Rom befindet sich seit dem Tod des Papstes im Ausnahmezustand. Derzeit erlebt die Stadt am Tiber den größten Pilgeranstürme in der Geschichte des Christentums, heißt es im italienischen Fernsehen. Mindestens zwei, möglicherweise bis zu vier Million Menschen werden bis zur Beisetzung am Freitag in der Ewigen Stadt erwartet. Bereits jetzt bricht der Straßenverkehr streckenweise zusammen. U-Bahnen und Busse sind völlig überfüllt. Viele Menschen campieren in eilig eingerichteten Zeltstädten. Nach Berichten des italienischen Fernsehens müssen die Gläubigen, die aus aller Welt nach Rom pilgerten, Wartezeiten von bis zu acht Stunden in Kauf nehmen. Unterdessen bereitet sich Rom auf das größte Papst-Begräbnis in der Geschichte vor. Schon deutlich vor den Beisetzungsfeierlichkeiten am Freitag sehen sich die italienischen Sicherheitskräfte vor erhebliche Herausforderungen gestellt.
US-Präsident Georg W. Bush trifft nach Angaben aus Washington bereits am Mittwochabend in Rom ein. Am Donnerstag wird er zu politischen Gesprächen mit Staatspräsident Carlo Azeglio Ciampi und Ministerpräsident Silvio Berlusconi zusammentreffen.
Petersdom bleibt bis Freitag rund um die Uhr geöffnet
Bereits am Dienstag waren Pilger und Touristen aus ganz Europa nach Rom geströmt. Die italienischen Behörden errechneten, dass in einer Stunde über 20.000 Menschen am Katafalk vorbeigingen. Die Peterskirche bleibt bis zur Beisetzung am Freitag praktisch rund um die Uhr geöffnet. Sie wird nur nachts kurz zur Reinigung geschlossen.
Für die Beisetzungsfeierlichkeiten am Freitag mobilisieren die italienischen Behörden mindestens 15.000 Sicherheitskräfte, der Luftraum über Rom wird größtenteils gesperrt, Flugabwehrraketen sind in Position gebracht. Neben US-Präsident Bush haben sich aus den USA auch die Ex-Präsidenten Bill Clinton und George Bush angesagt. Unter den Gästen sind außerdem UN-Generalsekretär Kofi Annan, Bundespräsident Horst Köhler und Bundeskanzler Schröder.
Polen nahm Abschied von ihrem Woytila
Bei einer nationalen Trauermesse in Warschau nahmen am Dienstag knapp 300.000 Polen Abschied von dem aus Polen stammenden Papst. Zur zentralen Trauermesse in Deutschland werden am Mittwoch Bundeskanzler Gerhard Schröder und sein Kabinett erwartet. Den Gottesdienst leiten unter anderen Kardinal Karl Lehmann, der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, und der Berliner Erzbischof Kardinal Georg Sterzinsky.
Für die anstehende Papstwahl gibt es noch kein Datum. In Rom sind bereits viele der 117 Kardinäle unter 80 Jahren eingetroffen, die an dem Konklave teilnehmen. Es wird erwartet, dass in den kommenden Tagen der Beginn des uralten Rituals bekannt gegeben wird. Das Konklave kann frühestens 15 Tage nach dem Papsttod, also am 17. April, zusammentreten. Es muss aber spätestens 20 Tage nach dem Tod beginnen.

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Der Leichnam von Johannes Paul II. ist allerdings nicht einbalsamiert worden und trotzdem soll er noch bis Freitag und damit fast eine Woche nach dem Tod im Petersdom aufgebahrt bleiben. Die sterblichen Überreste des Papstes seien allerdings für die öffentliche Zurschaustellung "vorbereitet" worden, sagt Vatikan-Sprecher Joaquin Navarro-Valls. Was damit gemeint sein könnte, ließ der Sprecher offen.
"Man müsste bald Anzeichen von Fäulnis sehen
Für Hansjürgen Batzke, Direktor des Instituts für Forensische Medizin an der Frankfurter Universität, und den Münsteraner Bestatter Harald Stokkelaar kam die Mitteilung des Vatikans überraschend. "Dann wird es Probleme geben, denn die Verwesung setzt ja sofort nach dem Tod ein", so Stokkelaar. "Man müsste bald Anzeichen von Fäulnis sehen", sagt auch Batzke.
