Es war seine Bühne: Wohl kein Medium war für den politischen Aufstieg Donald Trumps so wichtig wie Twitter. Mit seiner gekonnten Mischung aus Selbstdarstellung, Seitenhieben auf Gegner und politischem Entertainment twitterte er sich 2016 ins Weiße Haus. Auch als US-Präsident setzte er lieber auf Tweets statt auf Presse-Konferenzen: Dann wurde er ausgesperrt. Jetzt bereitet Trump sein Comeback vor - in seinem eigenen Social Network.
Dass Truth Social demnächst seine Tore öffnen soll, ist schon länger bekannt. Für einige ist es schon früher soweit: Knapp 500 ausgewählte Nutzer dürfen sich das Netzwerk in einer Beta-Phase schon jetzt anschauen, berichtet "Reuters". Sie erlauben Einblicke, wie genau der Dienst aufgebaut ist, welches Publikum dort zu erwarten ist - und wie Donald Trump sich dort zu inszenieren plant.
Trump legt vor
Die erste Nachricht hat der Ex-Präsident natürlich schon abgesetzt. "Seid bereit! Euer Lieblings-Präsident erwartet euch bald!", "truthte" Trump in seinem Account. So nennt man dort tatsächlich das Absetzen von Kurznachrichten, in Anlehnung an Tweets "Truths" genannt. Überhaupt dürfte das Netzwerk Twitter-Lesern sehr bekannt vorkommen. Die Oberfläche ist quasi eins zu eins übernommen, wie beim Original kann Nachrichten Liken, beantworten und weiterleiten: Letzteres nennet sich nicht Retweet sondern - Sie ahnen es - "Retruth".
Bei den ersten bestätigten Testern scheint das Netzwerk ganz gut anzukommen. Schon in den ersten 24 Stunden hätten die Nutzer die Seite fleißig genutzt, berichtete die eingeladene Moderatorin Liz Willis gegenüber "Reuters". Der rechte Influncer und Podcaster Wanye Dupree erwartet einen riesigen Erfolg. "Ich denke, dass Truth Social ein echter Game-Changer wird und das den großen Techfirmen auch bewusst ist", postete er in dem Netzwerk.
Gegenüber Reuters erklärte er gar, dass er sich von der Plattform für sich mehr Erfolg erwarte als vom Original: "Ich denke, meine Beteiligung bei Truth Social kann Twitter überholen. Ich werde hier nicht so unterdrückt, wie es bei Twitter seit 2016 der Fall ist", erklärte er "Reuters". Bei Twitter folgen dem Podcaster etwa 430.000 Personen.
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Die Frage der Freiheit
Der Vorwurf, die großen Netzwerke würden Trump und seine Anhänger zensieren, ist nicht neu. Tatsächlich haben die großen Tech-Konzerne in den letzten Jahren begonnen, zunehmend gegen nachweisliche Falschbehauptungen vorzugehen, nachdem diese in Bezug auf die Covid-Pandemie oder die US-Wahl erheblich zugenommen hatten. Die Behauptung einer Benachteiligung konservativer Inhalte ist allerdings noch deutlich älter. Dabei zeigten selbst interne Untersuchungen etwa bei Facebook, dass es zwar ein deutliches Ungleichgewicht bezüglich Konservativer gab - dies allerdings zu ihrem Vorteil ausfiel.
Wie es um die Moderation der Inhalte bei Truth Social bestellt ist, ist aktuell noch unklar. Dass dort aber wie offenbar von den Fans erhofft jede Äußerung möglich sein wird, ist aber alleine schon wegen der Abhängigkeit von Apple und Google schwer vorstellbar. Gerade Apple dürfte es kaum zulassen, dass eine App, voll von zu erwartenden Falschinformationen, Beleidigungen oder gar Gewaltdrohungen, im App Store bleibt. Die bei Trump-Fans beliebte App Parler wurde etwa wegen zu geringer Moderation und der daraus resultierenden Probleme aus dem App Store geworfen, erst fünf Monate – und zahlreiche Besserungs-Versprechen später – ließ Apple sie wieder auf die iPhones seiner Kunden.

Alternativen dürften schwierig umzusetzen sein. Zwar lassen sich auf Android-Smartphones auch Apps am Playstore vorbei installieren, den meisten Menschen ist das in der Regel aber zu kompliziert. Auf dem iPhone fällt die Option völlig weg. Bei der Test-Version ist das noch anders: Die App wird über das Test-Programm Testflight installiert, berichtete Willis gegenüber "Reuters". Spätestens in der finalen Version dürfte Apple aber sehr viel genauer hinschauen. Ohne das iPhone wäre an einen Erfolg kaum zu denken: Apple kommt im US-Markt auf einen Marktanteil von fast 60 Prozent.
Trotzdem scheinen Trump und sein Team fest von einem Erfolg für den im März erwarteten Start auszugehen. Für den Fall eines größeren Erfolges als Twitter haben sie schon mal mit einem klassischen Trump-Trollversuch vorgesorgt: Unter dem Profil "@Jack" hat er ein eigenes Profil für den ehemaligen Twitter-Chef Jack Dorsey eingerichtet - mit der Absicht, es ihm zu übergeben, wenn er dem Dienst beitritt. Entsprechend gehässig ist auch der Profiltext: "Wann immer du bereit bist, Jack. Wir warten - ♥."