Bei der starken Explosion in der vergangenen Woche in Nordkorea hat es sich nach Regierungsangaben um eine Sprengung beim Bau eines Staudamms für ein Wasserkraftwerk gehandelt.
"Es war weder eine Atomexplosion noch ein Unfall. Es war eine kontrollierte Sprengung eines Berges im abgelegenen Norden des Landes", zitierte der britische Sender BBC am Montag Nordkoreas Außenminister Paek Nam Sun. Auch die staatliche chinesische Nachrichtenagentur Xinhua meldete, bei der Explosion habe es sich dem nordkoreanischen Außenministerium zufolge um Vorbereitungen für den Bau eines Kraftwerks gehandelt. Ersten Agenturberichten zufolge am Sonntag, wonach eine auf Satelliten-Bildern zu erkennende Wolke einem Pilz ähnlich sah, hatten Spekulationen über einen heimlichen Atomtest des Nordkoreas ausgelöst. Sowohl die Regierungen der USA als auch Südkoreas hielten einen Atomwaffentest jedoch für unwahrscheinlich.
"Alle ausländischen Journalisten sind Lügner"
Paek äußerte sich der BBC zufolge bei einem Gespräch mit dem britischen Außenstaatsminister Bill Rammell in Pjöngjang. Paeks Äußerungen waren die ersten eines nordkoreanischen Regierungsvertreters seit Bekanntwerden der Explosion in der Region Ryanggang an der chinesischen Grenze am Sonntag. Auf die Frage, warum sich die nordkoreanische Regierung nicht früher geäußert habe, habe Paek dem britischen Gast geantwortet, alle ausländischen Journalisten seien Lügner, berichtet die BBC. Die Detonation hat sich nach Satelliten-Bildern bereits am Donnerstag ereignet.
Gunnar Jahnke vom Bundesamt für Geowissenschaften in Hannover, das auch für die Wiener Atomenergiebehörde Daten über Atomtests sammelt, sagte gegenüber stern.de, dass man erst in einigen Tagen endgültig sagen könne, ob es sich um einen nuklearen Testlauf gehandelt hat. "Seismisch reichen die Explosionsdaten noch nicht aus, um eine Aussage machen zu können." Nun warten die Forscher auf die ersten Ergebnisse der so genannten Infraschall- und Radionuklidmessungen. "Die von Nordkorea aus nächsten Stationen befinden sich in der Mongolei und Japan", so Jahnke. "Jetzt müssen wir warten, dass der Wind in die entsprechende Richtung weht.
Ungewissheit als Trumpfkarte
Spekulationen, dass Nordkorea die Explosion womöglich als Drohkulisse benutzen wolle, hält der Ostasienexperte Dr. Werner Pfenning von der Freien Universität Berlin für unwahrscheinlich. Die Abrüstungsverhandlungen zwischen dem stalinistischem Land mit den USA, China, Japan, Südkorea und Russland waren zuletzt ins Stocken geraten. Nordkorea wird vorgeworfen, ein geheimes Atomwaffenprogramm zu verfolgen. Pfennig sagte gegenüber stern.de er könne sich nicht vorstellen, dass Nordkorea beabsichtige, sein Atomwaffenpotenzial zu demonstrieren, um eine bessere Verhandlungsposition zu erreichen. "Nordkoreas größter Trumpf ist es, den Rest der Welt im Unklaren über sein tatsächliches militärisches Potenzial zu lassen. Man traut dem Regime von Kim Jong II alles zu." Nordkorea verlangt von der internationalen Staatengemeinschaft eine schriftliche Anerkennung seiner staatliche Souveränität sowie ein Ende der politischen und wirtschaftlichen Isolation.
Nordkorea hat sich mittlerweile bereiterklärt, westliche Diplomaten zum Ort einer Sprengung zu führen. Bill Rammell sagte am Montag in einem BBC-Radiointerview: "Nachdem ich den (nordkoreanischen) Vize-Außenminister heute Morgen darum gebeten hatte, unserem Botschafter und anderen Botschaftern zu erlauben, den Ort der Explosion zu besuchen, bin ich sehr erfreut, dass die Nordkoreaner dieser Bitte entsprochen haben."
Nordkorea bleibt eine Bedrohung
Unabhängig vom tatsächlichen Grund für die Explosion stelle Norkorea weiterhin eine große Gefahr dar, so die britische Zeitung "The Independent". "Selbst wenn sich die Befürchtungen, dass Nordkorea seinen ersten Atomtest ausgeführt hat, nicht bestätigen sollten, kann es keinen Zweifel daran geben, dass das verschlossene Regime von Kim Jong II eine schreckliche Bedrohung der ostasiatischen Region darstellt. Japan und Südkorea haben eine unstabile Militärdiktatur vor ihrer Haustüre - eine Diktatur, von der angenommen wird, dass sie Atomwaffen besitzt."
Weiter heisst es in "The Independent": "Nordkorea verbindet den Kalten Krieg mit dem Zeitalter des weltweiten Terrorismus. Es ist ein totalitärer Staat, der sich bis an die Zähne bewaffnet und sich gegenüber der Außenwelt vollständig abriegelt. Aber seine Herrscher haben sich auch willig gezeigt, Waffen gegen Bargeld einzutauschen, was zu der weit verbreiteten Befürchtung geführt hat, dass es eines Tages Atomwaffen an Terrorgruppen weitergeben wird. Nordkorea ist ganz klar eine größere Bedrohung für die Welt, als es Saddam Hussein je gewesen ist."