Brian Kemp sieht so aus, wie man sich einen konservativen US-Republikaner wohl vorstellt. Ein älterer weißer Mann, die grauen Haare ordentlich gekämmt. Dunkler Anzug, Krawatte – und ein verwaschener Südstaaten-Akzent. Er ist Vater, Ehemann, Geschäftsmann.
Der Gouverneur von Georgia, der vor Kurzem seine zweite Amtszeit antrat, verfolgt auch eine Politik, wie ein republikanischer Archetyp: Bürokratie abbauen und kleine Geschäfte unterstützen. Er ist für strikte Abtreibungsgesetze, für die Familie, gegen die gleichgeschlechtliche Ehe, gegen strenge Waffengesetze.
Bei einem Thema unterscheidet er sich aber von den meisten seiner Parteikollegen: Brian Kemp setzt für seinen Bundesstaat auf Elektromobilität und Solarzellen. Macht das Kemp zu einem grünen Republikaner? Einem "Öko" gar? Ja und nein.
Brian Kemp will Georgia zur "Hauptstadt der Elektromobilität" machen
Über den Entschluss der Hyundai Motor Group und SK On, in seinem Bundesstaat eine Fabrik für E-Auto-Batterien zu bauen, frohlockte Kemp etwa: Die beiden Firmen seien "geschätzte Partner und wichtige Akteure in der ständig wachsenden Automobilindustrie unseres Staates".
Er sei "stolz" zu sehen, dass der Solarzellenhersteller Qcells in Georgia expandiert.
Und er will Georgia zum Produktionsstandort von E-Auto-Herstellern machen. So verkündete er im Dezember 2021, dass der Autobauer Rivian "fünf Milliarden Dollar in einen kohlenstoffbewussten Campus in Georgia für seine elektrischen Abenteuerfahrzeuge investieren wird".
"Wir sind sehr stolz darauf, dass Georgia nun die größte Produktionsstätte von Rivian beherbergen wird", sagte Gouverneur Kemp. "Diese Einzelinvestition – die größte in der Geschichte des Bundesstaates – steht für die Zukunft des Automobilbaus und unterstreicht die führende Rolle, die der Pfirsichstaat in dieser boomenden Branche für die kommenden Generationen spielen wird."
Ambitioniert sagte er zu kurz nach Übernahme des Amtes: "Bis zum Ende meiner zweiten Amtszeit als Gouverneur möchte ich, dass Georgia als die Hauptstadt der Elektromobilität in Amerika anerkannt wird."
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Brian Kemp, ein Grüner?
Das klingt nach großer Unterstützung für die grüne Umstellung. Für Kemp aber bedeutet es etwas anderes: Jobs, Investitionen und Wirtschaftsleistung. Sehr republikanisch.
Über die neue Batterie-Fabrik sagte er etwa, dass seine Regierung sich "vom ersten Tag" an auf die Schaffung von Arbeitsplätzen konzentriert habe. Man sei stolz darauf, dass SK und HMG dieses Ziel würden und sie sich dazu entschlossen hätten, "noch mehr in diesen Wirtschaftsstandort Nr. 1 zu investieren".
Mit Klimaschutz hat Kemps Politik augenscheinlich weniger zu tun, wie andere Standpunkte von ihm deutlich machen:
Kemp will einerseits zwar, dass die Regierung mehr nachhaltige Energietechnologien unterstützen soll.
Andererseits ist er dafür, dass die USA Ölbohrungen ausweiten und sich aus dem Pariser Klimaabkommen raushalten.

Beim Klimawandel hat Kemp "keine Expertise"
Aber über den Klimawandel denke Kemp nicht viel nach, schreibt der Kolumnist Alexander Burns in einem Beitrag für das Portal "Politico". Er habe, was das angeht, keine Expertise, sagte der 59-jährige Kemp. Er glaube nicht, dass er die richtige Person sei, um sich darüber zu äußern.
Die Umwelt, die liege ihm am Herzen, ja. Aber eher so, wie sie es bei Landwirten oder Jägern tue.
