Liste der frühen Warnzeichen So viel Faschismus steckt in Donald Trumps Politik

Eine junge US-Sängerin twittert das Foto eines Posters. Die Überschrift: "Frühe Warnzeichen für Faschismus". Es wird vielfach geliket und retweetet. Das Erschreckende: Die Liste liest sich fast wie eine Beschreibung der ersten Tage von Donald Trump im Amt.

Es ist nur ein Tweet von vielen anderen in diesen Tagen - und doch hat er es in sich. Im Shop des US Holocaust Memorial Museums in Washington, D.C. entdeckte die junge US-Sängerin Sarah Rose ein Poster, das dort verkauft wird. Sie machte ein Foto und schickte es über ihren Twitter-Kanal. "Es schüttelt mich", schrieb sie dazu. Fast 200.000-Mal wurde der Tweet inzwischen geteilt, rund 270.000-Mal geliked.

Der Grund für das Entsetzen: Auf dem (schon seit längerem bekannten) Poster sind die frühen Warnzeichen für Faschismus aufgelistet - und die Liste liest sich wie eine Beschreibung der ersten Tage von US-Präsident Donald Trump im Amt. Zusammengestellt wurden die Warnzeichen von dem US-Politologen und Polit-Thriller-Autor Laurence W. Britt auf der Grundlage der Analyse von sieben faschistischen Regimen - darunter Nazi-Deutschland, Italien unter Mussolini, Spanien unter Franco und Chile unter Pinochet.

Errichtet Donald Trump ein faschistisches System?

Dass Donald Trump eine autokratische Politik betreibt, hat er in den ersten Tagen im Weißen Haus mehrfach unter Beweis gestellt. Aber Faschismus? Ein Blick auf die Liste der frühen Warnzeichen - und ein Abgleich Punkt für Punkt mit Trumps Politik:

Kräftiger und fortgesetzter Nationalismus

Seinen Nationalismus hat Donald Trump geradezu zu seinem Markenzeichen gemacht. "Make America great again" lautete sein Wahlkampfmotto und ist auch jetzt, nach dem Amtsantritt, sein Credo - ganz so, wie er es angekündigt hat. Im Kontakt mit anderen Nationen gilt nach eigener Aussage: "America first" - und zwar ungeachtet der Auswirkungen dieser Haltung.

Missachtung der Menschenrechte

Erst jüngst äußerte der US-Präsident die Ansicht, dass Folter funktioniere. Auch das von den USA schon unter Präsident George W. Bush betriebene Waterboarding will er nicht verurteilen. "Ich will nicht, dass Leute im Mittleren Osten die Köpfe von anderen Menschen abschneiden. (...) Und uns ist es nicht erlaubt, irgendwas zu tun", rechtfertigte er seinen Standpunkt in einem Interview mit dem Sender ABC. Sein undifferenziertes Einreiseverbot für Menschen aus bestimmten muslimisch geprägten Staaten dürfte zumindest in seiner jetzigen Form gegen die Genfer Flüchtlingskonvention verstoßen.

Feinde identifizieren, gegen die man sich vereinen muss

Feindbild Nummer 1 der Trump-Administration: Muslime. Ob innere Sicherheit, Belastung durch Flüchtlinge oder internationaler Terrorismus - von Menschen muslimischen Glaubens gehen nach Trump-Lesart offenbar grundsätzlich Gewalt und Gefahren aus. Der sogenannte "Muslimban", also der vorläufige Einreisestopp für Angehörige aus sieben muslimisch geprägten Staaten, ist eine logische Folge. Feindbild Nummer 2: Mexikaner. Im Wahlkampf beschimpfte der neue Präsident die südlichen Nachbarn teils unflätig, nun hat er den Bau jener Mauer angekündigt, die Mexikaner und andere Lateinamerikaner aussperren soll. Trump hat seiner Klientel Jobs versprochen; die sollen sicherlich nicht durch Mexikaner besetzt werden.

Vorherrschaft des Militärs

Von einer für faschistische Systeme typischen durch-militarisierten Gesellschaft kann keine Rede sein. Generell spielt das Militär in den USA aber ohnehin ein viel bedeutendere Rolle als beispielsweise in Deutschland. Trump hat im Wahlkampf eine deutliche Stärkung der Armee versprochen und auch einen massiven Ausbau der Atomstreitkräfte angekündigt. Andererseits will der Republikaner das Engagement der US Army auf dem Globus zurückfahren und verlangt ein größeres Engagement der Nato-Partner - auch in finanzieller Hinsicht.

