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Debatte "Wir müssen Schaden und Nutzen abwägen": Google-Chef will künstliche Intelligenz bändigen

Debatte: Google-Chef Sundar Pichai will die Gefahren von KI besser in den Griff bekommen
Google-Chef Sundar Pichai will die Gefahren von KI besser in den Griff bekommen
© Michael Sohn/ / Picture Alliance
Für Google und andere Konzerne ist künstliche Intelligenz ein riesiges Geschäft. Trotzdem warnt Google-CEO Sundar Pichai vor den Gefahren der Technologie - und fordert gesetzliche Einschränkungen. Er ist mit seinen Sorgen nicht alleine.

Schnellere Diagnose von Krebs, Live-Erkennung von Sprache, besser strukturierte Arbeitsabläufe: Die Nutzung von künstlicher Intelligenz bringt in sehr vielen Feldern des menschlichen Alltags gewaltige Fortschritte. Ausgerechnet Sundar Pichai, der Chef des KI-Vorreiters Google, forderte nun vor dem Wirtschaftsforum in Davos aber, die Möglichkeiten der Technologie zu begrenzen.

"Es gibt für mich keinen Zweifel, dass künstliche Intelligenz reguliert werden muss", schreibt Pichai in einem Essay in der "Financial Times". Das Thema sei zu wichtig, um es nicht zu tun. "Wir müssen mögliche Schäden und den sozialen Nutzen gegeneinander abwägen."

KI ist überall

Tatsächlich hat KI längst schleichend Einzug in den Alltag gehalten. Die Spracherkennung von Assistenten wie Siri oder Alexa setzt genauso darauf, wie Shopping-Seiten beim Filtern der Ergebnisse. Moderne Smartphone-Kameras holen mit KI deutlich mehr aus den Fotos, als der Hardware alleine möglich wäre. Unternehmen optimieren mit KI die internen Abläufe. Und die lernenden Computer haben noch viel Potenzial: In der Krebsforschung erkennen Algorithmen Tumore mittlerweile besser als Menschen, automatisch fahrende Autos setzen genauso darauf wie moderne Industrieanlagen. In chinesischen Städten hat KI bereits die gesamte Verkehrssteuerung übernommen.

Kein Wunder, dass in der KI-Hochburg im Silicon Valley Goldgräberstimmung herrscht und ständig neue Start-ups mit schlauen Einsatzmöglichkeiten aufpoppen. Da mag es überraschend erscheinen, dass ausgerechnet der Chef eines der größten KI-Unternehmens zur Regulierung aufruft. Pichai weiß genau, dass sich aus den großen Möglichkeiten auch ganz konkrete Gefahren ergeben. "Firmen wie unsere können nicht einfach vielversprechende Technologien bauen und dann den Markt entscheiden lassen", erklärt er. "Es obliegt uns auch dafür zu sorgen, dass die Technologie für etwas Gutes genutzt wird."

Humanoid auf einem Bürgersteig

Unregulierte Gefahr

Denn wo Licht ist, ist auch Schatten. Die dem Menschen überlegene Fähigkeit von KI Muster zu erkennen, erlaubt auch Einsatzszenarien, die den meisten Menschen zu recht ziemlich gruslig erscheinen werden. So sind Waffensysteme, sie selbstständig Ziele erkennen und die Entscheidung zum Angriff treffen, längst nicht nur theoretisch machbar. Gemeinsam mit - ebenfalls auf KI beruhender - Gesichtserkennung, ständig verfügbaren Standortdaten und den Wissensschätzen der Geheimdienste und Internet-Konzerne lassen sich die Menschen flächendeckend überwachen. Chinas soziales Bewertungssystem wäre ohne KI kaum umsetzbar. Hinzu kommt, dass viele KI-Systeme wegen der limitierten Trainingsmaterialien starke Vorurteile haben und etwa Minderheiten und Frauen deutlich häufiger falsch identifizieren.

Mit seinem Vorstoß ist Pichai nicht alleine. Tesla-Chef Elon Musk warnt schon seit Jahren vor KI, die nur mit Gewinngedanken und ohne moralische Bedenken gebaut wurde. Entsprechend grübelt auch die Politik schon über Lösungen. So überlegt man in der EU gerade, die Nutzung von automatisierter Gesichtserkennung für fünf Jahre auszusetzen, bis die Probleme gelöst sind. Google verzichtet bereits darauf, seine KI für Überwachungssysteme anzubieten, erklärt Pichai in seinem Text. Andere sind nicht so zimperlich: Konkurrent Amazon war 2018 in die Kritik geraten, weil man ein Gesichtserkennungs-Programm an Strafverfolgungsbehörden ausliefern wollte.

Wie genau eine Regulierung aussehen könnte, verrät Pichai nicht. Man müsse "angemessene neue Regeln finden" und diese dann global umsetzen. Genau das dürfte aber die größte Schwierigkeit werden. In den Ländern herrschen höchst eigene Vorstellungen, wie ein moralischer Einsatz von KI aussehen könnte. Neben den USA ist vor allem China in der Technologie führend. Und wie die Einführung bei der Verkehrsführung und beim Social Score zeigt, hat man dort deutlich weniger Bedenken.

Quelle: Financial Times, Reuters

 

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