Eine gesamte Bibliothek auf 200 Gramm: Es war ein verlockendes Versprechen, mit dem Konzerne wie Amazon und Co. Ende der 2000er angetreten waren. Mit dem Kindle hat der Shoppinganbieter das digitale Schmökern populär gemacht, weitere Anbieter wie Sony und Tolino folgten in das Geschäft mit sogenannten E-Book-Readern. Die Digitalisierung erfasste das Lesen, und einigen Experten zufolge waren die Tage des gedruckten Buches bereits gezählt.
Doch es kam völlig anders.
Nur ein Viertel der Bundesbürger liest regelmäßig digitale Bücher. Man kann also sagen: Das E-Book hat sich am Massenmarkt durchgesetzt. Zur Wahrheit gehört aber auch: Der Anteil stagniert seit Jahren. Bereits im Jahr 2014 waren es 24 Prozent. Das gedruckte Buch ist dagegen immer noch das Medium der Wahl für ausgedehnte Schmökerabende. Acht von zehn Deutschen (79 Prozent) lesen dem Branchenverband Bitkom zufolge gedruckte Bücher. "E-Books haben echte Fans, es kommen aber keine neuen hinzu", sagt Bitkom-Präsident Achim Berg. "Für viele Leserinnen und Leser haben digitale Bücher einen Mehrwert geschaffen, ersetzen damit aber kaum gedruckte Titel." Für 35 prozent kommen ausschließlich gedruckte Bücher in Frage, so Statista.
Eine Zahl dürfte den Verlagen jedoch nicht gefallen: 17 Prozent, also jeder Sechste, liest weder gedruckt noch digital.
Junge Menschen lesen lieber gedruckt
Doch wie kam es, dass die Digitalisierung beinahe alle Bereiche unseres Lebens umkrempelte, vom Fernsehen über das Musikhören bis hin zur Reisebuchung, aber ausgerechnet beim Lesen von Romanen an ihre Grenzen geriet? Der Buchexperte Andrew Albanese vom Branchenblatt "Publishers Weekly" machte vor einigen Jahren zwei Schuldige aus: die Millenials und Apple.
Zur jüngeren Generation sagt Albanese: "Sie kleben an ihren Telefonen, sie lieben Social Media, wenn es aber um das Lesen eines Buches geht, wollen sie John Green in einer gedruckten Ausgabe". E-Book-Reader sind seiner Ansicht nach eher etwas für ältere Anwender, die er im Jugendslang als "boomers" bezeichnet. Für sie sei es ein spürbarer Vorteil, nicht mehr zum lokalen Buchhändler laufen zu müssen, außerdem können sie die Schrift im Gegensatz zum herkömmlichen Buch größer machen.
Die Preise sind zu hoch
Der zweite Grund, warum sich E-Books nicht durchgesetzt hätten, seien Albanese zufolge die hohen Preise. Eigentlich drücke Digitalisierung die Preise, E-Books hingegen kosten mitunter sogar mehr als die Print-Äquivalente.
Daran sei unter anderem Apple schuld: Der Konzern stieg Jahre nach Amazon in den Markt ein. Eines der obersten Ziele sei es gewesen, zu verhindern, dass Amazon sich mit Dumping-Preisen weitere Marktanteile sichert. Dafür habe es Preisabsprachen mit den führenden Verlagen gegeben. Diese Kartelle wurden später zwar gerichtlich aufgelöst, die von Apple eingeführten Strukturen seien aber immer noch der Standard der Branche. Für die Händler ein nachvollziehbarer Schritt - doch die Entscheidung ging zu Lasten des E-Books.
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