Bei Beratungen der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO) über den Konflikt mit Iran zeichnet sich ein breiter Konsens für eine Einschaltung des UN-Sicherheitsrates ab. In einem entsprechenden Resolutionsentwurf der EU-Staaten Deutschland, Frankreich und Großbritannien wird die Sorge zum Ausdruck gebracht, das iranische Atomprogramm diene nicht "ausschließlich friedlichen Zwecken". Der Nationale Geheimdienstdirektor der USA, John Negroponte, sagte am Donnerstag vor dem Kongress in Washington, der Iran verfüge zurzeit wahrscheinlich weder über eine Atomwaffe noch über das dafür erforderliche Material. Das iranische Atomprogramm gebe jedoch Anlass zu "äußerster Besorgnis".
Abfassen der Resolution dauert noch
Vor einer Abstimmung im Gouverneursrat, dem 35 Mitgliedsstaaten angehören, wird aber noch mit längeren Beratungen über den genauen Text der Resolution gerechnet. Diese könnten sich bis Freitag, vielleicht sogar bis Samstag hinziehen, hieß es in Wien. Im Namen der EU-Dreiergruppe sagte der deutsche Chefdelegierte Herbert Honsowitz vor dem Gouverneursrat: "Jetzt ist die Zeit gekommen, dass der Sicherheitsrat eingeschaltet wird." Der US-Delegierte Gregory Schulte erklärte, die IAEA müsse "dem iranischen Regime eine klare und eindeutige Botschaft übermitteln". Auch der russische Chefdelegierte Grigori Berdennikow sprach von einem «"ernsten Signal an Iran".
Russland gehört ebenso wie China zu den Staaten, die bislang einen zurückhaltenden Kurs in dem Konflikt verfolgten. Beide Veto-Mächte im Sicherheitsrat erklärten sich aber in dieser Woche bereit, die Einschaltung des UN-Gremiums mitzutragen. Die iranische Regierung hatte noch am Mittwoch vor einer Überweisung des Konflikts an den Sicherheitsrat gewarnt und damit gedroht, die Urananreicherung in vollem Umfang wieder aufzunehmen. Allein vom Grad der Urananreicherung hängt es ab, ob dabei Brennstäbe für die Stromerzeugung im Reaktor oder Material für nukleare Sprengsätze erzeugt werden. Die Regierung in Teheran betont, ihr Programm diene ausschließlich wirtschaftlichen Zwecken.
"Kritische Phase, aber keine Krise"
IAEA-Generaldirektor und Friedensnobelpreisträger Mohamed El Baradei sagte am Donnerstag vor Journalisten, eine Übertragung der Angelegenheit an den Sicherheitsrat bedeute keine Krise, sondern sei eine Chance, die eingetretene Sackgasse in dem Konflikt zu überwinden. "Wir erreichen eine kritische Phase, aber das ist keine Krise", sagte ElBaradei. Auch nach einer Einschaltung des Sicherheitsrats sei nicht mit einer schnellen Entscheidung zu möglichen Sanktionen zu rechnen.
US-Präsident George W. Bush erwartet im Streit um das iranische Atomprogramm einen harten Schlagabtausch mit der Regierung in Teheran. "Wir wollen, dass sie Atomenergie haben, aber zu den von uns formulierten Bedingungen", sagte Bush in einem Interview in Washington. Das höchste UN-Gremium könnte Sanktionen gegen den Iran verhängen. "Wenn die Iraner das vermeiden wollen, sollten sie in guter Absicht darauf hinwirken, ihre Ambitionen auf den Besitz von Atomwaffen zu beenden", sagte Bush. "Wir können es uns nicht leisten, einen Iran mit Atomwaffen zu haben" Die USA unterstützten einen russischen Vorschlag, die Wiederaufbereitung abgebrannter Brennstäbe nicht im Iran, sondern in Russland vorzunehmen. Er habe sich bei dem russischen Präsidenten Wladimir Putin telefonisch für diese Initiative bedankt, sagte Bush.