Bundesregierung "BND hat keine Pläne weitergegeben"

BND-Agenten im Irak sollen laut eines Zeitungsberichts noch vor Beginn des Irak-Krieges der USA Verteidigungspläne von Saddam Hussein überreicht haben. Die Bundesregierung hat dieser Meldung nun widersprochen.

Die Bundesregierung hat Darstellungen dementiert, wonach Deutschland die USA im Irak-Krieg stärker als bislang bekannt unterstützte. Entsprechende Behauptungen in der "New York Times" seien falsch, sagte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm unter Berufung auf den Bundesnachrichtendienst (BND). Es treffe nicht zu, dass BND-Mitarbeiter an US-Stellen bereits einen Monat vor Beginn der Invasion im März 2003 einen Plan zur Verteidigung Bagdads weitergegeben hätten.

Der BND habe entgegen der Zeitungsdarstellung auch keine Kenntnis von einem Treffen des irakischen Diktators Saddam Hussein mit seinen Kommandeuren am 18. Dezember 2002 gehabt, so der Sprecher. Den deutschen Geheimdiensten seien diese Vorgänge nicht bekannt gewesen. Deshalb seien sie auch nicht in dem vergangene Woche vorgelegten Regierungsbericht über die BND-Aktivitäten im Irak-Krieg enthalten.

Die "New York Times" meldet unter Berufung auf eine bislang geheime Studie des US-Militärs, dass die USA einen Monat vor Beginn des Irakkriegs im März 2003 aus deutschen Geheimdienstquellen die Verteidigungspläne für Bagdad erhalten haben.

Zwei deutsche Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes (BND) in Bagdad hätten sich eine Kopie der Geheimpläne des damaligen irakischen Präsidenten Saddam Hussein vom Dezember 2002 verschaffen können. Dank dieser Hilfe habe das US-Militär einen Einblick erhalten, wann und wie der Ex-Diktator besonders loyale Soldaten in Stellung bringen wollte. Das Papier habe den USA auch einen außergewöhnlich guten Überblick über den Stand der Diskussion im Führungszirkel des Regimes gegeben.

"Durch das Beschaffen der irakischen Dokumente haben deutsche Geheimdienstbeamte den USA bedeutsamere Hilfe geleistet, als es ihre Regierung öffentlich zugegeben hat", schrieb die "New York Times". Die beiden BND-Mitarbeiter hätten das Material zunächst an ihre Vorgesetzten weitergeleitet. Im Februar 2003 sei das Dossier von einen deutschen Geheimdienstoffizier in Katar einem Kollegen vom US-Militärgeheimdienst überlassen worden.

In den nächsten Tagen wird sich entscheiden, ob es einen Untersuchungsausschuss zur Rolle der Geheimdienste im Irak- beziehungsweise Anti-Terror-Krieg geben wird. Nach der Zustimmung der Grünen und der Linkspartei hängt die Entscheidung von der FDP als größter Oppositionspartei im Bundestag ab.

Der FDP-Politiker Max Stadler verlangt von der Bundesregierung eine Stellungnahme zu dem Zeitungsbericht. "Wenn sich diese Informationen bestätigen, wäre das selbstverständlich eine dramatische Wendung", sagte Stadler am Montagmorgen im Deutschlandfunk.

Die Bundesregierung hatte am Mittwoch ihren Bericht zum Irak-Einsatz des BND veröffentlicht. Der Handlungsspielraum der beiden BND-Mitarbeiter im Irak sei klar definiert und sehr eingeschränkt gewesen, heißt es in dem Bericht. So habe es für sie die strikte politische Vorgabe gegeben, dass sie durch ihren Einsatz keinesfalls die Kampfhandlungen unterstützen durften.

"Zur Weitergabe an US-Stellen weitergeleitet"

Der Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele - Mitglied im Parlamentarischen Kontrollgremium für die Geheimdienste (PKG) - hatte bereits am Mittwoch abend nach einer PKG-Sitzung gesagt, er sei überzeugt, dass die beiden nach Kriegsausbruch in Bagdad verbliebenen BND-Agenten "Objekte aufgeklärt und nach Deutschland zur Weitergabe an US-Stellen weitergeleitet haben". Es habe vier schriftliche Meldungen mit elf Zielen gegeben. Überwiegend hätten diese Meldungen auch geographische Koordinaten enthalten. Die Bundesregierung sei nach Angaben von Ströbele über die konkrete Tätigkeit der beiden BND- Mitarbeiter in Bagdad nicht informiert gewesen.

Die BND-Mitarbeiter seien in Bagdad gewesen, als das US-Militär Vorbereitungen für die geplante Invasion des Irak traf, schreibt nun die "New York Times". Zu ihren Aufgaben gehörte laut der US-Studie, den geheimen Verteidigungsplan Bagdads zu bekommen. Die irakische Führung habe jahrelang die Strategie verfolgt, Truppen entlang der Einfallroute nach Bagdad in Stellung zu bringen, um so einmarschierenden Truppen möglichst große Verluste zuzufügen. Im Dezember 2002 habe Saddam jedoch den Plan geändert. Der neue Plan sah vor, mehrere Verteidigungsringe um Bagdad zu legen, darunter eine "rote Linie", die die Republikanischen Garden bis zum bitteren Ende halten sollten.

Zurückgezogen in die französische Botschaft

Die geheime US-Militärstudie enthalte auch eine Kopie der Skizze der BND-Mitarbeiter. "Die Zeichnung hatten die Deutschen von einem ihrer Informanten in Bagdad (Identität der Quelle unbekannt) erhalten", heißt es in der Studie. "Als die Bombardierung begann, stellten die Agenten ihre Operationen ein und zogen sich in die französische Botschaft zurück." Nach Informationen des Berliner "Tagesspiegels" erhielten die beiden BND-Agenten nach dem Irak amerikanische Auszeichnungen für ihre Tätigkeit.

Bereits vor Beginn des Krieges hatten die USA eine vertrauliche Liste von Ländern aufgestellt, die bereit waren, Washington als Mitglied in der "Koalition der Willigen" zu unterstützen. Deutschland sei zwar vehement gegen den Krieg gewesen, habe das amerikanische Vorhaben aber nicht behindert und sogar in begrenztem Rahmen eine Zusammenarbeit angeboten, schreibt die Zeitung. Deshalb sei es als "nicht der Koalition angehörend, aber kooperierend" eingestuft worden, sagte ein Pentagon-Mitarbeiter, der namentlich nicht genannte werden wollte, der Zeitung.

DPA
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