Sachverständiger gibt Rat Gefälschte Oldtimer im Umlauf: Experte erklärt, wie man eine Fälschung beim Autokauf erkennt

Oldtimer-Autos sind auf einer Messe ausgestellt
Oldtimer sind auf einer Messe ausgestellt (Symbolbild)
© Rupert Oberhäuser / Picture Alliance
Gefälschte Oldtimer können den Autokauf zu einem teuren Ärgernis machen. Die TÜV-Tochterfirma FSP untersucht Fahrzeuge deshalb auf ihre Echtheit. Leiter Sebastian Hoffmann erklärt im stern-Gespräch, worauf man beim Oldtimer-Kauf achten sollte und, wie die Sachverständigen gefälschte Fahrzeuge erkennen.

Oldtimer sind unter Autoliebhabern heiß begehrt – nicht nur, weil sie schick aussehen und rar sind, sondern auch weil sie wertvoll sind. Besonders seltene und alte Fahrzeuge können ihren ursprünglichen Wert um ein Vielfaches steigern. Sogar siebenstellige Beträge lassen sich im guten Fall erreichen. Das wissen auch Betrüger und geben Autos als vermeintliche Oldtimer aus. Beim Kauf ist daher Vorsicht geboten – auch, weil ein Auto aus diversen anderen Gründen fälschlicherweise als Oldtimer ausgegeben sein kann. Aktuell steht ein Oldtimerhändler aus Ditzingen bei Stuttgart im Verdacht, "einen betrügerischen Handel mit exklusiven Oldtimern" betrieben zu haben.

Tatsächlich können Oldtimer durchaus so gut gefälscht oder manipuliert worden sein, dass dies selbst ein Fachmann nicht mit bloßem Auge erkennen kann. FSP, eine Tochterfirma des TÜV, hat sich deshalb auf die Prüfung klassischer Autos spezialisiert. Sollte sich beim Durchschauen der Fahrzeugunterlagen oder der Sichtkontrolle der Fahrgestellnummer ein Verdacht ergeben, dann führen die Sachverständigen spezielle Prüfverfahren durch. "Bei der sogenannten Magnetooptischen Resonanzuntersuchung bringen wir ein sehr starkes Magnetfeld ein, um Veränderungen sichtbar zu machen – auch unter einer Oberfläche, die beispielsweise lackiert ist oder gespachtelt wurde" erklärt Sebastian Hoffmann, Leiter von FSP, gegenüber dem stern. Gegebenenfalls herausgeschliffene Nummern könne man dadurch ebenfalls wieder sichtbar machen.

Scheint die Fahrgestellnummer in Ordnung zu sein, gibt es weitere Möglichkeiten, diese auf Echtheit zu prüfen. Denn: "Die Nummer kann vollkommen in Ordnung und nicht manipuliert sein, weil sie auf einem neuen Teil eingeschlagen ist", weiß Hoffmann. Dann gebe es in der Peripherie jedoch untypische Schweißnähte oder serienmäßige Veränderungen. Um dies zu erkennen, kommen unterschiedliche Röntgengeräte zum Einsatz. Selbst wenn auch hier nichts Verdächtiges festgestellt wird, so kann man noch nicht sicher sein, dass keine Fälschung vorliegt. "Es könnte theoretisch sein, dass der Fahrzeugrahmen komplett neu ist." Dann gebe es eben weder eine manipulierte Nummer noch untypische Schweißnähte, erklärt der Sachverständige. 

In einem solchen Fall komme "das häufig Entscheidende" zum Einsatz, nämlich das Prüfen, "ob der Rahmen, das Auto oder das Bauteil überhaupt aus der Zeit stammt, als das Auto mutmaßlich gebaut wurde". Mithilfe einer sogenannten Spektralanalyse mit einem optischen Funkenemmissionsspektrometer erfolgt eine mobile Analyse des Metalls, die den ungefähren Produktionszeitraum auf circa ein Jahrzehnt bestimmen soll. 

Durch Ultraschall lässt sich noch die Dicke eines Materials messen. Konkret geht es hierbei um die Messung von Lackschichtdicken sowie zerstörungsfrei erfolgte Reparaturen. Bei einem Porsche mit Sechszylinder-Motor etwa sei die Motornummer hinten an einem dünnen Steg eingeschlagen. Schleife man diese heraus und schlage eine neue ein, werde der Steg dünner.

Sei quasi nichts über ein Auto bekannt, so würden alle Prüfverfahren angewandt. Andernfalls setzen die Sachverständigen lediglich auf die jeweils erforderliche Prüfungsart – abhängig von den gegebenen Umständen. Laut Hoffmann sei die Wahrscheinlichkeit hoch, mithilfe der Verfahren Fälschungen zu erkennen. Zumal sie einer jahrelangen Entwicklung unterliegen würden und moderner seien als die untersuchten Autos selber.

Dass ein Fahrzeug, das vor mindestens 30 Jahren in den Verkehr genommen wurde, weitestgehend dem Originalzustand entspricht und in einem guten Erhaltungszustand ist, ist schließlich Voraussetzung, um die Bezeichnung eines Oldtimers tragen zu dürfen.

Firma aus Ditzingen steht im Verdacht, Duplikate von Oldtimern gefertigt zu haben

Der aktuelle Fall aus Ditzingen bei Stuttgart zeigt, dass das Thema um gefälschte Oldtimer keineswegs abwegig ist: Laut der Staatsanwaltschaft Stuttgart und dem baden-württembergischen Landeskriminalamt (LKA) soll eine Firma professionelle Duplikate von lange nicht gehandelten Oldtimern gefertigt und verkauft haben. Konkret geht es um den Fall, bei dem die Firma im Jahr 2019 einen Mercedes Benz 300 SL Roadster für 1,6 Millionen Euro an einen Oldtimerhändler verkauft haben soll. Das Auto war aber bereits mit der gleichen Fahrzeugidentifikationsnummer gemeldet.

