Einigermaßen unvergessen ist noch der Augenblick, als Queen Elisabeth II. im Juli vergangenen Jahres auf Schloss Windsor unter einem Baldachin stand und auf den US-Präsidenten wartete. Sie wirkte etwas verloren und schnell hieß es, Donald Trump habe die Königin von England warten lassen. Das aber stellte sich später als falsch heraus. Doch Trump wäre nicht Trump, wenn er die Berichterstattung über die vermeintliche Verspätung nicht noch hätte kommentieren müssen. Er sei nicht zu spät, sondern sogar zu früh gewesen, behauptete er später – was wiederum auch falsch war. Laut der BBC lief der hoheitliche Empfang ab wie geplant und so gut wie auf die Minute genau.
Donald Trump zu Gast bei - nicht so sehr Freunden
Ein knappes Jahr ist das nun her und nun steht sein zweiter Besuch Großbritanniens als US-Staatsoberhaupt an. Er hätte sich kaum einen ungünstigeren Augenblick aussuchen können- Denn das Brexit- und Regierungschaos in London hat sich noch einmal verschärft. Und sein Besuch dürfte alles andere als dazu geeignet sein, die aufgewühlten britischen Gemüter zu beruhigen.
Trump hat auf der Insel durchaus seine Fangemeinde - vor allem unter den Brexit-Hardlinern. Die beiden bekanntesten Brexiteers Nigel Farage und Boris Johnson nannte er zuletzt "gute Typen" und "meine Freunde". Dass Johnson nicht viel von Trump als US-Präsidenten hält – geschenkt. Für viele Briten ist der US-Präsident wegen seiner Unterstützung für einen harten Bruch mit der EU, seiner fremdenfeindlichen Rhetorik und restriktiven Einwanderungspolitik sowie seines ungehobelten Auftretens ein unerwünschter Gast: Wie schon bei Trumps vorherigem Besuch im vergangenen Juli werden wieder Massenproteste erwartet.
Der "Trump Baby Ballon" fliegt wieder
Höhepunkt soll der berühmte "Trump Baby Ballon" sein, der am 3. Juni wieder in die Luft gehen soll. Die etwa sechs Meter hohe Figur schwebte schon 2018 über dem Parliament Square in Westminster. Was den Organisatoren noch fehlt, ist eine Genehmigung von Polizei und Stadtverwaltung sowie genügend Spenden. Umgerechnet rund 34.000 Euro sollen über eine Fundraising-Webseite zusammenkommen, das Geld wird an Wohltätigkeitsinitiativen gespendet.
Die Demonstranten wollen neben Trumps Einwanderungspolitik, seinen aufstachelnden Reden über Migranten und Minderheiten etwa auch sein Boykottkurs gegen den globalen Klimaschutz anprangern. Von den Protesten solle eine "starke Botschaft" ausgehen, dass Bürger im Vereinigten Königreich "die spalterische rechtsgerichtete Politik, für die Trump steht, nicht akzeptieren" und seine Einladung zu einem Staatsbesuch "völlig unangemessen" sei, kündigte die "Stop Trump Coalition" an.
So sieht Trumps Programm aus:
- Zum Auftakt des dreitägigen Besuchs werden Trump und Ehefrau Melania im Buckingham Palace von Queen Elizabeth II. empfangen. Später legen die Trumps einen Kranz am Grabmal des unbekannten Soldaten in der Westminster Abbey nieder, bevor sie Thronfolger Charles und dessen Frau Camilla zum Nachmittagstee besuchen. Am Abend steht ein Staatsbankett im Buckingham Palace auf dem Programm.
- Am zweiten Besuchstag wird Trump vor allem mit der Premierministerin Theresa May zusammentreffen. Es ist ein Abschiedsbesuch. May wird wegen des Scheiterns ihres Brexit-Kurses bis Ende Juli abtreten. Dennoch steht die Tagespolitik auf der Agenda: Es wird erwartet, dass die beiden über den anstehenden US-Russland-Gipfel sprechen und über die Rolle des chinesischen Telekomunternehmens Huawei beim Aufbau des 5G-Telefonnetzes.
- Am letzten Besuchstag wird Trump an einer großen Militärfeier in Portsmouth zum 75. Jahrestag der Landung der Alliierten in der Normandie teilnehmen. Von der südenglischen Stadt waren am D-Day am 6. Juni 1944 Kriegsschiffe nach Frankreich gestartet. Der US-Präsident reist von Großbritannien nach Irland und dann zu den Hauptfeierlichkeiten zum Jahrestag des D-Days in die Normandie weiter.
So schlug sich Trump das letzte Mal:
Großes Augenmerk wird die britische Öffentlichkeit auf Trumps Verhalten gegenüber der Queen richten. Bei seiner Visite im Juli - damals noch ein Arbeits- und kein Staatsbesuch - hatte er sich gleich mehrere Fehltritte geleistet:
- So verbeugte sich Trump bei der Begrüßung nicht vor dem Staatsoberhaupt. Und beim Abschreiten der Ehrengarde ging er einige Schritte vor der Queen. Später plauderte der Präsident sogar noch Inhalte seines Gesprächs mit der Monarchin aus - das Protokoll des Königshauses gebietet Vertraulichkeit.
- Auch gegenüber der Premierministerin benahm sich Trump im Juli daneben. Im Boulevardblatt "The Sun" fuhr er damals kurz vor ihrem Treffen eine Frontalattacke gegen May und ihren relativ moderaten Brexit-Kurs: Er habe der Regierungschefin "gesagt, wie sie es machen soll", aber "sie hat nicht auf mich gehört". Es war damals nicht das erste Mal, dass Trump die Premierministerin oberlehrerhaft abkanzelte.
- Und Trump ging sogar noch weiter, indem er im selben Interview dem May-Rivalen und Brexit-Hardliner Boris Johnson ein Einser-Zeugnis ausstellte: Der Ex-Außenminister wäre ein "großartiger Premierminister". Inzwischen hat Johnson wohl tatsächlich gute Chancen, May zu beerben. Allzu viel Herzlichkeit kann Trump beim Besuch der scheidenden Regierungschefin also nicht erwarten - auch wenn er nach eigenem Bekunden viel Mitgefühl mitbringt. "Theresa tut mir leid. Ich mag sie sehr", sagte er neulich.