Flugzeugabstürze Explosion an Bord ist nicht das Ende

Flugzeuge sehen von außen solide aus, sind tatsächlich jedoch höchst zerbrechliche Maschinen. Dennoch bedeutet eine Bombenexplosion in der Luft nicht gleich den tödlichen Absturz.

"Im Grunde reicht schon Sprengstoff in der Größe eines Paketes Butter, um ein Passagierflugzeug zum Absturz zu bringen", sagt der auf Flugzeugunglücke spezialisierte Luftfahrtexperte Jan Arwed Richter. Dennoch schätzt er, dass nur jeder zweite Anschlag auf Flugzeuge für die Terroristen tatsächlich "erfolgreich" ist. Die meisten würden ohnehin vereitelt, bevor die Bombe überhaupt an Bord gelange. "Zwischen 1989 und 2004 gab es nicht einen tödlichen Absturz durch eine Bombe an Bord", sagt Richter.

Unglücks-Datenbank

Seit 15 Jahren betreibt der Informationsdienst JACDEC eine Datenbank für Flugunfälle. Die Sammlung listet alle Unglücke weltweit auf, vom Totalverlust mit hunderten Toten bis zum Blechschaden. JADEC ist frei über das Internet zugänglich (www.jacdec.de). Säuberlich sortiert nach Fluglinien, Flugzeugmustern und den Unfallberichten der Untersuchungsbehörden.

1989 explodiert Bombe in Flugzeug über Niger

Am 19.September 1989 zerreißt eine Bombe im Laderaum die McDonnell Douglas DC-10 der Fluggesellschaft UTA über der Tenere Wüste in Niger. Keiner der 171 Menschen überlebte. Der Sprengsatz wurde in Brazzaville an Bord gebracht und zwischen Gepäckstücken versteckt. In Russland brachten 2004 tschetschenische Selbstmordattentäter zwei Tupolevs durch Bomben im Handgepäck zum Absturz. 90 Menschen starben.

"Dass 15 Jahre nichts passiert ist, liegt an den verschärften Sicherheitsbestimmungen auf allen Flughäfen", meint Richter. Bei den beiden russischen Maschinen hatte das Flughafenpersonal und Gäste anderer Flüge von Unregelmäßigkeiten beim Einchecken berichtet. Offenbar erleichterte das den Terroristen, überhaupt ihre Sprengsätze an Bord zu bringen. "Eine Bombe an Bord bedeutet nicht zwangsläufig den tödlichen Absturz," weiß der Hamburger Experte. Es gebe einige Beispiele von Anschlägen, die für alle oder die meisten Passagiere glimpflich ausgingen. So zum Beispiel 1997 für die Fluggäste der brasilianischen Linie TAM.

Der Flugast auf Platz 18-D in der Fokker 100 zündete mitten im Flug eine Bombe in seinem Handgepäck. Die Leiche des Selbstmörders und der Passagier neben ihm wurden durch das zwei mal zwei Meter große Loch im Rumpf nach außen gerissen. Trotz der erheblichen Beschädigung gelang den Piloten eine erfolgreiche Notlandung. Bis auf die beiden Todesopfer kam keiner der 60 Menschen an Bord zu Schaden.

Terroristen verstecken Bombe in Frachtraum

Ähnliches Glück hatten 1986 die Menschen an Bord einer Boeing 727 der US-Fluglinie TWA. Terroristen hatten die Bombe im Frachtraum versteckt. Die Detonation hob den Kabinenboden an und riß eine komplette Sitzreihe aus ihrer Verankerung. Im Rumpf klaffte ein Loch, der plötzliche Druckabfall katapultierte vier Passagiere nach außen. Die Crew gelang eine Notlandung in Athen. Mit dem Schrecken davon kamen dagegen alle Flugreisenden eines Jumbo Jets der Pan Am, der 1982 durch einen Sprengsatz schwer beschädigt wurde und dennoch sicher den nächsten Flughafen erreichte. Auch die Boeing 747 der Philipine Airlines trotzte 1994 einer Explosion in der Luft.

"Je höher und schneller ein Flugzeug fliegt, desto fataler sind die Auswirkungen einer Explosion an Bord", sagt Richter. Gemeinhin gelten Starts und Landungen als gefährlichste Phasen eines Fluges. Bei Bomben an Bord sei das genau anders. Das Flugzeug fliege dann am langsam und in dickeren Luftschichten. Ein Riß im Rumpf führe nicht zu einem Druckverlust, der Menschen auf dem Flugzeug drücke, so Richter. Außerdem sei der Flughafen mit seinen Rettungsmanschaften in unmittelbarer Nähe. Gute Chancen für Passagier und die Crew.