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Mobilfunk Eine App zum Melden von Funklöchern? Diese drei Links reichen, Herr Scheuer

Will die Bürger per App auf Funkloch-Jagd gehen lassen: Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU)
Andreas Scheuer, Bundesminister für Verkehr und Digitalisierung, hat eine App vorgeschlagen, mit der Handynutzer Funklöcher melden können. So will er die Digitalisierung in Deutschland vorantreiben. Dass man im Funkloch schwer eine App nutzen kann, scheint Andreas Scheuer nicht aufzufallen. Und dass man außerhalb eines Funklochs ein Funkloch nicht mehr ortsgenau melden kann, auch nicht. Die Twitter-User haben jedenfalls ihren Spaß mit dem Vorschlag des Ministers für Digitalisierung. Sie bieten Andreas Scheuer sogar kreative Lösungen für seine Funkloch-App an. Die lustigsten Twitter-Reaktionen auf den Funkloch-Vorschlag von Andreas Scheuer. 
Andreas Scheuer, der neue Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur, bläst zur Funkloch-Jagd: Per App sollen Nutzer fehlende Mobilfunkabdeckung melden. Ein absurd anmutender Vorschlag.

Der neue Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer hat eines seiner großen Ziele für die Amtszeit verkündet. "Wir haben die Pflicht, dafür zu sorgen, dass die Bürger nicht im Funkloch stecken bleiben", sagte der CSU-Politiker den Zeitungen der Funke Mediengruppe (u.a. "Thüringer Allgemeine", Bezahlinhalt) mit Blick auf die in Teilen Deutschlands nicht vorhandene Abdeckung mit Mobilfunknetzen. Der Zustand der Netze sei "für eine Wirtschaftsnation untragbar", so der Befund Scheuers, der zugleich sein Rezept gegen die Funklöcher vorstellte.

Eine App soll es richten - so steht es auch im Koalitionsvertrag der GroKo. Noch in diesem Jahr wolle die Regierung in Zusammenarbeit mit der Bundesnetzagentur "einen Funklochmelder an den Start bringen". Handynutzer sollen über die App melden, wenn sie in ein Funkloch geraten und so "Jagd auf die weißen Flecken im Mobilfunknetz" machen. Mit den gewonnen Informationen könne die Bundesregierung mit den Mobilfunkanbietern darüber sprechen, wo weitere Sendemasten errichtet werden müssten.

Funkloch-App mutet absurd an

Sicherlich: Das Ziel, die Netzabdeckung zu verbessern, ist richtig. Doch Scheuer muss sich für seinen Vorstoß gleich mehrfach Kritik gefallen lasssen.

Die Idee, die Handynutzer per App über das Mobilfunknetz melden zu lassen, wenn sie in einem Funkloch sind, also gerade kein Mobilfunknetz haben, mutet für sich schon absurd an. Twitter-Nutzer haben ihrem Spott für den Plan erwartungsgemäß freien Lauf gelassen.

Das beschriebene Problem lässt sich umgehen. So kann die Position des Funklochs über die App schließlich auch im Nachhinein oder über eventuell vorhandenes W-Lan versendet werden. Es bleibt jedoch schleierhaft, welche neuen Informationen sich Scheuer und die Bundesregierung davon versprechen. Denn wo sich die Funklöcher in Deutschland befinden, ist längst bekannt - und vermutlich kennt sie niemand besser als die drei deutschen Mobilfunkanbieter Telekom, Vodafone und Telefónica (O2).

Netzanbieter kennen die Daten

Abseits ihres Werbesprechs ("hervorragendes LTE-Netz", "Deutschlands bestes Netz", "großartige Netzabdeckung") stellen alle drei Konzerne der Öffentlichkeit äußerst detaillierte Karten zum Ausbau ihrer jeweiligen Netze - inklusive der weißen Flecken - zur Verfügung.

Wohnort-, sogar straßengenau, geht aus den Karten hervor, ob und welchen Empfang die Kunden erwarten können. "Aus Kundensicht spricht dennoch nichts gegen eine App zum Melden von Funklöchern", sagte ein Sprecher der Telekom auf stern-Anfrage. Gleichzeitig betonte er: "Wir verfügen selbstverständlich über sehr detaillierte Daten über unsere Netzabdeckung." Ähnlich äußerte sich ein Sprecher von Konkurrent Vodafone: "Wir haben zu jeder Zeit einen genauen Überblick über den Ausbau des Mobilfunknetzes und teilen diese Infos mit den Behörden." Telefónica (O2) sieht die angekündigte App kritisch: "Sie bietet als Sammelstelle für Funklöcher keinen unmittelbaren Informationsgewinn", so ein Sprecher. "Wir kennen den Stand unserer bundesweiten Netzversorgung genau."

Nicht nur die Netzbetreiber, auch die Behörden haben teils umfangreiche Informationen über die Netzverfügbarkeit. So teilte die dem Bundeswirtschaftsministerium unterstellte Bundesnetzagentur dem stern mit, dass sie "regelhaft überprüft, ob die Betreiber ihre Versorgungsauflagen erfüllen". Bis zum 1. Januar 2020 müssen demnach zum Beispiel 98 Prozent aller Haushalte mobil mit mindestens 50 Megabit pro Sekunde versorgt sein.

Die Daten zum Netzausbau in Deutschland sind vorhanden, die Zeit und das Geld für eine spezielle App kann sich Scheuer sparen. Es dürfte reichen, sich mit der Bundesnetzagentur und den Netzbetreibern an einen Tisch zu setzen, um die weißen Flecken auf der deutschen Mobilfunkkarte zu identifizieren.

Die Politik ist an anderer Stelle gefragt.

Komplizierter dürfte es werden, die Funklöcher dann auch stopfen zu lassen. Schon Scheuers Vorgänger Alexander Dobrindt sei daran "kläglich gescheitert", erinnerte die netzpolitische Sprecherin der Grünen, Tabea Rößner. "Wir brauchen keine Gipfel, sondern endlich Investitionen in den Netzausbau", forderte Rößner. Hier seien auch die Unternehmen in der Verantwortung, die bei der letzten Frequenzversteigerung eine Versorgungsverpflichtung eingegangen seien, die sie auch einhalten müssten. Auch die FDP mahnt zur Eile und vermutet blinden Aktionismus des Verkehrsministers. Die geplante App zur Meldung von Funklöchern sei kein großer Wurf, sondern ein "verspäteter Aprilscherz", sagte der digitalpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Manuel Höferlin, der Nachrichtenagentur AFP. Scheuers Plan sei "so dünn und löchrig wie das Mobilfunknetz selbst".

Die drei Betreiber wiesen ihrerseits darauf hin, dass sie ihre Netze fortwährend ausbauen. Klar ist aber auch, dass dies nicht an jedem beliebigen Ort der Republik wirtschaftlich sein kann. Bei dieser Frage wiederum ist die Politik tatsächlich gefragt.

Tipp: Unter breitbandmessung.de können Bürgerinnen und Bürger die Messergebnisse zur Übertragungsrate in bestimmten Regionen abrufen.

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Will die Bürger per App auf Funkloch-Jagd gehen lassen: Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU)
mit AFP-Material

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