"Germany's next Topmodel" Der Meister im Delirium

  • von Mark Stöhr
Vanessa ist im Finale - keine Überraschung. Schon eher, dass mit Katharina, Anuthida und Ajsa noch drei weitere Models in Mannheim dabei sind. Völlig neben der Spur zeigte sich Wolfgang Joop.

Ich weiß nicht, ob Sie es schon wussten, aber so ein Modelleben ist ja ein Stop-and-Go-and: Go! Go! Go! Heute Los Angeles, morgen New York, übermorgen Paris. Danach – äh ja – Heidelberg. Dann Malediven, zum Shooten und ein bisschen Chillen. Dort ist der Sand weiß wie Schnee. Oder wie der neue Nude-Lidschatten-Look von Boris "Ich komme aus dem Allgäu und das hört man auch" Entrup. Da durchfährt plötzlich ein lauter Knall das Inselparadies. Macht die Regierung wieder Jagd auf Oppositionelle? Nein nein, keine Sorge, das ist bloß der Wolfgang. Der hat den Sekt entkorkt. Finale, oh-oh-oh-oh!

Das hat ja auch nur ungefähr 80 Wochen gedauert, bis die Endrundenteilnehmerinnen feststanden. Für die Entscheidungsshow gestern hatte ProSieben extra eine Halle in Heidelberg angemietet. Warum auch immer Halle. Warum auch immer Heidelberg. Dort saßen Family & Friends und klatschten sich einen Wolf. Bierzeltatmosphäre, bloß halt ohne Bier. Die Einpeitscher hatten alle Hände voll zu tun, um das Stimmungslevel knapp über Null zu halten. Denn Klum & Kollegen murksten sich einen zurecht, dass kein, aber auch wirklich kein Timing stimmte. Ein Gutes hatte das Heidelberger Warm-up für den kommenden Donnerstag: Man ist auf das Schlimmste gefasst.

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Das wurde aus Heidis Topmodels

Extrarunde Hotdogs für die Models

Zum Glück gab es Einspieler. Vom Cosmopolitan-Covershooting zum Beispiel. Das begann mit einem Schockmoment für Katharina, die dürre Blonde mit der "schwierigen Haut" (Entrup). Heidi Klum zeigte auf deren Achseln und sagte: "Du hast dich nicht rasiert." Das ist so, wie wenn Merkel zu Putin nach einer gemeinsamen Pressekonferenz sagen würde: "Wladimir Wladimirowitsch, Sie haben Nutella am Mund." Katharina kollabierte sofort und wälzte sich mit verdrehten Augen auf dem Boden. Später in der Notaufnahme erfuhr sie: Das war nur ein Witz von Heidi! Ein Garderoben-Witz von Model zu Model! Köstlicher Einfall. So richtig zum Ablachen.

Dazu, wie so ein Cosmo-Titel auszusehen hat, gibt es klare Vorstellungen. Eine der Cosmo-Tanten fasste die wichtigsten Punkte zusammen: "Wir suchen ein Covergirl, das Selbstbewusstsein ausstrahlt. Das cool ist. Das sexy ist. Das Spaß hat. Und das eine Vorbildfunktion für unsere Leserinnen erfüllt." Das mit der Vorbildfunktion und "GNTM" läuft ja momentan eher so mittelgut. Um die Wogen in der Heimat ein bisschen zu glätten, gab es gestern wieder eine Extrarunde Hotdogs für die Models. Beim Shooting zankten sich Darya und Katharina um ein Versace-Kleid. Danach bekamen alle ein Auto geschenkt. Davon kann man sich als Heranwachsende schon mal was abgucken.

Die letzten zwei großen Jobs vor dem Finale räumte allesamt Vanessa ab, die Wäscherei-Tochter aus Bergisch Gladbach. Die 19-Jährige gewann zunächst das Casting für die Beauty-Kampagne eines Kosmetikherstellers, was vom Rest der Gruppe eher mit verhaltener Freude aufgenommen wurde. Flaschen und Feuerzeuge flogen dann fast, als die Empfangsdame am Tag der Fotoaufnahmen Vanessa zur Garderobe führte und den anderen vier Kandidatinnen zurief: "Für euch haben wir eine bequeme Sitzecke." Danach durfte Vanessa auf einer Fashionshow in Paris Joops neue Kollektion präsentieren. Sie fand das naturgemäß "megacool".

Joops freundlicher Rassismus

Der Meister selbst zeigte sich nach einer wochenlangen Schwächephase wieder in aufsteigender Form. Niemand kann Fiesheiten so schön in Pralinenpapier verpacken wie er. Über Darya sagte er: "Sie ist im positiven Sinne durchschnittlich hübsch. Im negativen Sinne übrigens auch." Heidi Klum, das Victoria’s Secret-Model par excellence, bekam ihr Fett ab mit der eleganten Bosheit: "Ich suche nicht die megasuperbeeindruckenden Megawesen. Nicht die vollen Lippen, den vollen Busen, den sexy Gang. Ich suche kein Victoria’s Secret-Girl, sondern eine, die secret ist."

In Heidelberg, bei dieser lausig zusammengeschusterten Familien-Fashion-Farce, verlor aber auch Joop den Faden und verhedderte sich in einem freundlichen Rassismus. Schuld war die Klum, die furchtbar ins Faseln geriet. "Germany's next Topmodel muss nicht blond sein und blaue Augen haben", teilte sie Anuthida mit, die nicht wusste, ob sie jetzt danke sagen oder besser gleich losheulen sollte – und endete mit dem in der Formulierung höchst schrägen Satz: "Ich bin Riesenfan unseres multikulturellen Daseins."

Joop bescheinigte der immer betröppelter dreinschauenden Anuthida daraufhin eine "schöne Mixtur" und steigerte sich in eine Art Delirium hinein, als ihn Katharinas Gesicht an das der wohlgemerkt isländischen Musikerin Björk erinnern wollte. "Du könntest Finnin sein. Du hast was Ethnisches." Erst bei der Beurteilung von Darya war der 70-Jährige wieder ganz bei sich. "Die coolsten Modells halten die Klappe", strafte er die Superzicke der Staffel ab. Die verengte ihre Augen zu schmalen Schlitzen und bekam dadurch etwas Ethnisches. Doch es half ihr nichts. Darya schaffte es als einzige der fünf Halbfinalistinnen nicht ins Finale.

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