Was kam es zur Invasion in die Ukraine?
In den frühen Morgenstunden des 24. Februar 2022 hat Präsident Wladimir Putin der russischen Armee den Einmarschbefehl in die Ukraine erteilt. Seither dringen Truppen offenbar auf dem Gebiet des gesamten Landes vor. In den Monaten zuvor hatte Putin eine rund 150.000 Mann starke Armee, ausgerüstet mit modernsten Waffen, an der Grenze des Landes aufmarschieren lassen. Diplomatische Versuche auf allen Ebenen, wie etwa der Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz bei Putin, brachten keine Lösung. Russland stellte Forderungen, die von der Ukraine wie den westlichen Partner nicht zu erfüllen waren, wie etwa zuletzt eine komplette Demilitarisierung des Landes oder die Zusage der Ukraine, niemals der Nato beizutreten. Als letzten Schritt vor dem Krieg erkannte Putin die Separatisten-Gebiete in der Ostukraine an. In einer einstündigen TV-Ansprache erklärte er das von Angela Merkel aushandelte Minsker Abkommen für hinfällig und die Ukraine historisch zum festen Bestandteils Russlands. Anderthalb Tage später erteilte er den Befehl zur Invasion.
Wie begründet Putin die Invasion?
Putin begründet die Invasion in das Nachbarland mit der Sicherheit Russlands und seiner Bürger. Aus Sicht des Kremls bedrohe die Nato Russland unmittelbar. Der Plan sei, dass die Ukraine Mitglied der westlichen Verteidigungsbündnisses werde, um dann Russland anzugreifen oder akut zu bedrohen. Das müsse unbedingt verhindert werden. Eine zweite Begründung ist der angebliche Genozid, den die Ukraine in den Separatisten-Gebieten an Russen ausübe. Hier müssten unbedingt russische Bürger beschützt werden.
Warum fühlt sich Putin durch die Ukraine bedroht?
Seit Jahren beklagt die russische Regierung die angebliche Einkreisung des Landes durch die Nato. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion 1991 hätten die Bündnis-Mitglieder versprochen, sich nicht nach Osten auszudehnen. Vertraglich fixiert wurde das nie. Ab 1999 fand die Osterweiterung statt. Vom Baltikum bis nach Bulgarien traten ehemalige Warschauer-Pakt-Staaten der Nato bei. Seit 1997 gilt die Nato-Russland-Grundakte, in der das Verhältnis der beiden Parteien geregelt ist. Ein zentrale Einigung ist der "Verzicht auf die Androhung oder Anwendung von Gewalt gegeneinander oder gegen irgendeinen anderen Staat, seine Souveränität, territoriale Unversehrtheit oder politische Unabhängigkeit" sowie die "Achtung der Souveränität, Unabhängigkeit und territorialen Unversehrtheit aller Staaten".
Was genau hat Putin mit Ukraine vor?
Er will auf jeden Fall einen von Russland abhängigen Vasallenstaat schaffen. Ob Putin weitergeht und die Ukraine komplett in das russische Staatsgebiet einverleibt wird, lässt sich zu diesem Zeitpunkt nicht vorhersagen. Ziel Russlands ist es auf jeden Fall, dass von der Ukraine aus Sicht der russischen Führung keine irgendwie geartete Gefahr ausgeht. Das ist die offizielle Begründung. Die inoffizielle ist das Machtstreben Russlands. Mit der Ukraine unter russischer Kontrolle wäre Russland geostrategisch im eurasischen Raum viel besser aufgestellt. Oder um es mit den Worten des früheren außenpolitischen US-Berater Zbigniew Brzeziński zu sagen: "Ohne die Ukraine ist Russland nur ein großes Land, mit der Ukraine ist es ein Imperium."
Wie reagiert die Ukraine?
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat den russischen Einmarsch in sein Land mit dem Vorgehen Deutschlands während des Zweiten Weltkriegs verglichen. "Russland hat die Ukraine in einer feigen und selbstmörderischen Weise angegriffen, wie Nazi-Deutschland es im Zweiten Weltkrieg getan hat", sagte Selensky. Die Ukraine hat mittlerweile mit dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen zu Russland reagiert. Inwieweit sich die Ukraine militärisch wehren wird, ist derzeit unklar. Angesichts der dramatischen Überlegenheit der russischen Armee würde langanhaltende Kampfhandlungen vermutlich viele Opfer auf ukrainischer Seite fordern, ohne das Land wirkungsvoll zu verteidigen.
Wie hat sich der Konflikt in den vergangenen Jahren zugespitzt?
Der Ausgangspunkt der aktuellen Entwicklung sind die Maidan-Proteste, die im Dezember 2013 ausbrachen (Maidan ist der zentrale Platz in der Landeshauptstadt Kiew). Die Ukrainer protestierten damals gegen ihren russlandfreundlichen Präsidenten Viktor Janukowitsch, der sich weigerte, das Assoziierungsabkommen mit der EU zu unterzeichnen und stattdessen lieber Geld aus Russland nahm. Janukowitsch wurde gestürzt und die Maidan-Proteste zum Symbol für die West-Bindung des Landes und die Loslösung aus dem russischen Machtbereich. Daraufhin annektierte Russland die Krim und unterstützte wenig später entscheidend den Aufstand der Separatisten in der Ostukraine, die sich von der Ukraine lossagten. Unter Leitung von Bundeskanzlerin Angela Merkel wurde das Minsker Abkommen ausgehandelt, dass aber weder von Russland noch von der Ukraine ernsthaft umgesetzt wurde. Im vergangenen Jahr schrieb Putin eine vielbeachtete historische Abhandlung, in der er Gebietsansprüche Russlands in der Ukraine geschichtlich begründete.

Wie fallen die ersten Reaktionen aus?
In der Ukraine wie in der gesamten Welt sind Entsetzen und Angst groß. Bis zuletzt hatten viele nicht damit gerechnet, dass Putin seine Drohungen wahr macht. Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melynk, warf dem Westen Versagen vor: "Man hat alle Warnungen im Westen ignoriert, auch in Deutschland." Unter den Nato-Partnern und weltweit wird die Invasion weitgehend einhellig verurteilt. "Dies ist ein furchtbarer Tag für die Ukraine und ein dunkler Tag für Europa," sagte Bundeskanzler Olaf Scholz. US-Präsident Joe Biden wurde deutlicher: "Die Welt wird Russland zur Rechenschaft ziehen", kündigte er an. Die USA, Großbritannien und die haben bereits eine Reihe von Sanktion gegen Russland verhängt und es werde weitere folgen.