Den Klimawandel leugnet er zwar nicht. Konkret festlegen möchte er sich allerdings auch nicht. "Ich glaube, dass der Mensch jeden Tag alle möglichen Probleme verursacht, ob es nun um Gewaltverbrecher geht – ich bin sicher, dass es Auswirkungen auf die Umwelt gibt, die von Leuten verursacht werden, die sich richtig verhalten, und von Leuten, die das nicht tun", wird er von "Politico" zitiert.
Doch Kemp hat die wirtschaftlichen Chancen erkannt, die mit der Bekämpfung des Klimawandels verbunden sind – anders als manche seiner Mit-Republikaner, die das Thema nur belächeln. Kemp hat das Thema auf seine Agenda gesetzt und damit auch Wahlkampf gemacht. Er setzt sich für mehrere Maßnahmen ein, die die Energiewende und die grüne Umstellung unterstützen. Gleichzeitig betont er aber, dass seine Beweggründe nichts mit der Kontrolle oder gar dem Verringern von Emissionen zu tun haben. Man lasse einfach den Markt arbeiten.
Kemps Politik könnte Chance für Republikaner sein
Ein bisschen hilft die Regierung in Georgia aber nach – mit steuerlichen Anreizen. Georgia bot Hyundai 1,8 Milliarden Dollar an Steuererleichterungen und anderen Anreizen, um sein neues E-Fahrzeugwerk anzusiedeln. Rivian erhielt ein 1,5-Milliarden-Dollar-Förderpaket für sein E-Fahrzeugwerk in Georgia und der Batteriehersteller SK Innovations erhielt 300 Millionen Dollar, berichtet das Nachrichtenportal "Wabe".
Trotz – oder vielleicht wegen dieser Anreize: Die Nachfrage nach Solarpanelen, Windturbinen oder E-Autos ist hoch. Die milliardenschweren Anreize für saubere Energie im Rahmen des Inflation Reduction Act, den Präsident Joe Biden unterzeichnet hat, werden die Nachfrage noch weiter steigern lassen. Es braucht Lieferanten für diese Technologien. Und darauf setzt Brian Kemp.
Kemps Politik könnte für die US-Republikaner auch eine Chance sein. Sie könnten auf diese Weise ein moderneres Konzept für Klima und Energie aufstellen, um sich Stimmenverluste von Wählern zu ersparen, die den Klimawandel zunehmend als Bedrohung sehen.
Ein E-Auto kostet in Georgia 200 Dollar Gebühr – jährlich
Aber wie will Kemp seinen rechten Wählern seinen Flirt mit Solarzellen und Elektroautos verkaufen? Immerhin gibt es Proteste gegen die Fabrik von Autobauer Rivian; die Firma wurde zum Beispiel vom republikanischen Ex-Senator David Perdue als "woke kalifornische Firma" bezeichnet.
Mit dem Argument, dass es Jobs bringt – und dass Elektroautos mittlerweile mehr Pferdestärken unter der Haube haben.
"Ich erfülle mein Versprechen, gut bezahlte Arbeitsplätze für unseren Staat zu schaffen", sagte Kemp zu "Politico". Und es gebe eine Menge Konservative, die Elektrofahrzeuge fahren. Kemp rät seinen Republikanern, sich hinter das Steuer eines Elektroautos zu setzen, "denn es wird euch den Kopf verdrehen."
Allerdings verlangt Georgia von den Besitzern von Elektroautos eine jährliche Gebühr von mehr als 200 Dollar – um mehr Mittel in die Instandsetzung der maroden Straßen und Brücken des Bundesstaates zu stecken, denn E-Auto-Besitzer zahlen ja keine Benzinsteuern, so das Argument.
Ob Kemps Anhänger diese 200 Dollar bezahlen wollen, um sich den Kopf verdrehen zu lassen?
Quellen: Büro des Gouverneurs von Georgia, U.S. Department of Energy, "Politico", Internetseite des Bundesstaates Georgia, NBC News, "Wabe", isidewith.com, American Families, "Washington Post", Youtube, no2rivian.org, Nachrichtenagentur AP, "The Current", electryfyatlanta.com