EU prüft Frankreichs Roma-Rückführung "Niemand sollte ausgewiesen werden, bloß weil er Roma ist"

Seit Anfang des Jahres hat Frankreich knapp 8000 Roma gegen ihren Willen nach Bulgarien oder Rumänien zurückbringen lassen. Die EU-Kommission zweifelt jedoch an der Rechtmäßigkeit dieser Rückführungen. Nun hat Kommissarin Viviane Reding eine Situationsanalyse für die kommende Woche angekündigt.

Die EU-Kommission prüft, ob die Rückführung von Tausenden von Roma aus Frankreich nach Bulgarien und Rumänien rechtmäßig ist. Dies teilte die für Justiz und Grundrechte zuständige EU-Kommissarin Viviane Reding am Mittwoch in Brüssel mit. Sie werde in der kommenden Woche "eine politische und rechtliche Analyse" des französischen Vorgehens vorlegen, sagte ein Sprecher der Kommission ergänzend.

"Ich habe meine Mitarbeiter gebeten, die Lage in Frankreich umfassend zu prüfen - vor allem, ob alle ergriffenen Maßnahmen vollständig mit dem EU-Recht vereinbar sind", heißt es in Redings Erklärung. "Es ist klar, dass jene, die das Gesetz brechen, die Folgen tragen müssen. Es ist ebenso klar, dass niemand ausgewiesen werden sollte, bloß weil er Roma ist", schrieb die Kommissarin. Das EU-Recht erlaubt allen EU-Bürgern den Aufenthalt in anderen EU- Staaten, sofern sie keine Gefahr für die Sicherheit oder für die Gesundheit darstellen.

Nach Pariser Regierungsangaben vom Mittwoch hat Frankreich seit Anfang des Jahres mehr als 8000 Roma nach Bulgarien oder Rumänien zurückbringen lassen, lediglich rund 130 von ihnen sollen die Heimreise nicht freiwillig angetreten haben. Roma aus Bulgarien und Rumänien können als EU-Bürger ohne Hindernisse nach Frankreich einreisen und dort bleiben. Nach drei Monaten müssen sie allerdings nachweisen, dass sie ihren Lebensunterhalt selbst finanzieren können und eine Krankenversicherung haben.

An dieser Anforderung scheitern die meisten Roma. Eine EU- Übergangsregelung erlaubt es Frankreich, von Bürgern aus neuen EU- Ländern eine Arbeitserlaubnis zu verlangen. Diese gibt es problemlos nur für Berufe, für die es zu wenige französische Arbeitskräfte gibt.

"Das ist ein sehr kompliziertes und sehr breites Thema", sagte der Kommissionssprecher zu Fragen, ob das massenhafte Zurückschicken von EU-Bürgern mit dem EU-Recht vereinbar sei. Reding erklärte, sie habe "mit großer Aufmerksamkeit und einiger Besorgnis die Entwicklung der vergangenen Tage in Frankreich" sowie öffentliche Äußerungen über Roma in anderen EU-Staaten verfolgt. Die EU-Regierungen seien zweifellos für die Sicherheit ihrer Bürger verantwortlich. "Andererseits erwarte ich, dass alle Mitgliedstaaten die gemeinsam vereinbarten Regeln über Niederlassungsfreiheit, Nichtdiskriminierung und Grundrechte respektieren."

Sie begrüßte, dass Frankreichs Premierminister François Fillon in einem Brief an EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso das Vorgehen gegen die Roma erläutern wolle. Frankreich spricht von einer "freiwilligen Heimkehr" der Roma. Frankreichs Einwanderungsminister Eric Besson erklärte, ein für 6. September in Paris geplantes Treffen mit den Innenministern Deutschlands, Griechenlands, Großbritanniens, Italiens, Spaniens, Kanadas und der USA befasse sich "nicht mit einer spezifischen ethnischen Gruppe".

Der französische Innenminister Brice Hortefeux empfing am Mittwochnachmittag zwei Regierungsvertreter aus Rumänien, um das Thema Roma zu erörtern. Bulgariens Innenminister Zwetan Zwetanow verteidigte Frankreichs Vorgehen gegen die Roma. "In der französischen Haltung gibt es derzeit nichts Beunruhigendes", sagte er nach Presseangaben vom Mittwoch. In Bulgarien leben rund 650 000 Roma, die überwältigende Mehrheit von ihnen in bitterer Armut.

DPA
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