Bei der Offensive amerikanischer Truppen in Falludscha hat sich als äußerst verlustreich erwiesen. Nach einer Schätzung der US-Streitkräfte sind 600 irakische Rebellen ums Leben gekommen. Diese Zahl nannten US-Offiziere. Angaben zur Zahl der ums Leben gekommenen Einwohner lagen nicht vor.
Bei Beginn des Angriffs am Montag sollen sich 1.200 bis 3.000 Aufständische in der westlich von Bagdad gelegenen Stadt aufgehalten haben. Am Donnerstag gingen die amerikanischen Truppen gezielt gegen letzte Stellungen der Rebellen vor. Explosionen erschütterten die Stadt. Über den Häusern stieg Rauch auf, Kampfhubschrauber kreisten über den Dächern.
Die Regierungstruppen mussten unterdessen einen weiteren Rückschlag hinnehmen: Nach der Entführung dreier Verwandter von Ministerpräsident Ijad Allawi gerieten angeblich 20 Nationalgardisten in Falludscha in die Hände von Aufständischen. Das berichtete der arabische Nachrichtensender al Dschasira am Abend.
Haus von Geiselnehmern entdeckt
Irakische Soldaten entdeckten in der Stadt westlich von Bagdad nach eigenen Angaben verlassene Häuser von Geiselnehmern. Wie ein hoher irakischer Offizier vor Journalisten berichtete, seien in den Häusern im Norden der sunnitischen Stadt Videos mit Enthauptungen von ausländischen Geiseln gefunden worden. Zudem hätten Soldaten dort Listen mit Namen von Geiseln sowie schwarze Kleidungsstücke entdeckt, die Geiselnehmer auf den Bildern der Videos getragen hätten. Soldaten sagten laut CNN, es sei offensichtlich, dass in den Häusern zahlreiche Menschen getötet worden seien. Falludscha galt bis vor kurzem als Aufenthaltsort des jordanischen Topterroristen Abu Mussab al Sarkawi, der sich zu zahlreichen Anschlägen und Geiselmorden bekannt hat.
Die Übergangsregierung bestätigte, dass ein Cousin Allawis am Dienstag vor seinem Haus in Bagdad zusammen mit seiner Ehefrau und einem Sohn entführt wurde. Auf einer islamistischen Web-Site ist am Donnerstag ein Video aufgetaucht, in dem Extremisten dem irakischen Ministerpräsidenten Ajad Allawi mit Vergeltung für den Angriff auf Falludscha drohen. Sollte die Falludscha-Offensive nicht gestoppt werden, drohen sie mit der Ermordung der Familienangehörigen Allawis. Allawi und Verteidigungsminister Hasem Schaalan al Chusaei hätten sich niederträchtig gegenüber denjenigen gezeigt, "die ihr Zuhause, ihre Religion und ihre Ehre verteidigen", sagte der Sprecher.
Allawi von allen Seiten unter Druck gesetzt
Der Fernsehsender al Dschasira hatte das Video bereits am Mittwochabend ausgestrahlt, allerdings ohne Ton. Auf der Aufnahme sind 20 Männer in irakischen Uniformen zu sehen, die mit dem Rücken zur Kamera stehen. Dabei soll es sich laut al Dschasira um irakische Soldaten handeln, die an der Offensive in Falludscha beteiligt waren. Die Extremisten hätten versprochen, diese Gefangenen nicht zu töten, meldete der Sender.
Auch politisch geriet Allawi durch Proteste und den Rückzug der größten Sunnitenpartei aus der Regierung unter Druck. Die Islamische Partei hatte aus Protest gegen den Angriff auf Falludscha am Dienstag ihren einzigen Minister im Kabinett von Allawi aufgefordert, sein Amt niederzulegen. Industrieminister Hadschem al Hassani weigerte sich jedoch. Daraufhin wurde der Minister aus der Partei ausgeschlossen. Die Partei ist die stärkste sunnitische Partei des Iraks.
In Bagdad explodierte am Mittwoch neben einer Polizeipatrouille eine Autobombe. Mindestens vier Zivilisten seien getötet und drei Polizisten verletzt worden, sagte ein Sprecher des Innenministeriums. Wie viele Opfer es insgesamt gab, war zunächst nicht klar. Viele Autos sowie ein Gebäude in der Nähe seien zerstört worden.
Passanten und Retter suchten in den Ruinen des durch die Wucht der Explosion eingestürzten Gebäudes nach Überlebenden. Mehrere Autos standen in Flammen, und es stieg schwarzer Rauch auf. An einer nahe gelegenen Tankstelle hatte sich eine Autoschlange gebildet, als die Bombe hochging. Die Tankstelle selbst fing aber kein Feuer.
"Kein augenscheinliches Anschlagziel in der Gegend"
Das US-Militär hatte keine Informationen über die Explosion, die sich gegen 9.30 Uhr MEZ auf dem zentralen Nasr-Platz in Bagdad ereignete. Der Platz befindet sich in einem Geschäftsviertel, wo vorwiegend Ärzte, Anwälte und Läden angesiedelt sind. Ein Arzt, der seine Praxis in der Nähe hat, sagte: "Es gibt kein augenscheinliches Anschlagziel in der Gegend."
In der nordirakischen Stadt Kirkuk entging der kurdische Gouverneur der gleichnamigen Provinz nur knapp einem Anschlag. Wie Augenzeugen und die Polizei berichteten, explodierte nahe seines Fahrzeugkonvois eine Autobombe. Sechzehn Menschen seien verletzt worden; der Gouverneur sei unversehrt geblieben.