Offener Sexismus

Ein Video aus dem Jahr 2005, in dem sich Trump vulgär über Frauen äußert und sich mit sexuellen Übergriffen brüstet, hatte im Wahlkampf großes Aufsehen erregt - und kurzzeitig selbst führende Republikaner auf Distanz gebracht. Hunderttausende Frauen protestierten beim Women's March on Washington schon einen Tag nach seiner Amtseinführung gegen Trumps frauenfeindliche Haltung. Eines der ersten Dekrete des neuen US-Präsidenten strich Fördergelder für US-Gesundheitsorganisationen, die im Ausland Abtreibungsaufklärung und -beratung zumeist für Frauen aus armen Verhältnissen betreiben. Die Pro-Life-Bewegung in den USA hat begründete Hoffnung auf ähnliche Verbote auch innerhalb des Landes.

Kontrolle der Medien

Die Schließung von Medienhäusern und Inhaftierung von Journalisten, wie sie der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan vorgenommen hat, ist im Medienland USA kaum vorstellbar. Trump arbeitet daher stattdessen mit Diskreditierung von Journalisten und einzelnen Medien ("You are fake news!") sowie dem Entwurf einer Art "Gegen-Realität" durch seine Presseabteilung. Von Trumps Beraterin Kellyanne Conway stammt der Begriff "alternative Fakten". Auch das rechtspopulistische Portal "Breitbart.com" - jahrelang betrieben durch Trumps Vertrauten Stephen Bannon - spielt dem neuen Präsidenten in die Hände. Trumps Aufforderung, jemand solle die "New York Times" kaufen und sie "in Würde beenden" ist ein direkter verbaler Angriff auf die Pressefreiheit. Ebenso die Forderung von Bannon, die etablierten Medien sollten "den Mund halten".

Besessenheit von nationaler Sicherheit

Mauern werden gebaut, Menschen werden an der Einreise gehindert, der Nationale Sicherheitsrat wird künftig mehr von Militärs und freien Strategen als von Diplomaten und Geheimdienstlern geprägt. Die nationale Sicherheit ist ein Hauptanliegen Trumps. Das Land soll sich gegen tatsächliche aber auch unbestimmte Bedrohungen wappnen. Dem dienen sowohl Restriktionen gegen Einwanderer als auch die angekündigte Stärkung des Militärs.

Religion und Regierung greifen ineinander

Da holpert es bei Trump etwas. Wie es seine Art ist, hat er sich im Wahlkampf zwar als "tremendous believer", also als "enorm gläubig" bezeichnet, doch wie es heißt, konnte er nur mit größter Mühe einen Lieblingsbibelvers zitieren. Den Evangelikalen hat er versprochen, ihnen wieder jenen Einfluss zu verschaffen, der einer Organisation, die Millionen Menschen vertritt, zustehe. Außerdem hat Trump angekündigt, die sogenannte Johnson Amendment abzuschaffen. Diese Verfügung von 1954, die auf den späteren Präsidenten Lyndon B. Johnson zurückgeht, besagt im wesentlichen, dass steuerrechtlich als gemeinnützig anerkannte Organisationen politisch neutral bleiben sollen. Das trifft in besonderem Maß die Kirchen und kirchliche Organisationen.

Macht der Konzerne wird gestärkt

Dass Donald Trump als Unternehmer auf Seiten der Wirtschaft steht, ist keine Überraschung. Allerdings hat er auch die Ministerposten in seiner Regierung fast ausnahmslos mit Unternehmern ohne Politikerfahrung besetzt. Trumps Kabinett macht den Eindruck, als entledige sich die Wirtschaft weitgehend der Politik, um das Regieren selber in die Hand zu nehmen. Der neue Präsident will den US-Unternehmen durch eine Abschottungspolitik Vorteile verschaffen. Ausländische Firmen müssen in den USA produzieren, damit im Land Jobs entstehen, oder hohe Strafzölle befürchten. Ob dies angesichts zu erwartender Gegenmaßnahmen die US-Wirtschaft wirklich stärken wird, bleibt abzuwarten. Regulierungen, die das Business einschränken könnten - vor allem Umweltauflagen -, fährt Trump rücksichtslos zurück. Zuletzt lockerte er auch die nach der Bankenkrise eingeführten Regulierungen im Finanzsektor.

