Geheimdienst Britische Spione bespitzelten Annan

Britische Geheimdienstagenten haben nach Angaben eines früheren Kabinettsmitglieds vor dem Irakkrieg UN-Generalsekretär Kofi Annan systematisch ausspioniert.

Britische Geheimdienstagenten haben nach Angaben eines früheren Kabinettsmitglieds vor dem Irakkrieg UN-Generalsekretär Kofi Annan ausspioniert. Die ehemalige Entwicklungsministerin Clare Short sagte am Donnerstag in einem Interview mit dem Sender BBC, sie habe selbst Mitschriften von Gesprächen Annans gelesen. Short hatte das Kabinett im Streit um das weitere Vorgehen gegen Irak vor dem Krieg verlassen. "Ich habe Gespräche mit Kofi vor dem Krieg geführt und gedacht ’oh je, davon wird es eine Mitschrift geben, und die Leute werden sehen, was er und ich sagen’", erklärte Short.

Auf die gezielte Nachfrage, ob britische Spione angewiesen worden seien, innerhalb der Vereinten Nationen Personen wie Annan ins Visier zu nehmen, sagte die Exministerin: "Ja, absolut." Annans Büro sei über einen längeren Zeitraum hinweg ausspioniert worden.

Opposition: Die Regierung versucht peinliche Einzelheiten zu unterdrücken

Hintergrund des Interviews war die Entscheidung der Staatsanwaltschaft vom Mittwoch, die Klage gegen eine Dolmetscherin der Regierung fallen zu lassen, die ein Memo des US-Geheimdienstes NSA an eine Zeitung weitergegeben haben soll. In dem Memo hatte der NSA vor dem Irakkrieg die britischen Geheimdienste um Hilfe beim Ausspionieren von UN-Delegierten gebeten.

Oppositionspolitiker haben die Frage aufgeworfen, ob die Einstellung des Verfahrens politisch motiviert war. Sie halten es für möglich, dass die Regierung von Premierminister Tony Blair intervenierte, um die Veröffentlichung für sie peinlicher Einzelheiten zu verhindern. Die Anwälte der Dolmetscherin vermuteten, die Klage sei fallen gelassen worden, weil sie von der Regierung die Offenlegung eines Gutachtens von Generalstaatsanwalt Lord Goldsmith über die Rechtmäßigkeit eines Kriegs gegen Irak forderten. Minister der Regierung haben es wiederholt abgelehnt, das Gutachten zu veröffentlichen.

Michael Ancram, außenpolitischer Sprecher der oppositionellen Konservativen, erklärte, er habe die Regierung um Aufklärung darüber gebeten, ob der Generalstaatsanwalt die Anklagevertretung angewiesen habe, den Fall zu den Akten zu legen. Jeder könne verstehen, dass vertrauliche Informationen geschützt werden müssten. Falls es aber nur darum gehe, schlechte politische Entscheidungen der Vergangenheit zu vertuschen, werfe dies ernste Fragen auf, sagte Ancram in der BBC.

Im Regierungslager ist Short eine der schärfsten Kritikerinnen Blairs. Dessen Büro erklärte, zu Geheimdienstangelegenheiten werde nicht Stellung genommen. Die Geheimdienste hielten sich stets an nationale und internationale Gesetze, sagte eine Sprecherin Blairs.