Mit zahlreichen Durchsuchungen und Festnahmen ist die Polizei in Deutschland und anderen europäischen Ländern gegen Italiens mächtige Mafia-Organisation 'Ndrangheta vorgegangen. An der europaweiten Großrazzia waren am Mittwoch nach Angaben der Staatsanwaltschaften Düsseldorf, Koblenz, Saarbrücken und München Einsatzkräfte aus Deutschland, Belgien, Frankreich, Italien, Portugal und Spanien beteiligt. Schwerpunkt der Razzien in Deutschland lag demnach in Bayern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, dem Saarland und Thüringen.
EU-weite Operation gegen Mafia-Organisation 'Ndrangheta
Der Einsatz wird laut Staatsanwaltschaft von einer gemeinsamen Ermittlungsgruppe geleitet, an der Europol und die europäische Justizbehörde Eurojust beteiligt sind. In der Mitteilung hieß es: "Hintergrund ist ein Verfahren mit Bezug zur italienischen organisierten Kriminalität, das sich gegen Verantwortliche und Mitglieder der Vereinigung 'Ndrangheta richtet." Den Verdächtigen wird unter anderem Geldwäsche, bandenmäßige Steuerhinterziehung, gewerbsmäßiger Bandenbetrug sowie Rauschgiftschmuggel vorgeworfen.
Allein in NRW rund 500 Einsatzkräfte beteiligt
In Deutschland wurden Wohn- und Geschäftsräume an zahlreichen Orten durchsucht. In Nordrhein-Westfalen durchsuchten rund 500 Einsatzkräfte insgesamt 51 Häuser, Wohnungen, Büros und Geschäftsobjekte von Verdächtigen und vollstreckten 15 Haftbefehle.
In der thüringischen Landeshauptstadt Erfurt wurden vier Objekte durchsucht und ein EU-Haftbefehl vollstreckt.
In Rheinland-Pfalz gab es laut Staatsanwaltschaft 50 Durchsuchungsbeschlüsse, zehn Haftbefehle wurden vollstreckt. Unterstützt wurden die Einsatzkräfte in Rheinland-Pfalz von Spezialeinheiten des Bundes und anderer Länder sowie des Zolls und der Steuerfahndung.
In Bayern laufen den Angaben zufolge Ermittlungen gegen acht Personen. Seit dem Morgen durchsuchten mehr als 130 Einsatzkräfte zehn Objekte, gegen vier Personen wurden EU-Haftbefehle vollstreckt.
Im Saarland wurden in Saarbrücken ein Wohnhaus und Geschäftsräume eines 47-jährigen Mannes durchsucht, außerdem eine Räumlichkeit, die der Mann in Saarlouis angemietet hat. Der mit Haftbefehl gesuchte Mann wurde in Italien festgenommen. Ein weiterer mit Haftbefehl gesuchter 25-Jähriger aus dem Saarland wurde ebenfalls in Italien festgenommen. An den Maßnahmen waren den Angaben zufolge rund 90 Einsatzkräfte beteiligt, darunter auch Spezialeinheiten und die Bereitschaftspolizei.
Zu den beschlagnahmten Beweismitteln machten die Ermittler zunächst keine Angaben. Die Ermittlungen dauern demnach an.
'Ndrangheta: mächtiger Mafia-Clan aus Kalabrien
Die 'Ndrangheta gehört zu den mächtigsten Mafia-Organisationen der Welt und ist längst international über die Grenzen Italiens hinaus aktiv. Beheimatet ist sie in der Region Kalabrien, der Spitze des italienischen "Stiefels" auf dem Festland gegenüber der Insel Sizilien.
Sie dominiert den internationalen Drogenhandel, verdient ihr Geld aber auch mit Waffenhandel, Geldwäsche und durch Korruption. Ihren Umsatz schätzen manche Experten auf mehr als 100 Milliarden Euro. Es gibt rund 160 Clans in Kalabrien mit schätzungsweise 6000 Mitgliedern.
Der Begriff 'Ndrangheta stammt aus dem Griechischen und bedeutet etwa Mut oder Treue. Die Mafia-Organisation soll sich in den 1860er Jahren gegründet haben, als eine Gruppe Sizilianer von der italienischen Regierung von der Insel verbannt wurde.
Die 'Ndrangheta hat auch in Deutschland ein festes Standbein. Clans der Organisation waren etwa für die Mafia-Morde von Duisburg verantwortlich, bei denen 2007 sechs Menschen vor einer Pizzeria erschossen wurden.