Bestatter Stokkelaar spekuliert: "Vielleicht haben sie eine komplette Kühlplatte unter dem Toten." Dies werde auch in den Niederlanden und in Frankreich bei den dort häufigen Hausaufbahrungen so gemacht, um die natürlichen Prozesse zu verlangsamen. Dem Experten war schon vor der Mitteilung des Vatikan-Sprecher das Äußere des Papstes aufgefallen: "Beim Papst sieht man schon Veränderungen."
Wichtige Neuerung für die Wahl
Bei der anstehenden Papstwahl gibt es indessen eine wichtige Neuerung: Die Kardinäle können sich diesmal innerhalb des gesamten Kirchenstaates bewegen, gab der päpstliche Zeremonienmeister bekannt. "Dies ist eine ganz neue Erfahrung", sagte Bischof Piero Marini. Früher durften sich die Kardinäle praktisch nur in der Sixtinischen Kapelle und in ihrer Unterkunft bewegen. Allerdings sollen die 117 wahlberechtigten Purpurträger unter 80 Jahre weiterhin keinerlei Kontakt zur Außenwelt haben, wurde betont. Ein Datum für das Konklave steht noch nicht fest. Auch ein Testament des Papstes wurde noch nicht geöffnet.
Johannes Paul in der Krypta Johannes XXIII.
Johannes Paul II. soll am Freitag an der ehemaligen Grabstelle von Johannes XXIII. in der Krypta unter dem Petersdom seine letzte Ruhe finden. Johannes starb 1963 und wurde später in ein Grab im Petersdom umgebettet. In seine fünfjährige Amtszeit fiel das Zweite Vatikanische Konzil, das die römisch-katholische Kirche umfassend reformierte.
Zur Trauerfeier werden bis zu zwei Millionen Menschen erwartet, sowie rund 200 Staats- und Regierungschefs. Selbst kommunistische Staaten wie Nordkorea würdigten die Arbeit des Papstes. "Ruhe in Frieden, unermüdlicher Kämpfer für den Frieden zwischen den Völkern, Feind des Krieges und Freund der Armen", schrieb Kubas Machthaber Fidel Castro in einem Kondolenzbuch in Havanna. Er wird kubanischen Behörden zufolge nicht nach Rom kommen.
Die Sicherheitschefs in Rom sind angesichts des "Supergipfels" nervös und geben unumwunden zu: "Das wird ein Begräbnis ohne Beispiel und ebenso außergewöhnlich werden die Sicherheitsvorkehrungen sein." Eines will der Vatikan auf keinen Fall: Dass bewaffnete Eskorten in das Areal des Heiligen Stuhls einfallen. Auf dem Petersplatz sind Pistolen und sonstige Waffen verboten - nach diplomatischem Protokoll und von alters her. Das gilt auch für die Leibwächter von Bush und den anderen Mächtigen der Welt.
Dennoch wollen die Verantwortlichen in der Ewigen Stadt alle Kräfte aufbieten, um etwaige Anschlagspläne im Keim zu ersticken. So wird am Freitag der Luftraum über weiten Teilen Roms gesperrt. Militärjets sollen die Lage aus der Luft überwachen. Auf Dächern beziehen Scharfschützen Position. In verschiedenen Regionen Roms wurden Flugabwehrraketen in Stellung gebracht. Ob zu Wasser, am Boden oder in der Luft: Mindestens 15 000 Polizisten und Soldaten sollen im Einsatz sein.
Ali Agca will auch noch Rom
Ein weiterer "Prominenter" wird vermutlich und entgegen seinem Wunsch nicht in den Vatikan reisen können: Papst-Attentäter Ali Agca. Der in Istanbul inhaftierte türkische Agca soll gesagt haben, dass er hoffe, bei der Beisetzung anwesend sein zu können. "Ich habe meinen geistlichen Bruder verloren. Ich teile die Trauer der Katholiken", so Agca in einem Brief. Agca habe um Hafturlaub gebeten, um nach Rom fahren zu können. Es wird allerdings nicht damit gerechnet, dass die Behörden dem stattgeben.
Die Trauerfeier wird zum echten Gipfel der Staatengemeinschaft: Am Freitag in Rom werden bis zu 200 Staatsoberhäupter und Regierungschefs aus mehr als 50 Staaten erwartet.
