisterschaft 2022. Sagenhafte 670 Sticker passen in das 80 Seiten starke offizielle Album. Etwas überraschend: Das sind zwölf Bildchen weniger als vor vier Jahren. Dafür kommt der Umschlag in edlem Burgund und leicht angeraut. Das gab es so noch nie. Und weil wir gerade dabei sind: Zum ersten Mal sind die Sticker nicht von 1 bis 670 durchnummeriert. Jedes der 32 Teams besteht aus 20 Porträts, einem Mannschaftsbild und dem Verbandslogo als Glitzi-Sticker. Natürlich in Gold (statt zuletzt Silber). Geschmacksache. In jedem Fall passt es zum glamourösen Gesamtpaket des Mega-Events.
Besonders begehrte Tauschobjekte dürften auch dieses Mal die Sticker auf den ersten und letzten Seiten werden. Darunter der WM-Pokal, La'eeb, das Maskottchen der WM, das Logo des Weltverbands FIFA, die acht Stadien und der offizielle WM-Ball "Al Rihla". Ähnlich wie beim Album zur WM 2018 in Russland gibt's auf den letzten Seiten die WM-Geschichte im Schnelldurchlauf. Dazu in Gold gerahmte Sticker ausgewählter Weltmeister-Mannschaften. Mit dabei auch die DFB-Elf vom WM-Finale 1990 in Rom. Und: Ebenfalls zum ersten Mal versteckt Panini in den Tütchen Extra-Sticker, die gar nicht ins Album passen. Angeblich gibt's davon im Schnitt nur einen in jeder 100. Tüte. Die ersten davon tauchen aktuell schon bei Kleinanzeigen-Portalen im Netz auf.
Was sich Panini-Sammler jedes Jahr auf's Neue fragen: Wie viele Packs muss man mindestens kaufen, um sicher alle 670 Sticker ins Album kleben zu können? Ein Mathematik-Professor der Cardiff University in Wales hat sich dieser Frage angenommen. Tauschen und Extra-Bestellungen einzelner Bilder ausgeklammert, kam Prof. Paul Harper für das Panini-Album von 2018 auf 967 Sticker-Tütchen. Im Durchschnitt würde das Sammler mehr als 870 Euro kosten. Spannend: In einer Tauschgruppe von zehn Leuten kommt man deutlich günstiger weg. Doch auch hier muss man noch mit einem Invest von rund 280 Euro rechnen, um das Album komplett zu füllen. Das dürfte echte Sammler aber auch dieses Mal wieder kaum abschrecken.
Vor sechs Jahren gab es eine Tüte Sticker übrigens noch für geradezu läppische 70 Cent. Mittlerweile hat Panini aufgerundet: Fünf Sticker für das Album zur WM 2022 kosten einen ganzen Euro. Das macht 20 Cent pro Bild. Ein stolzer Preis. Doch eine Sache könnte die Sammelleidenschaft in diesem Jahr noch etwas anheizen: Schon zur Fußball-WM 2024 in Deutschland wird es keine Klebebildchen aus Modena mehr geben. Wie im April 2022 bekannt wurde, hat die FIFA die Verkaufs- und Vermarktungsrechte an den US-Sammelkartenhersteller Topps verkauft. Das nächste Stickeralbum ist also "Made in USA". Und Panini-Sammlern wie mir bleibt nur das sentimentale Blättern in den Heften von früher.
Kleckern oder Klotzen? Diese Packs gibt es
Statt einzelne Tütchen (je 1 Euro) zu kaufen, setzen viele Sammler auf Sticker-Boxen mit 100 Tüten. Das sind 500 Sticker und man ist – ich spreche aus Erfahrung – einige Stunden damit beschäftigt, die Tüten aufzureißen und die Klebebildchen an den richtigen Stellen zu platzieren. Für alle, die es etwas ruhiger angehen wollen und eher aufs Tauschen setzen, gibt es Starter-Sets, Sammlerdosen und Multi-Sets mit vier, zehn oder 25 Tüten zu je fünf Stickern.
Quelle: ran.de
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