Am Vorabend des vierten Jahrestags der Revolte in Ägypten ist eine Frau bei Zusammenstößen zwischen linken Demonstranten und Polizisten erschossen worden. Die Teilnehmerin des Protestmarschs im Zentrum der Hauptstadt Kairo sei durch Schrotkugeln getötet worden, sagte ein Sprecher des Gesundheitsministeriums. Nach Angaben von Protestteilnehmern wurden die Kugeln von der Polizei abgefeuert, um die Menge auseinanderzutreiben. Das Innenministerium hingegen bestritt einen Einsatz von Schrotmunition oder Gummikugeln durch die Polizei und machte nicht näher definierte "Bewaffnete" verantwortlich. "Es war eine kleine Protestaktion, bei der der Einsatz solcher Waffen nicht nötig war", zitiert die Nachrichtenagentur AFP einen Mitarbeiter des Ministeriums.
Bei der getöteten Frau handelt es sich um die Aktivistin Shaima al-Sabbagh, Mitglied der Sozialistischen Volksallianz. Sie sei 34 Jahre alt gewesen und hinterlasse einen fünfjährigen Jungen, berichtet AFP unter Berufung auf Freunde des Opfers. Schockierende Bilder zeigen, wie al-Sabbagh zusammensinkt und ein Mann versucht, der Angeschossenen zu helfen.
Den Demonstranten zufolge setzte die Polizei auch Tränengas ein und nahm den Chef der Partei Sozialistische Volksallianz sowie fünf junge Parteimitglieder fest. Die Partei hatte zu der Demonstration aufgerufen, um an den Beginn der Revolte in Ägypten am 25. Januar 2011 zu erinnern. Der Aufstand führte im Februar 2011 zum Sturz des langjährigen Staatschefs Husni Mubarak.
Das nordafrikanische Land kommt seitdem nicht zur Ruhe. Der Mitte 2012 erste frei gewählte Präsident Ägyptens, der Islamist Mohammed Mursi, wurde nach einem Jahr im Amt vom Militär gestürzt, das daraufhin die Macht übernahm. Seitdem gehen die Behörden mit aller Härte gegen Mursis Anhänger vor. Zudem greifen die Behörden verstärkt gegen linke und säkulare Oppositionelle durch, die zwar den Sturz Mursis guthießen, aber auch seine Nachfolger kritisieren.
Die Mursi nahe stehende Muslimbruderschaft hat für Sonntag zu Protesten aufgerufen. Die Sicherheitskräfte hatten gewarnt, gegen jeglichen Protest "entschlossen" vorzugehen.