Albanien
: Präsident Alfred Moisiu, Ministerpräsident Fatos Nano
Argentinien
: Vizepräsident Daniel Scioli, Außenminister Rafael Bielsa
Australien
: Generalgouverneur Michael Jeffery
Belgien
: König Albert II., Königin Paola und Ministerpräsident Guy Verhofstadt
Bolivien
: Präsident Carlos Mesa
Brasilien
: Präsident Luiz Inacio Lula da Silva
Bulgarien
: Staatspräsident Georgi Parwanow
Chile
: Außenminister Ignacio Walker
Costa Rica
: Präsident Abel Pacheco
Deutschland
: Bundespräsident Horst Köhler, Bundeskanzler Gerhard Schröder, Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber
Dominikanische Republik
: Bildungsministerin Alejandrina German
El Salvado
r: Außenminister Francisco Lainez
Estland
: Staatspräsident Arnold Ruutel
Europäische Union
: Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso
Finnland
: Ministerpräsident Matti Vanhanen
Frankreich
: Staatspräsident Jacques Chirac
Griechenland
: Staatspräsident Karolos Papoulias
Großbritannien
: Prinz Charles, Premierminister Tony Blair
Guatemala
: Präsident Oscar Berger, Außenminister Jorge Briz, Friedensnobelpreisträgerin Rigoberta Menchu
Haiti
: Interimsministerpräsident Gerard Latortue
Honduras
: Präsident Ricardo Maduro
Indien
: Vizepräsident Bhairon Singh Shekhawat
Irland
: Staatspräsidentin Mary McAleese und Ministerpräsident Bertie Ahern
Israel
: Außenminister Silvan Schalom
Japan
: Yoriko Kawaguchi, frühere Außenministerin
Kanada
: Ministerpräsident Paul Martin
Kolumbien
: Vizepräsident Francisco Santos
Kosovo
: Präsident Ibrahim Rugova
Kuba
: Parlamentspräsident Ricardo Alarcon
Lettland
: Vaira Vike-Freiberga
Libanon
: Staatspräsident Emile Lahoud, Ministerpräsident Omar Karami
Liechtenstein
: Prinz Hans-Adam II.
Litauen
: Staatspräsident Valdas Adamkus
Luxemburg
: Großherzog Henri, Ministerpräsident Jean-Claude Juncker
Mexiko
: Präsident Vicente Fox
Neuseeland
: Generalgouverneurin Silvia Cartwright
Nicaragua
: Präsident Enrique Bolanos, Außenminister Norman Caldera
Orthodoxe Kirche
: Patriarch Bartholomaios I. von Konstantinopel
Orthodoxe Kirche/Russland
: Kirill, Metropolit von Smolensk und Kaliningrad
Orthodoxe Kirche/Griechenland
: Erzbischof Christodoulos
Österreich
: Bundespräsident Heinz Fischer, Bundeskanzler Wolfgang Schüssel
Paraguay
: Außenminister Leila Rachid
Polen
: Staatspräsident Aleksander Kwasniewski, Ministerpräsident Marek Belka, Expräsident Lech Walesa
Portugal
: Staatspräsident Jorge Sampaio
Rumänien
: Staatspräsident Traian Basescu, Ministerpräsident Calin Popescu Tariceanu
Russland
: Ministerpräsident Michail Fradkov
Schweiz
: Bundespräsident Samuel Schmid
Slowakei
: Staatspräsident Ivan Gasparovic
Slowenien
: Staatspräsident Janez Drnovsek und Ministerpräsident Janez Jansa
Serbien/Montenegro
: Präsident Svetozar Marovic und Außenminister Vuk Draskovic
Spanien
: König Juan Carlos, Ministerpräsident Jose Luis Rodriguez Zapatero
Südafrika
: Ex-Präsident Nelson Mandela
Syrien
: Präsident Baschar al Assad
Tschechien
: Staatspräsident Vaclav Klaus, Außenminister Cyril Svoboda
Türkei
: Premierminister Recep Tayyip Erdogan und Staatsminister Mehmet Aydin
Ukraine
: Präsident Viktor Juschtschenko
Ungarn
: Präsident Ferenc Madl, Ministerpräsident Ferenc Gyurcsany
USA
: Präsident George W. Bush
Venezuela
: Außenminister Ali Rodriguez
Vereinte Nationen
: Generalsekretär Kofi Annan
Zypern
: Präsident Tassos Papadopoulos