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E-Bike-Test Kalkhoff Entice – E-Bike mit Geländeambitionen

Trotz der breiteren Reifen handelt es sich nicht um ein Mountainbike.
Trotz der breiteren Reifen handelt es sich nicht um ein Mountainbike.
© PR
Es gibt sportliche Mountainbikes und es gibt Tourenräder mit E-Antrieb. Und es gibt Räder wie das Entice Tour – an diesem Rad sieht man den nächsten Schritt in der Evolution der Elektroräder. Wir haben es gefahren.

Das Konzept des Entice ist ein sportliches Tourenrad, das möglichst viele Zutaten vom Mountainbike übernimmt. Dadurch wird das Entice nicht zum Offroader für den Single-Trail wird es aber doch geländegängig genug, um auf Feldwegen, sandigen oder steinigen Pisten ohne feste Decke zurechtzukommen.

So steht das Entice für den Trend, die Lücke zwischen Offroad und Onroad zu schließen. In Geometrie, Aufbau und der 28er-Felge sieht man dem Kalkhoff-Rad die Abstammung von Tourenrad an. Andere Hersteller wie Giant nähern sich dem Thema mit Modellen wie dem Quick-E+ FS ausgehend vom Mountainbike.

Man kann nicht sagen, eine Idee sei besser als die andere. Die Räder nehmen die Gene ihres Ursprungs mit, das Entice fühlt sich in der Strecke wohl, es will, wie es sich für ein Tourenrad gehört, voran.Wenn Sie die Fotostrecke auf dem Desktop in voller Breite sehen wollen, klicken Sie hier.

Breite Reifen

Hauptzutat des Entice Tour sind die vergleichsweise breiten Reifen inklusive eines gemäßigten Geländeprofils, dazu kommt eine Federung von 60 Millimetern für das Vorderrad und vergleichsweise starke Scheibenbremsen. Die breiteren Gummis führen zu einem besseren Grip und erleichtern das Fahren auch in der Stadt, denn sie nehmen auch nasses Kopfsteinpflaster, Schlaglöcher und Kantsteine deutlich besser an als schmale Rennreifen. Doch natürlich haben sie nicht die Dimension von 2,7 Zoll breiten Enduro-Gummis, die jede Unebenheit wegbügeln.

Das Laufgeräusch ist trotz der Noppen leise und unauffällig und nicht mit dem Sound echter Offroad-Reifen zu vergleichen. Tatsächlich ist der Motor in den stärkeren Unterstützungsstufen lauter als das Rollgeräusch.

Der Hauptunterschied zu normalen Tourenreifen zeigt sich auf nicht-befestigtem Untergrund. Wenn feste, steinige Bereiche in lose sandige Zonen übergehen, gibt es deutlich mehr Sicherheit und Kontrolle.

Boschmotor mit Druck

Antrieb und Akku stammen von Bosch. In Deutschland unangefochten die Nummer eins bei den E-Bike-Antrieben. Die Batterie-Kapazität von 500 Wh soll für 130 Kilometer Reichweite gut sein. Das stimmt sicherlich, wenn man selbst etwas mitarbeitet und nicht allzu schnell fährt. Wählt man jedoch immer die stärkste Unterstützung "Turbo" und gibt Gas, legt das Entice eine Distanz von etwa 70 bis 80 Kilometer zurück, bevor der letzte Balken erlischt.

Der Mittelmotor stammt aus der Bosch Performance Line - sie ist etwas größer und kräftiger als die Motoren der Active Line. Der Vorteil: Der Motor schaufelt bis 63 Newtonmeter auf die Welle, das ist deutlich mehr als die maximal 40 Newtonmeter der Active Line. Diese Kraft sorgt einerseits für ein rasantes Anfahrerlebnis, wird aber für jeden wichtig, der Steigungen zu bewältigen hat. Dazu muss man nicht die Dolomiten mit dem Rad bezwingen, die schwächeren Motoren enttäuschen schon auf normalen Wegen in Mittelgebirgen. Mehr Power gibt es bei Bosch nur noch bei der Performance Line CX (75 Newtonmeter) oder bei den Mountainbike-Motoren anderer Hersteller. Den CX baut Kalkhoff allerdings nur in Entice-Räder ohne Straßenausstattung ein.

Erwartungsgemäß gibt auch der Motor ohne CX genug Kraft für Steigungen ab. Wir tippen, er passt auch noch, wenn ein Anhänger gezogen werden soll.

Kombiniert wird der Motor mit Kette und einer 10-Gang-Deore-Schaltung von Shimano. Die arbeitet klaglos, zumal die Motoren der aktuellen Generation sehr zuverlässig den Motor während des Schaltvorgangs im Zaum halten. Die Gefahr, dass man sich beim Verschalten buchstäblich die Zähne aus dem Ritzel reißen konnte, ist inzwischen gebannt.

Warum Kettenschaltung hier besser ist 

Viele Radler finden die Kombination eines E-Motors mit einem Riemen und einer Nabenschaltung reizvoll, da sie ohne Fett auskommt, sich nicht so leicht verstellt und verschleißfreier ist. Aber nicht jeder weiß, dass die Kraft des Motors bei einer Nabenschaltung auf 50 Newtonmeter reduziert wird. Wer Riemen und Nabenschaltung will, den wird der Motor am Hang ein wenig in Stich lassen.

