Oberster Gerichtshof entscheidet In Frankreich könnten die Abtreibungspillen knapp werden – auch wegen des Rechtsstreit in den USA

Eine Pro-Abtreibungs-Demonstrantin in den USA hält eine Packung mit der Aufschrift "Abortion Pills" hoch
In den USA entscheidet sich am Freitag, ob der Zugang zur Abtreibungspille Mifepriston erhalten bleibt oder nicht – der Rechtsstreit wirkt sich mittlerweile auch auf den Zugang zu Abtreibungspillen in Frankreich aus
© Edna Leshowitz/ZUMA Press Wire
In einigen Regionen Frankreichs werden Pillen für eine medikamentöse Abtreibung knapp. Dies könnte laut Medienberichten durch den Rechtsstreit über Abtreibungspillen in den USA verschärft werden, bei dem nun eine Entscheidung bevorsteht.

Der Oberste Gerichtshof in den USA soll am Freitag darüber entscheiden, ob die Abtreibungspille Mifepriston mit dem gleichnamigen Wirkstoff weiter zugelassen sein sollen oder nicht. Das Urteil wird mit Spannung erwartet, von dem bedeutendsten Urteil in Sachen Abtreibung seit dem Ende von Roe v. Wade vergangenen Juni ist die Rede. Der andauernde Rechtsstreit könnte sich jedoch auch auf den Zugang zu Abtreibungspillen in einem ganz anderen Land auswirken.

In Frankreich sollen bei Apotheken in einigen Regionen des Landes die Abtreibungspillen knapp sein. Auch bei Nachbestellungen soll es Schwierigkeiten geben. Darauf weisen etwa "OTMeds", eine Beobachtungsstelle für Transparenz in der Arzneimittelpolitik, Familienplanungszentren sowie einige Politiker:innen laut Berichten von "France24" bereits seit einigen Wochen hin.

In Frankreich verwendete Abtreibungspillen kommen hauptsächlich aus den USA

Etwa 70 Prozent aller Schwangerschaftsabbrüche in Frankreich werden mit Medikamenten durchgeführt. Dabei wird zeitversetzt eine Kombination aus Mifepriston und Misoprostol eingenommen. Die in Frankreich verwendeten Abtreibungspillen stammen größtenteils aus den USA, vom Hersteller Nordic Pharma. Bereits seit längerem soll eine Rohstoffknappheit die Lieferungen der Medikamente beeinträchtigen. Hinzu kommt nun, dass in den USA gerade einige demokratisch geführte Bundesstaaten ihre eigenen Vorräte an Pillen aufstocken, teilweise für mehrere Jahre im Voraus, falls der Oberste Gerichtshof sich dafür entscheiden sollte, den Zugang landesweit einzuschränken. Parallel suchen sie nach Wegen, die Pillen auch in so einem Fall noch verwenden zu dürfen. Eine mögliche Einschränkung könnte nämlich auch für die US-Staaten gelten, in denen Abtreibungen generell erlaubt sind. Die Situation in den USA könnte in Frankreich daher für einen Engpass sorgen, warnte Frankreichs Hoher Rat für die Gleichstellung von Männern und Frauen (HCE) diese Woche. 

Île-de-France, die Region rund um Paris, soll von der Knappheit besonders betroffen sein. Sandrine Rousseau, Abgeordnete der Grünen, schrieb auf Twitter: "Abtreibung ist ein Recht, nun ist es bedroht durch eine Knappheit von Abtreibungspillen." Erst vergangenen Monat hatte Emmanuel Macron angekündigt, das Recht auf Abtreibung in der französischen Verfassung verankern zu wollen. Rousseau verlinkte zudem den französischen Gesundheitsminister, François Braun, in ihrem Post und fragte ihn direkt, was er tue, um dieses Recht für Frauen aufrechtzuerhalten. Der betonte gegenüber dem französischen Radiosender "RMC", dass es zwar "Spannungen", aber keine Engpässe bei Mifepriston gebe. Mit dieser Beschreibung spiele er die tatsächliche Situation herunter, kritisierte ihn die Beobachtungsstelle "OTMeds". Das Gesundheitsministerium kündigte diese Woche an, Abtreibungspillen aus Italien importieren zu wollen.

Rechtsstreit in den USA über Abtreibungspillen

Vor einigen Wochen hatte ein Gericht in Texas erst mit seinem Urteil die Zulassung der Abtreibungspille Mifepriston, die im Jahr 2000 durch die US-Arzneimittelbehörde FDA erteilt worden war, ausgesetzt. Abtreibungsgegner:innen hatten gegen dagegen geklagt. Etwa jede zweite Abtreibung in den USA soll laut Medienberichten mithilfe von Mifepriston erfolgen. Auch in anderen Ländern, unter anderem Deutschland, wird das Medikament für Schwangerschaftsabbrüche eingesetzt.

Ein Berufungsgericht hatte nach dem Urteil aus Texas wieder zugunsten einer Zulassung entscheiden, aber mit Einschränkungen: So sollte das Medikament nur noch bis zur siebten statt bis zur zehnten Woche der Schwangerschaft eingenommen werden dürfen. Die US-Regierung hatte gemeinsam mit dem Pharmakonzern "Danco Laboratories" einen Eilantrag beim Obersten Gerichtshof gestellt, um das Urteil anzufechten. Dieser muss nun als höchste Instanz über den Zugang zu dem Medikament entscheiden. Die Urteile der bisherigen Instanzen hatte der Gerichtshof zuvor bis auf weiteres ausgesetzt, bis er zu einer endgültigen Entscheidung kommt, ist Mifepriston zugänglich. Vergangene und diese Woche hatte der Oberste Gerichtshof die Entscheidung zweimal verschoben. Am Freitag soll das Urteil nun kommen.