Abstieg eines Giganten Die Angst vor 5G-Spionage hat Huawei beinahe alles gekostet – jetzt wurde erstmals der Grund enthüllt

Abstieg eines Giganten: Huawei haben die Vorwürfe nicht nur Vertrauen gekostet
Huawei haben die Vorwürfe nicht nur Vertrauen gekostet
© Mark Schiefelbein/ / Picture Alliance
Wohl kein Smartphone-Konzern erlebte einen so schnellen Aufstieg wie Huawei - und einen so tiefen Fall. Ein Bericht will nun erstmals die Hintergründe für die Spionage-Angst des Westens enthüllt haben. 

Es war ein rasanter Aufstieg und ein noch schnellerer Fall: War Huawei in Deutschland zuerst als Hersteller eines Lidl-Smartphones aufgefallen, war es dem Konzern innerhalb weniger Jahre gelungen, mit edlen Highend-Smartphones den Platzhirschen Samsung und Apple echte Konkurrenz zu machen. Der Sprung zum größten Smartphone-Hersteller der Welt schien nur eine Frage der Zeit. Dann folgte die Sperre durch die USA und der Abstieg begann. Nun will ein Bericht erstmals die Hintergründe für die Ablehnung des Westens herausgearbeitet haben.

Die blieben bisher immer erstaunlich vage. Es gebe Anzeichen, dass Huawei den chinesischen Staat bei Spionage-Vorhaben unterstütze, hieß es aus den westlichen Sicherheitskreisen immer wieder. Beweise oder konkrete Vorwürfe wurden der Öffentlichkeit nie vorgelegt, trotzdem wurde die Gefahr als hoch genug bewertet, um Huawei nicht nur den Zugang in die Netzwerk-Infrastruktur, sondern sogar den Kauf von Bauteilen zu verweigern. "Bloomberg" will jetzt erstmals konkret herausgefunden haben, was dahinter steckt.

Spionage-Zwischenfälle in Australien und den USA

Das Magazin will einen bisher nicht bekannten Sicherheits-Zwischenfall aufgedeckt haben, zu dem es bereits 2012 in Australien gekommen war. Demnach wurde damals durch ein Update eine Art Hintertür in Huawei-Equipment eines großen australischen Mobilfunkanbieters eingebaut. Die Software sorgte dafür, dass sämtliche darüber versendeten Inhalte nach China weitergeleitet wurden. Nach einigen Tagen löschte sich das Programm dann selbst. Nachdem die australischen Behörden die USA darauf aufmerksam gemacht hätten, sei in den USA ein ähnlicher Fall entdeckt worden, zu dem aber keine weiteren Details herauszufinden waren, so "Bloomberg".

Das Magazin nennt als Quelle fast zwei Dutzend Mitarbeiter aus Sicherheitskreisen aus den beiden Ländern, die aber allesamt anonym bleiben würden. Dem Bericht zufolge unterschied sich der Detailgrad der Schilderungen zu dem Vorfall in den Zeugenberichten, der Kern stimmte aber überein. Die beiden größten Provider Australiens, Optus und TPG, hatten allerdings beide eine Kenntnis des Vorfalls bestritten.

Der Zwischenfall habe Befürchtungen ausgelöst, dass Huawei-Technologie für Mobilfunknetze für Spionage-Tätigkeiten genutzt würde, so das Magazin. Diese Befürchtungen bestätigte demnach auch der ehemalige US-Kongressabgeordnete Mike Rogers dem Magazin, auf einzelne Vorgänge wollte er aber nicht eingehen.

Huawei als Hintertür?

Die Warnungen an sich sind nichts Neues. Der unter dem damaligen US-Präsidenten Donald Trump beschlossene Bann von Huawei nannte ebenfalls eine mögliche Spionage-Gefahr. Diese Bedrohung wurde auch immer wieder als Grund für die Zurückhaltung der westlichen Staaten genannt, Huaweis Technologie für den immer noch laufenden Aufbau des 5G-Netzes zu nutzen. Der Konzern ist einer der führenden Hersteller für 5G-Sendetechnologien, trotzdem verzichteten nahezu alle europäischen Staaten auf Huawei-Equipment und arbeiteten lieber mit den Konkurrenten Nokia oder Sony-Ericsson.

Obwohl Huawei von Seiten der US-Regierung immer wieder eine zu große Nähe zum chinesischen Staat nachgesagt wurde, ging es bei den genannten Spionage-Befürchtungen nicht um Vorwürfe gegen den Konzern selbst, so "Bloomberg". Vielmehr seien die australischen Behörden zu dem Schluss gekommen, Mitarbeiter der chinesischen Geheimdienste hätten als Techniker den Konzern unterwandert, um Zugang zu den verwundbaren Bereichen zu bekommen und das bösartige Update einzuspielen. 

Huawei dementiert

Der Konzern hat mittlerweile auf den Bericht reagiert. Und wenig überraschend vehement dementiert. Es handle sich um eine "beeindruckende journalistische Verdrehung der Tatsachen", erklärte Huawei in einem Statement. Der Konzern betonte, ohne Zustimmung der Betreiber keinen Zugang zum Netzwerk-Equipment zu haben, zudem habe die eigene Software Schutzmaßnahmen gegen derartige Manipulationen, berichtet die "Global Times".

Für den Ruf des Unternehmens im Westen und die aktuell bestehenden Probleme dürfte es ohnehin zu spät sein. Seit dem Bann im Frühjahr 2019 kann Huawei die im Westen sehr belieben Google-Dienste inklusive des Playstore nicht mehr anbieten. Noch schwerer wiegt aber, dass der Konzern durch eine Erweiterung im Sommer 2020 auch den Zugang zu wichtigen Bauteilen verwehrt bekam. Viele der Geräte, die Huawei seitdem vorgestellt hat, sind in Europa kaum zu bekommen, das Kerngeschäft konzentriert sich nahezu komplett auf China. Die spürbarste Folge des Wegbrechens des Westgeschäfts kam im Herbst: Huawei wurde nicht nur von einem, sondern gleich von drei anderen chinesischen Smartphone-Herstellern überholt. Der neue Anwärter auf den Thron ist Xiaomi. Mit genau dem Rezept von der Billigmarke zum Premium-Hersteller, das einst als Huaweis Weg zum Erfolg galt.

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