Arbeiterrechte werden unterdrückt

Donald Trump hat den Amerikanern Jobs, Jobs und nochmal Jobs versprochen. Daran wird er gemessen werden. Ob das glücken wird, hängt davon ab, ob seine Abschottungspolitik funktionieren wird. Als Arbeitsminister hat Trump den Geschäftsführer der Fast-Food-Restaurantkette "CKE", Andrew Puzder, nominiert - er muss vom Senat noch bestätigt werden. Puzder ist ein erklärter Gegner eines staatlichen Mindestlohns von mehr als neun Dollar pro Stunde - das schade der Profitabilität der Unternehmen, so seine Ansicht. Zudem lehnt Puzder die Gesundheitsversicherung "Obamacare" ab, die Trump abschaffen will.

Verachtung für Intellektuelle und die Künste

Mit dem Kampf gegen das sogenannte Establishment hat Trump die Wahl gewonnen. Selbst in seiner Rede zum Amtsantritt äußerte er nur Verachtung für die sogenannten Eliten, die sich angeblich nur am Land bereichern. Mit der Zensur der Veröffentlichung von wissenschaftlichen Studien und Erkenntnissen hat Trump bereits massiv in die Meinungsfreiheit und die Freiheit der Forschung eingegriffen. Wie es heißt, ist Trump erklärtermaßen kein Freund zeitgenössischer Kunst. Die großen Stars der amerikanischen Popmusik waren nicht bereit, auf seiner Inaugurationsfeier aufzutreten.

Besessenheit von Verbrechen und Bestrafung

Typisch: Folgt man dem Bild der USA, das Trump während seiner Inaugurationsrede gezeichnet hat, dann ist man in den Vereinigten Staaten seines Lebens nicht sicher. Frauen können kaum über die Straße gehen; überall Gewalt, Dreck und Verfall. Der Beschreibung unhaltbarer Zustände folgte die Ankündigung, hart durchzugreifen. Chicago drohte Trump beispielsweise mit einem Einsatz der Bundespolizei, falls die Stadt den "Verbrechenssumpf" nicht in den Griff kriege. Auch der "Muslimban" dient der inneren Sicherheit: keine Muslime, keine Terroranschläge, weniger Verbrechen lautet die simple Rechnung. Laut aktuelle Statistiken gibt es aber keine Notwendigkeit für drakonische Maßnahmen, die zudem die Freiheit der Bürger einschränken können.

Offene Vetternwirtschaft und Korruption

Schon allein die Nominierung seines Schwiegersohns Jared Kushner als Chefberater verstößt gegen ein Gesetz, das Vetternwirtschaft im Weißen Haus verhindern will. Donald Trump gilt als misstrauisch und stützt daher seine ganze Administration in erster Linie auf Vertraute. Die Entscheidung, seinen Berater Stephen Bannon zum ständigen Mitglied des Nationalen Sicherheitsrates zu machen, ist beispiellos. Ungewöhnlich auch, dass seine Tochter Ivanka bereits bei offiziellen Gesprächen mit Staatsoberhäuptern anwesend war. Insgesamt ist auffällig, dass sich Trump häufig demonstrativ mit seiner Familie zeigt. Auch etliche weitere Posten wurden mit Leuten besetzt, die Trump seit langem kennt und schätzt.

Wahlbetrug

Kein Zweifel: Donald Trump ist bei einer ordentlichen demokratischen Wahl zum neuen US-Präsidenten gewählt worden. Er selbst bezweifelt aber öffentlich, neben der Mehrheit der Wahlmänner nicht auch die Mehrheit der Stimmen bekommen zu haben. Nach den Auszählungen liegt Hillary Clinton hier um drei Millionen Stimmen vorn. Daher will er trotz seines Sieges nun selbst möglichen Wahlbetrug aufdecken. Dahinter könnte die Absicht stecken, das Wahlverfahren so zu ändern, dass es einem amtierenden Präsidenten zugute kommt, vermuten Beobachter. Anlass zu diesen Spekulationen ist die Aussage in einem Tweet Trumps, "das Wahlverfahren zu stärken".

Fazit: So manches Frühsignal für aufkommenden Faschismus lässt sich tatsächlich im politischen Handeln Trumps erkennen. Ein klares Bild ergibt sich dennoch nicht. Etliche Beobachter halten Trump zwar für einen Autokraten, aber nicht für einen Faschisten. Allerdings ist der neue US-Präsident erst zwei Wochen im Amt, die Regierungsmannschaft steht noch nicht und hat vielfach die Arbeit noch nicht aufgenommen. Sobald dies soweit ist, wird sich Stück für Stück zeigen, in welche Richtung sich die Trump-Regierung entwickelt.

dho