Die Haltung auf dem Rad ist sportlich, aber nicht allzu weit nach vorn gebeugt. Der verbaute Sattel kommt auch aus der Rubrik "Sport" und nicht aus dem Fach "Bequemlichkeit". Für eine gute Kontrolle und sportliche Gangart passt das, aber der eine oder andere wird den Sattel austauschen wollen, schließlich sitzt der Körper auf einem E-Rad nicht so unter Spannung wie bei einem Muskelrad. Wenn der Motor schnurrt, hockt man mehr auf seinem Po, als dass man auf den arbeitenden Beinen steht.

In der Straßenvariante sind Schutzbleche, ein Systemgepäckträger und eine leistungsstarke Lichtanlage verbaut. Das Rad ist daher vollkommen alltagstauglich.

Innovative, saubere Kabelführung

Neben den praktischen Vorzügen will das Entice in Sache Design punkten. Denn auch der normale Fahrradfahrer erwartet heute etwas für das Auge. Dabei geht das Entice nicht in Richtung Hipster-Rad mit möglichst schmalen Rohren. Das Rad sieht vor allem in Anthrazit ganz schön bullig aus. Dafür sorgt das mächtige Unterrohr, in dem der Akku komplett integriert ist. Zum Aufladen kann der Akku entnommen werden – unverzichtbar, wenn das Rad nicht immer neben einer Steckdose steht. Sehr praktisch, dass der Akku aber auch aufgeladen werden kann, ohne ihn aus dem Rahmen zu nehmen.

Größtes Designhighlight ist die Kombination von Steuerrohr und Lenker – hier setzt Kalkhoff auf eine Eigenentwicklung. Von den Lenkerenden gehen die Kabel zur Mitte und werden dann unsichtbar durch den Steuersatz und das Steuerrohr geführt. Das Rad sieht daher extrem clean aus, weil es sehr viel weniger störende Kabel als bei anderen Rädern gibt. Dazu passt, dass der kleine Purion-Kontroller von Bosch verbaut wurde, der sich leicht über den Daumen bedienen lässt. Aufnahme des Steuersatzes und Form des Rohrs wurden aufwendig designt. Man muss schon sagen: Das sieht mächtig schick aus.

Doch Kalkhoff ist keine reine Designmarke – für die schöne Optik wird nie die Funktionalität geopfert. Daher sind die Leuchten nicht in den Rahmen integriert. Das sehr kräftige Vorderlicht produziert nicht nur eine gute Fernsicht, sondern auch den wichtigen Lichtkegel im Nahbereich und es bleibt auch schwenkbar.

Wer sich für ein Entice-Rad ohne Straßenausstattung entscheidet, sollte sich sicher sein. Gerade bei diesem gelungenen Design dürfte der nachträgliche Einbau von Lichtanlage, Gepäckträger und Schutzblechen das ganze Rad entstellen.

Unser Testrad war anthrazit, so sieht das Entice sehr gewaltig aus. Das Bike kann man aber auch in einer Zwei-Farben-Lackierung wie in der Fotostrecke bekommen. Es handelt sich dabei nicht um Designfolien, sondern um echten Lack im Farbton Melange. Dann wirkt das Bike weitaus freundlicher. Für einen bequemeren Einstieg gibt es auch eine Variante mit abgesenkten Oberrohr neben dem reinen Tiefeinsteiger. Wird hinten ein Korb installiert, dann sollten sich auch Herren diese Form genauer ansehen.

Unser Fazit

Das Entice Tour ist vom Konzept her klassischen E-Tourenrädern überlegen. Schwere Reifen sind anstrengender, darum werden sie bei Muskelrädern vermieden. Doch hier springt der E-Motor ein, der Fahrer profitiert von mehr Komfort und mehr Sicherheit. Der Motor überzeugt, einen schwächeren Motor halten wir allerdings auch für ungeeignet für so ein Tourenrad.

Wichtig ist, dass die Größe des Rades genau passt. Der spezielle Vorbau des Rades macht es unmöglich, den Lenker später zu wechseln oder das Steuerrohr zu verlängern, um eine bequemere Position zu erreichen. Von Kalkhoff gibt es jedoch einen verstellbaren Vorbau, mit ihm kann der Lenker etwas in die Höhe gebracht werden. Für mehr Bequemlichkeit kann man neben einem breiteren Sattel eine gedämpfte Sattelstütze einbauen. Da die Dämpfung aber auf das Gewicht des Fahrers abgestimmt werden muss, bleibt nur eine Nachrüstlösung.

Die Preisempfehlung von 2990 Euro empfinden wir als fair bis preiswert. Zumal man das Rad in der aktuellen 2019er-Variante im Markt ab 2700 Euro bekommen kann – also etwa 300 Euro günstiger.

Ergänzung 

Für starke Steigungen ist das Tourenrad in der Auslieferungskonfigration nicht ausgelegt. Um die volle Unterstützung des Motors zu genießen, muss man Tempo 12 und schneller fahren. Das Problem lässt sich mit zwei Maßnahmen beheben: Das vordere Ritzel 18 Z wird gegen ein Ritzel mit 14 Zähnen ausgetauscht. Die Kassette hinten gegen eine 11/42 Z ausgetauscht. Der SLX-Schaltkasten bewältigt dies durchaus. Die Kette passt ebenfalls noch, wenn auch nur knapp. Will man den Austausch selber durchführen, wird das normale Werkzeug zur Fahrradmontage benötigt und ein Spezialwerkzeug, um die Verschraubung des Ritzels zu lösen.

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