Wer zuerst kauft, den bestraft das Leben - zumindest in der Technikwelt. Das macht Apple jetzt all jenen klar, die ganz vorn in der Schlange standen, um ein kleines Vermögen für das iPhone auf den Tisch zu legen: Seit Mittwoch kostet das viel umworbene Mobiltelefon, das derzeit nur in den USA erhältlich ist, 200 Dollar weniger als bisher - 399 statt 599 Dollar in der Variante mit acht Gigabyte Speicherplatz. Das kleinere Modell mit vier Gigabyte wird ganz aus dem Programm genommen.
Apple-Chef Steve Jobs begründete den überraschenden Preissturz, der kaum zwei Monate nach dem Verkaufsstart des Multimedia-Handys kommt, mit dem bevorstehenden Weihnachtsgeschäft: "Wir wollen, dass das iPhone zum Fest auf vielen Gabentischen landet", sagte der 52-Jährige bei einer Veranstaltung in San Francisco, die Apple vor allem dazu diente, eine neue iPod-Herbstkollektion vorzustellen.
Verjüngungskur der iPods
Das hat schon Tradition: Über 110 Millionen seiner populären Taschenspieler hat der kalifornische Computerhersteller bisher unters Volk gebracht, die meisten davon zu Weihnachten. Um die Nachfrage frisch zu halten, präsentiert Apple neue iPod-Modelle gern pünktlich zur Geschenksaison. Das erfolgreichste Modell, der iPod Nano, ist bei der aktuellen Verjüngungskur etwas in die Breite gegangen und hat ein größeres Display bekommen (fünf Zentimeter Diagonale). Denn er kann nun ebenfalls Videos anzeigen - genau wie sein größerer Bruder, der Original-iPod, der neuerdings "iPod Classic" heißt.
Beide bieten mehr Speicherplatz und längere Batterielaufzeiten, kosten aber weniger. Für das Topmodell, den iPod Classic mit 160 Gigabyte-Festplatte, verlangt Apple 349 Euro - 30 Euro weniger als für den bisher größten iPod mit 80 Gigabyte Speicherplatz. "Es ist unglaublich", schwärmte Jobs angesichts des technischen Fortschritts. Der erste iPod, im Herbst 2001 vorgestellt, habe etwa 1000 Lieder speichern können - "mit diesem neuen, der viel kleiner ist, passen 40.000 Lieder in die Hosentasche. Einfach Wahnsinn."
Endlich ab ins Internet
Das Oooh und Aaah des Publikums allerdings galt vorwiegend einem anderen Neuling: dem "iPod Touch", einem Zwillingsbruder des iPhone. Genau wie das Handy protzt der jüngste Apple-Musikspieler mit einem geräumigen 3,5-Zoll-Display (knapp neun Zentimeter Diagonale), kann Fotos und Videos anzeigen und reagiert auf leichtes Antippen mit dem Finger. Dank einer W-Lan-Karte kann der Touch als erster reiner iPod obendrein im Internet surfen. "Andere haben so etwas auch schon ausprobiert - und sind gescheitert", stichelte Jobs in Anspielung auf Microsofts MP3-Player "Zune", der drahtlos Kontakt zu anderen Zune-Spielern aufnehmen kann, aber bei Musikfreunden bisher wenig Anklang fand.
Microsoft versucht nun, mit einer Preissenkung auf 199 Dollar den Umsatz anzukurbeln. Der Apple-Chef schiebt den mäßigen Erfolg auf die Tatsache, dass dem Zune ein Internetbrowser fehle, mit dem die Nutzer sich bei drahtlosen Netzen anmelden können. "Wenn Sie keine Webseite aufrufen können, bekommen Sie bei den meisten öffentlichen Netzen keinen Zugang", so Jobs. Der iPod Touch arbeitet mit Apples Safari-Browser, genau wie das iPhone, und kann auch YouTube-Videos abspielen. Er kostet mit acht Gigabyte Speicherplatz 299 Euro, mit 16 Gigabyte 399 Euro.
