Der deutsche TV-Journalist und Putin-Biograf Hubert Seipel soll laut Medienberichten hunderttausende Euro aus Russland erhalten haben, ohne dies dem Norddeutschen Rundfunk als seinem Arbeitgeber mitzuteilen. Wie der "Spiegel" und das ZDF-Magazin "Frontal" am Dienstag unter Berufung auf vertrauliche Dokumente aus Zypern berichteten, geht es namentlich um 600.000 Euro, die im Rahmen eines sogenannten Sponsorenvertrages gezahlt worden seien.
Seipels Vertragspartner war demnach offiziell eine Briefkastenfirma namens De Vere Worldwide Corporation mit Sitz auf den Britischen Jungferninseln. Diese gehöre augenscheinlich zum Firmengeflecht des russischen Oligarchen und langjährigen TUI-Großaktionärs Alexej Mordaschow, den die Europäische Union nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine mit Sanktionen belegte. Es gebe Hinweise darauf, dass es zuvor eine zweite, ähnliche Vereinbarung gegeben habe, hieß es.
Hubert Seipel schrieb Bücher über Putin
Seipel hatte Russlands Präsident Wladimir Putin mehrfach interviewt. 2015 erschien seine Biografie "Putin. Innenansichten der Macht". 2021 folgte das Buch "Putins Macht. Warum Europa Russland braucht". Beide Bücher wurden vom Hamburger Verlag Hoffmann und Campe veröffentlicht. Der Verlag teilte am Dienstag mit: "Der Hoffmann und Campe Verlag hat sich aufgrund des vom "Spiegel" und des ZDF veröffentlichten Berichts zu Hubert Seipel entschlossen, dessen Bücher nicht mehr zum Verkauf anzubieten." Der Verlag habe keine Kenntnis von dem geschilderten Sachverhalt gehabt.
Der NDR erklärte, dass er rechtliche Schritte prüfe und mit dem Autor sowie Verantwortlichen der Produktionsfirma Kontakt aufgenommen habe. "Seipel hat dabei dem NDR gegenüber eingeräumt, er habe über zwei "Sponsoring-Verträge" 2013 und 2018 Geld von Alexey Mordaschow erhalten und erklärt, es sei für zwei Buchprojekte gewesen", teilte der Sender mit. Mordaschow gilt als russischer Oligarch. Er ist langjähriger Tui-Großaktionär. Die EU hatte Mordaschow Ende Februar 2022 auf ihre Sanktionsliste genommen.
Laut NDR hatte Seipel den Abschluss der Verträge damals nicht offengelegt. "Der Sender sieht hierin einen erheblichen Interessenskonflikt, der Seipels journalistische Unabhängigkeit in Zweifel zieht." Seipel sei zuletzt 2019 für den öffentlich-rechtlichen NDR tätig gewesen. Für den ARD-Sender hatte der mit dem Grimme-Preis ausgezeichnete Journalist den Angaben zufolge 2012 eine Dokumentation über Putin produziert und 2014 Interviews mit dem russischen Präsidenten sowie dem aus den USA geflüchteten Whistleblower Edward Snowden geführt.
Laut "Spiegel" und ZDF wurden die Zahlungen an Seipel im Rahmen von "Cyprus Confidential" aufgedeckt, einer internationalen investigativen Recherche, bei der es um fragwürdige Geschäfte des EU-Landes Zypern geht.
Seipel räumte gegenüber dem Investigativ-Startup Paper Trail Media ein, dass Mordaschow ihm Geld bezahlt habe, verteidigte aber die Legitimität seiner Arbeit. "Die Bücher haben zu lebhaften Diskussionen und ideologischen Auseinandersetzungen geführt", sagte Seipel. Auf die Frage, ob er seinen Verlegern seine Beziehung zu dem Oligarchen offengelegt habe, betonte Seipel, dass ihn niemand gefragt hätte, ob er "im Auftrag ausländischer Mächte" arbeite.
Seipel galt als einer der gefragtesten Russland-Kenner und einer der wenigen Journalisten, die direkten Zugang zu Putin hatten. Er drehte mehrere Filme über den russischen Präsidenten und war häufig in deutschen Medien und Talkshows vertreten.