In einer historischen Premiere der britischen Demokratie haben sich am Donnerstag erstmals die Spitzenkandidaten bei der Parlamentswahl einer Fernsehdebatte gestellt. Nach einem angespannten Beginn lieferten sich Labour-Regierungschef Gordon Brown und der konservative David Cameron teils hitzige Wortgefechte. Als Sieger aus der von 76 Vorschriften regierten Debatte ging aber Umfragen zufolge Liberaldemokrat Nick Clegg hervor.
Bei der ersten von insgesamt drei geplanten Debatten ging es zunächst um Themen der Innenpolitik. Eine repräsentative Gruppe von Zuschauern durfte Fragen stellen, den Regeln zufolge aber nicht nachhaken. Auch Rufen oder Klatschen war verboten. Die Debatte in Manchester im Nordwesten Englands verfolgten Schätzungen zufolge 20 Millionen Zuschauer - das entspricht dem Interesse für ein Spiel von Englands Fußballmannschaft.
Vor allem Premier Brown und Oppositionsführer Cameron gerieten nach einem verhaltenen Beginn immer wieder verbal aneinander. Brown punktete gegenüber dem 43-jährigen Cameron mit dem Spruch: "Ihre Politik können Sie nicht so retuschieren wie ihre Wahlplakate." Der Tory-Chef war wegen eines Wahlplakates, auf dem er verdächtig jugendlich aussieht, ins Gerede gekommen. Brown propagierte in seinen Beiträgen "Wohlstand für alle", Cameron verlangte "Wandel".
Der Liberaldemokrat Nick Clegg, der sich für "ausgleichende Gerechtigkeit" starkmachte, konnte laut einer Umfrage des veranstaltenden Fernsehsenders ITV mit 43 Prozent Zustimmung den Sieg für sich verbuchen. Beobachtern zufolge kann vor allem Clegg von den Fernsehdebatten profitieren, da sie seiner vergleichsweise kleinen Partei ein großes Forum eröffnen. Cameron kam auf 26 Prozent Zustimmung, Brown auf 20 Prozent.
Großbritannien wird seit langem fast ohne Ausnahme von den zwei großen Parteien, Labour und den Konservativen regiert. Dies könnte aber laut Umfragen bei der Wahl am 6. Mai anders werden. Noch vor wenigen Monaten hatten Camerons Tories einen deutlichen Vorsprung vor Premier Browns Labour. Dieser schrumpfte doch in den vergangenen Wochen und würde aufgrund des britischen Wahlsystems nicht mehr für eine Parlamentsmehrheit reichen. In diesem Fall würden sich die Liberaldemokraten in einer Schlüsselposition wiederfinden.