Per Knopfdruck zum Music Store
Was fehlt, sind die beim iPhone eingebaute Kamera und das Telefon. Stattdessen nimmt der Taschenspieler überall, wo er ein W-Lan-Signal findet, per Knopfdruck (sprich: Fingertippen) Kontakt mit dem neuen "iTunes Wi-Fi Music Store" auf, der in diesem Monat weltweit starten soll. Damit können iPod-Touch-Nutzer im iTunes-Musikladen einkaufen, als säßen sie daheim am PC: Wer unterwegs einen Song hört, der gefällt, kann ihn für 99 Cent kaufen und direkt auf den MP3-Player laden. Beim nächsten Anschließen an den PC wird das Lied automatisch auf den Rechner kopiert und in die iTunes-Sammlung übernommen. Auch iPhones-Besitzer sollen demnächst diesen Service nutzen können, allerdings nur per W-Lan-Verbindung, nicht über das recht langsame Netz des Apple-Partners AT&T.
Der Telekom-Konzern schaut auch bei Klingeltönen in die Röhre: Die gibt es nun zwar zu kaufen, wie von iPhones-Fans seit Wochen lautstark gefordert, aber ebenfalls nur bei Apple selbst. Jeder Klingelton kostet 99 Cent zusätzlich zum Preis des Songs, auf dem er basiert. Der Ausschnitt kann in iTunes frei gewählt werden, wie Jobs am Beispiel von John Lennons "Give Peace A Chance" demonstrierte. "Das klingelt, wenn NBC anruft", juxte der Apple-Chef in Anspielung auf den Streit, den er im Augenblick mit dem US-Fernsehsender ausfechtet - NBC droht damit, nicht länger Programme über iTunes zu verkaufen, weil Apple sich weigert, flexiblere Preise einzuführen.
Kostenlos bei Starbucks surfen
Statt Apples iPhone-Partners AT&T darf sich nun T-Mobile freuen: Für die US-Kaffeehauskette Starbucks haben die Deutschen etliche Cafés mit W-Lan-Hotspots ausgerüstet. Normalerweise müssen Starbucks-Kunden bis zu sechs Dollar pro Stunde zahlen, um beim Kaffeeschlürfen nebenher zu surfen. Doch iPhone- und iPod-Touch-Nutzer sollen künftig kostenlos ins Netz dürfen - wenn auch nur, um bei iTunes einzukaufen. Sobald die Geräte bei Starbucks eine Verbindung aufgebaut haben, erscheint auf dem Display ein spezielles Symbol, das fortwährend darüber informiert, welche Titel im Café zu hören sind. "Die Frage 'Welche Musik läuft da gerade?' gehört bei uns zu den am meisten gestellten", erzählt Starbucks-Gründer Howard Schultz.
Künftig sollen iPhone und iPod darauf die Antwort liefern, und alle, die impulsiv begeistert sind, können den Titel sofort einkaufen. "Also, diese Technik...", kommentierte die britische Pop-Sängerin KT Tunstall so viel High-Tech-Zauber, als sie zum Abschluss der Veranstaltung auf die Bühne spazierte, um ihren Hit "Black Horse and the Cherry Tree" vorzutragen. Der ist selbstverständlich auch im iTunes-Laden zu finden. "Steve Jobs schafft es, dass es mehr Spaß macht, für Musik zu bezahlen, als sie zu stehlen", freute Tunstall sich anschließend, "und das ist großartig!"
Apple-Aktie knickt ein
Apple-Beobachter an der Wall Street waren nicht ganz so begeistert wie die Chanteuse: Die Aktie knickte um fünf Prozent ein, und einige Analysten unkten, Apple habe womöglich deshalb so eilig den Preis für das iPhone gesenkt, weil nun, da die erste Million verkauft ist, die Gefahr bestehe, dass sich der Absatz spürbar verlangsame. Außerdem könnte sich die Firma mit dem iPod Touch selbst Konkurrenz machen. Tim Bajarin, Präsident der Unternehmensberatung Creative Strategies und langjähriger Apple-Beobachter, sieht das weniger kritisch. "Apple gibt seinen Kunden einfach eine größere Auswahl", sagt er - und nicht zuletzt dank des neuen iPod Touch dürften die Kalifornier sich auf frohe Festtage freuen: Das Weihnachtsquartal, prophezeit Bajarin, "könnte das beste werden, das Apple je erlebt hat".