UN-Generalsekretär Kofi Annan hat die Lage im Irak als "viel schlimmer" als in einem Bürgerkrieg bezeichnet. Das Leben für den normalen Iraker sei heute schlechter als unter dem Regime von Saddam Hussein, sagte der scheidende UN-Generalsekretär in einem am Montag von der britischen BBC ausgestrahlten Interview. Die Situation sei "extrem gefährlich". Zugleich drückte Annan sein Bedauern über das Unvermögen der Weltorganisation aus, den Krieg zu verhindern. Er appellierte an die regionalen und internationalen Mächte, dem Irak zu helfen.
Noch schlimmer als im Libanon
Auf die Frage, ob die Lage im Irak als Bürgerkrieg bezeichnet werden könne, sagte Annan: "Vor ein paar Jahren, als wir die Kämpfe im Libanon hatten, haben wir das einen Bürgerkrieg genannt. Dies hier (im Irak) ist viel schlimmer." Die Gesellschaft brauche Sicherheit und eine sichere Umgebung um weiterzukommen. "Ohne Sicherheit kann nicht viel getan werden, keine Besserung und kein Wiederaufbau", sagte Annan. Die Situation im gesamten Nahen und Mittleren Osten sei sehr Besorgnis erregend. Erneut stellte Annan den Konflikt im Irak mit dem im Libanon, dem palästinensisch-israelischen Konflikt und den Spannungen mit dem Iran in Zusammenhang.
Annan beharrte in dem Interview auf seinem Vorschlag einer internationalen Konferenz zum Irak, den irakische Anführer zurückgewiesen haben. Die Iraker müssten zusammenkommen, aber sie benötigten dazu Hilfe ihrer Nachbarn und der internationalen Gemeinschaft. Allerdings müssten sie sich selbst über die Verfassung sowie die gerechte Verteilung der Öl- und Steuereinnahmen einigen, sagte Annan.
Vereinten Nationen waren unfähig
Der Unfähigkeit, den von den USA geführten Krieg gegen den Irak zu verhindern, habe den Vereinten Nationen schweren Schaden zugefügt, von dem sich die Weltorganisation erst langsam erhole, sagte Annan.
Am Wochenende starben im Irak bei Bombenanschlägen und Militäreinsätzen rund 60 Menschen. Für die seit Monaten eskalierende Gewalt werden militante Sunniten und Schiiten verantwortlich gemacht.
Unterdessen hat der ehemalige Diktator Saddam Hussein Berufung gegen seine Verurteilung eingelegt. Er war am 5. November wegen eines Massakers an Shiiten in den 80er Jahren zum Tode verurteilt worden. Wenn das Urteil bestätigt wird, muss es innerhalb von 30 Tagen vollstreckt werden.
Mit Annan, einem Ghanaer, wurde 1997 erstmals ein Afrikaner zum UN-Generalsekretär gewählt. Seine Amtszeit endet am 31. Dezember. Nachfolger wird der Südkoreaner Ban Ki Moon.