Die Europäische Union hat angesichts der anhaltenden Gewalt in Syrien ihre Sanktionen gegen Syrien erneut verschärft. Die EU-Außenminister beschlossen in Brüssel, 26 weitere Vertreter oder Unterstützer der Regierung in Damaskus sowie drei weitere Unternehmen oder Behörden auf die Sanktionsliste zu setzen, wie EU-Diplomaten mitteilten. Ein bereits beschlossenes Waffenembargo soll zudem durch strengere Kontrollen von Flugzeugen und Schiffen besser durchgesetzt werden. Ihre Kollegen aus den Innenressorts kommen auf Zypern zusammen. Dabei geht es unter anderem um die Vorbereitung auf einen möglichen Ansturm syrischer Flüchtlinge in den Nachbarländern.
Außenminister Guido Westerwelle (FDP) befürchtet, dass das Land vor dem endgültigen Aus des Assad-Regimes noch tiefer im Chaos versinkt. "Wir sind an einem Wendepunkt", sagte er der #link;www.sueddeutsche.de;"Süddeutschen Zeitung"#. Er gehe vom Zerfall der Regierung von Präsident Baschar al Assad aus, fürchte aber, dass das Regime die Krise zunächst eskalieren lasse. Trotz des Scheiterns einer gemeinsamen Resolution gegen das Assad-Regime im Weltsicherheitsrat "werden wir nicht aufgeben, mit aller Kraft für eine politische Lösung in Syrien zu arbeiten", sagte Westerwelle.
30.000 Syrer fliehen über libanesische Grenze
Allein über die libanesische Grenze haben sich nach Angaben des Roten Kreuzes binnen zwei Tagen 30.000 Syrer vor den eskalierenden Kämpfen gerettet. Nach UNHCR-Schätzungen sind bereits rund eine Million der insgesamt 21 Millionen Syrer aus Angst um ihr Leben an sicherere Orte geflüchtet. Eine weitere Viertel Million Menschen soll das Land ganz verlassen haben.
Die Versorgungslage habe sich durch die Kämpfe in Damaskus auch in der Hauptstadt verschlechtert, berichtete ein Mitarbeiter des Deutschen Roten Kreuz (DRK) in Beirut. Viele Geschäfte hätten geschlossen, alles sei teurer geworden. Es fehle an Milch für Kinder, Hygieneartikeln und Medikamenten.
Arabische Liga bietet Assad "sicheren Hafen"
Die Arabische Liga hat unterdessen erneut einen raschen Rücktritt des syrischen Präsidenten Präsidenten Baschar al Assad gefordert. Zugleich biete man ihm "freies Geleit" an, wenn er sich von der Macht trenne, sagte Katars Premierminister, Scheich Hamad bin Dschassim bin Dschaber al Thani, in der Nacht zum Montag nach einem Ministertreffen der Liga in Doha dem Nachrichtensender Al Dschasira. Zugleich kündigte er an, dass die arabischen Staaten 100 Millionen Dollar für die syrischen Flüchtlinge zur Verfügung stellen wollten.
Ein weiteres Thema des Treffens sei die Mission des Syrien-Sondervermittlers von Arabischer Liga und Vereinten Nationen, Kofi Annan, gewesen. Diese solle sich künftig stärker auf einen Machtübergang in Damaskus konzentrieren, sagte al Thani.
Aufständische rufen zum Sturm auf
Während die Regierungstruppen am Sonntag mit massiven Bombardements um die Vormacht in Damaskus kämpften, riefen die Aufständischen nach eigenen Angaben zum Sturm auf die zweitgrößte Stadt Aleppo auf. Syrische Menschenrechtsbeobachter in London berichteten von heftigen Kämpfen in mehreren Vierteln der Handelsmetropole.
Aus Damaskus berichtete ein syrischer Journalist dem arabischen Nachrichtensender Al-Dschasira von heftigen Explosionen. Regierungstruppen feuerten Raketen auf den Außenbezirk Barse ab: "Es ist das erste Mal, dass Damaskus dermaßen massiv bombardiert wird", sagte er. Den Aufständischen gelang es am Wochenende, mehrere wichtige Grenzübergänge zur Türkei und zum Irak unter ihre Kontrolle zu bringen.
Arsenal von Massenvernichtungswaffen
Die Regierung Assads werde nicht mehr in der Lage sein, die volle Kontrolle über das Land zurückzugewinnen, zitiert die "SZ" aus einem Papier des Auswärtigen Amtes (AA) für die europäischen Partner. Angesichts der Blockade im Sicherheitsrat müssten andere Wege gefunden werden, die Gewalt einzudämmen, die humanitäre Hilfe zu intensivieren und Vorkehrungen für einen Wiederaufbau nach dem Ende des Assad-Regimes zu treffen.
Es sei wahrscheinlich, dass das Regime in Damaskus den Konflikt eskalieren werde, zitiert die Zeitung weiter aus dem AA-Papier. Es habe dazu die Mittel, einschließlich eines Arsenals von Massenvernichtungswaffen.
Zwischen zwanzig und dreißig weitere Personen aus dem Umfeld Assads sowie zwei bis drei Unternehmen oder Organisationen wollen die EU-Außenminister nach Angaben von Diplomaten am Montag zusätzlich auf die EU-Strafliste setzen, um den Druck auf das Regime in Damaskus zu erhöhen. Dabei geht es vor allem um Einreiseverbote sowie das Einfrieren von Vermögen. Bisher gelten Strafmaßnahmen der Europäer gegen 129 Personen und 49 Firmen oder Organisationen aus Syrien.