Die vorübergehende Festnahme des türkischstämmigen deutschen Schriftstellers Digan Akhanli durch spanische Behörden sorgt für Verstimmungen bei der Bundesregierung. Vor allem der Verdacht, dass die türkische Regierung die internationale Polizeiorganisation Interpol missbraucht hat, um den Autor in seinem Urlaub festzusetzen, wiegt schwer - und wirft ein Licht auf eine Organisation, die vorzugsweise im Hintergrund arbeitet. Der stern fasst die wichtigsten Fragen und Antworten zu Interpol zusammen.
Was ist Interpol?
Interpol bezeichnet sich selbst als "weltgrößte internationale Polizeiorganisation" mit insgesamt 190 Mitgliedsstaaten, das Leitbild lautet "Polizeien verbinden für eine sicherere Welt". Ein Vorläufer wurde bereits 1923 gegründet, nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Organisation neu aufgebaut. Im Kern will der Verein die grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden gewährleisten.
Wie ist Interpol organisiert?
Das Hauptquartier befindet sich im französischen Lyon, daneben gibt es eine Dependance in Singapur. Zusätzlich unterhält jedes Mitgliedsland ein nationales Verbindungsbüro mit eigenen Beamten. In Deutschland ist dies das Bundeskriminalamt mit all seinen Beamten in Wiesbaden.
Einmal jährlich tagt die Generalversammlung mit Delegierten aus den Mitgliedsstaaten. zu ihren Aufgaben gehört unter anderem die Wahl des Präsidenten oder der Präsidentin. Zurzeit hält die Franzosin Mireille Ballestrazzi das Amt inne und steht den gerade einmal 320 Mitarbeiter vor. Das Budget von Interpol lag 2015 bei 80 Millionen Euro.
Was sind die Aufgaben von Interpol?
Die Beamten beschäftigen sich in erster Linie mit der grenzüberschreitenden Kriminalität, zum Beispiel mit Menschenhandel, Sportwettbetrug, Waffenhandel, Cybercrime, Terrorismus oder Drogenhandel. Durch die Vernetzung der nationalen Polizeibehörden sollen grenzüberschreitende Ermittlungen unterstützt werden. Dazu dienen zum Beispiel die Einrichtungen gemeinsamer Datenbanken, eines globalen Kommunikationssystems oder koordinierte Fahndungen.
Kritik an Interpol
"Jede Betätigung oder Mitwirkung in Fragen oder Angelegenheiten politischen, militärischen, religiösen oder rassischen Charakters ist strengstens untersagt", so steht es in den Statuten von Interpol, aber genau daran gibt es Zweifel - nicht nur im Falle des kürzlich in Spanien festgenommenen Schriftstellers. Immer wieder gibt es Berichte darüber, dass Despoten Interpol missbrauchen, um missliebige Personen festsetzen zu lassen, wie unter anderem die "Süddeutsche Zeitung" recherchierte.
Allerdings gilt laut Bundeskriminalamt auch, dass Fahndungsersuchen über Interpol nicht rechtsverbindlich sind. Jeder einzelne Fall werde vom nationalen Verbindungsbüro geprüft und individuell entschieden, ob er verfolgt werde. Dies unterscheide Interpol-Fahndungen zum Beispiel vom internationalen Haftbefehl.