Auch nach der Einigung der Ampel-Koalition auf Kürzungen bei der Solarförderung hält das Solarunternehmen Meyer Burger den Aufbau zusätzlicher Kapazitäten in Deutschland weiterhin für möglich. Eine Erhöhung der Produktionskapazitäten für Zellen und Module im Rahmen des Interessenbekundungsverfahren des Bundeswirtschaftsministeriums sei auch im revidierten Klima- und Transformationsfonds grundsätzlich "weiterhin vorgesehen", sagte Meyer-Burger-Chef Gunter Erfurt gegenüber Capital. Dazu gebe es nach wie vor Gespräche mit der Bundesregierung, fügte Erfurt hinzu. Er verwies zudem auf die jüngste Förderzusage für Meyer Burger auf EU-Ebene in Höhe von 200 Mio. Euro. Damit ließen sich womöglich Kürzungen auf nationaler Ebene kompensieren, sagte er.
Die Ampel hatte am Mittwoch nach wochenlangem Gezerre eine Einigung für den Bundeshaushalt 2024 vorgelegt. Mit einem Paket aus Einsparungen und Erhöhungen von Abgaben soll die Lücke ausgeglichen werden, die das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Klima- und Transformationsfonds (KTF) gerissen hatte. Auf der Liste der Einsparungen taucht auch die geplante Förderung für den Wiederaufbau der Solarindustrie auf, die Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) vorantreibt, um die massive Abhängigkeit Europas von chinesischen Herstellern zu reduzieren. Die Kürzung im Solarbereich zählte Habeck am Mittwoch zu den Entscheidungen, die ihm "weh" täten. Die heimische Solarbranche leidet aktuell unter einem heftigen Preisverfall, nicht zuletzt ausgelöst durch Dumpingpreise von Produzenten aus China, die den Weltmarkt beherrschen. Meyer Burger hatte zuletzt wiederholt davor gewarnt, Investitionen verstärkt in die USA zu verlagern, wo der Staat Greentech-Unternehmen mit üppigen Subventionen lockt.
Konkret betrifft die nun beschlossene Kürzung ein Programm, mit dem die Bundesregierung "Leuchttürme" in der Solarindustrie fördern will – wie das börsennotierte Schweizer Unternehmen Meyer Burger, Europas einziger Solarzellenhersteller im Gigawattmaßstab, der seit 2020 in Sachsen-Anhalt und Sachsen Zellen und Module produziert. Dabei geht es um eine Investitionsförderung für den Aufbau weiterer Produktionskapazitäten. Für 2024 und 2025 soll die im KTF reservierte Fördersumme nun um die Hälfte reduziert werden. Das dafür im Sommer angelaufene Verfahren von Habecks Ministerium, mit Unternehmen Interesse an dem Programm anmelden können, soll allerdings fortgesetzt werden. "Es hat keine Änderung auf der politischen Agenda gegeben, die Solarindustrie in Deutschland wieder aufzubauen", sagte Erfurt. Insgesamt seien die Signale aus Berlin "deutlich positiver", als es die ersten Reaktionen auf die Haushaltseinigung der Ampel vermuten ließen. Allerdings wird der Kapazitätsausbau, der mit dem Programm angereizt werden soll, durch die Kürzung wohl geringer ausfallen als die ursprünglich geplanten zehn Gigawatt.
"Resilienzboni" für Solarindustrie noch möglich
Der Meyer-Burger-Chef betonte zudem, dass im Bereich der EEG-Förderung und beim geplanten Solarpaket 1 keine Kürzungen geplant seien. Die Vergütungen für Solar- und Windanlagen werden seit dem vergangenen Jahr auch komplett über den KTF finanziert. Derzeit berät der Bundestag über ein Solarpaket, mit dem unter anderem Bürokratie für Anlagenbetreiber angebaut werden soll. Die Solarbranche und Teile der Ampel plädieren dafür, dass im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens auch spezielle Förderkategorien für Photovoltaik-Systeme aus europäischer Herstellung eingeführt werden. Diese sollen in der Phase des Wiederaufbaus der heimischen Solarbranche Kostennachteile gegenüber chinesischen Herstellern ausgleichen.
Auch die Energiekonzerne RWE und EnBW hatten jüngst bei Habeck für solche "Resilienzausschreibungen" und "Resilienzboni" nach einem Konzept des Solarverbands BSW geworben. Laut BSW betragen die Kosten dafür im kommenden Jahr rund 40 Mio. Euro, später einen dreistelligen Millionenbetrag. Zu den Resilienzförderungen stehe man gemeinsam mit anderen Herstellern im engen Austausch mit der Bundesregierung, sagte Erfurt. SPD und Grüne unterstützen das Konzept, auch Teile der Union sind offen dafür. Dagegen bremst bislang die FDP.
Solar-Auto Sion: Sono Motors zeigt finales Design des deutschen E-Fahrzeugs

Auch auf EU-Ebene gibt es verschiedene Initiativen, sogenannte Netto-Null-Industrien, um die Solarbranche zu stärken. Aus einem Förderprogramm des EU-Innovationsfonds erhielt Meyer Burger kürzlich eine Zusage über 200 Mio. Euro für ein Projekt namens "Hope". "Diese Mittel haben wir sicher", sagte Erfurt. Der Betrag decke einen Teil der Investitionskosten für den möglichen Bau von Zell- und Modulfabriken mit 3,5 Gigawatt, für den sich das Unternehmen im Rahmen des EU-Innovationsfonds beworben hatte.
Dieser Artikel erschien zuerst bei "Capital"