Das Original wurde im Jahr 1961 gebaut und in der Sonderfarbe "Fantasiegelb" ausgeliefert. Im Jahr 1962 kaufte ein Geschäftsmann aus der Schweiz den Wagen und ließ ihn rot umlackieren. Den Ermittlungen des LKA zufolge soll die Ditzingener Firma den vermeintlichen Mercedes Benz 300 SL mit der gleichen Identifikationsnummer wie das Original zum Kauf angeboten haben. Da die Firma den Wagen allerdings in "Fantasiegelb" handelte, müsse es sich dabei um ein Duplikat des rot umlackierten Originals handeln, so die Beamten.

Die in Betrugsverdacht geratene Firma bezeichnete die Vorwürfe daraufhin in einer Pressemitteilung als "unbegründet". So habe sie den betroffenen 300 SL Roadster nie restauriert und lediglich den Verkauf des Autos vermittelt. Die Ermittlungen dazu dauern noch an.

Oldtimer vor Kauf unter die Lupe nehmen

Was können Verbraucher:innen also tun, um erst gar nicht unwissentlich einen gefälschten Oldtimer zu erwerben? Sie sollten sich vorab etwa in Foren, Gebrauchtwagenbüchern oder mit einem Gebrauchtwagencheck über das angebotene Fahrzeug informieren, rät Hoffmann. Und: "Gucken Sie sich die Papiere zum Auto genau an." Jegliche Unterlagen und Dokumentationen seien sehr wichtig. Zum Beispiel gebe es bei Mercedes-Modellen immer eine Datenkarte, in der genau aufgeführt sei, wie das Auto ausgeliefert wurde. Bei Porsche gebe es eine "Geburtsurkunde". 

Außerdem sollte man sich nicht alleine zu einer Autobesichtigung begeben, damit sich vor Ort eine zweite Meinung einholen lässt. Ratsam sei etwa die Begleitung durch eine vertraute Person aus dem Bekanntenkreis, die sich mit Autos auskenne. Wenn der Oldtimer-Kauf dann tatsächlich bevorsteht, sollte man einen Sachverständigen mitnehmen, empfiehlt Hoffmann. "Der kann ein paar Dinge abklopfen und achtet vielleicht auch auf viele Dinge, auf die ein Laie nicht achten würde."

Kennt man die Kinderkrankheiten, kann man das Fahrzeug schließlich gezielt auf potentielle Schäden überprüfen. Aber was kann das zum Beispiel sein? Etwa beim Mercedes Baureihe 124 gebe es häufig Probleme mit den Wagenheberaufnahmen. Oder bei einem Porsche sollte man prüfen, ob die Stehbolzen in Ordnung seien oder er übermäßig viel Öl verliere, erklärt der Sachverständiger.

Will man ein restauriertes Fahrzeug kaufen, so sollte man fragen, wer die Restaurierung durchgeführt hat. Es gelte auch, etwa auf Dokumenten und Rechnungen zu prüfen, ob diese dokumentiert wurde. Der "heißeste Tipp" sei dem Autoexperten zufolge eine Google-Suche der Fahrgestellnummer. Gerade bei teureren Fahrzeugen erhalte man häufig einen Treffer. So ließe sich der Kauf einer Fälschung vermeiden.

Damit man letztendlich kein überteuertes Auto kauft, legt Hoffmann nahe, im Internet und bei Auktionen zu schauen, wie solche Fahrzeuge überhaupt gehandelt werden. "Wichtig dabei ist, dass Sie das Auto genau identifizieren und genau wissen, um welche Spezifikationen es sich handelt. Denn mitunter gibt es kleine Unterschiede, die aber einen sehr großen Wertunterschied ausmachen können."

In manchen Fällen Finger von Fahrzeug lassen

In manchen Fällen sollte man lieber die Finger von einem Fahrzeug lassen. Das trifft, laut dem Sachverständigen, beispielsweise zu, wenn man gar keinen Bezug zu Oldtimern hat und einen Kauf rein aus Investitionsgründen erwägt. Schließlich könne dies schnell sehr teuer werden, wenn sich plötzlich versteckte Kosten ergeben. Darüber hinaus warnt Hoffmann vor Betrügern, die etwa mit Schnäppchenangeboten locken. Selbst ein renommierter Handelsbetrieb biete keine Garantie für ein einwandfreies Fahrzeug. "Auch bei großen Händler sollte man genauer hingucken", so der Leiter von FSP. 

Wie viele gefälschte Oldtimer tatsächlich im Umlauf sind, kann Hoffmann nicht sagen. In seiner Firma sei die Zahl solcher Fahrzeuge relativ hoch. Allerdings würden viele Kund:innen eben auch zu ihm kommen, "weil die Autos schon Fragen aufwerfen".

Zudem könne es "unendlich viele profane Gründe" für Veränderungen am Fahrzeug geben. Zum Beispiel könne ein Auto während seines 70- oder 80-jährigen Bestehens einen Unfall gehabt haben, bei der die Fahrgestellnummer zu schaden gekommen sei. Oder ein Auto könne ausgebrannt sein. Wer sich also einen Oldtimer anschaffen möchte, der sollte sich vorab ausreichend über das gewünschte Fahrzeug informieren und es vor dem Kauf gründlich auf Mängel und mögliche Manipulationen prüfen. Möchte man das Risiko eines Fehlkaufs weiter verringern, sollte man vorher wohl einen Sachverständigen zu Rate ziehen.

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