IRAK-KONFLIKT Hinter den Kulissen wird munter verhandelt

Während US-Präsident Bush bereits Pläne für einen Irak-Angriff vorliegen haben soll, erwägen Regierungen weltweit schon den Vorteil einer Militäraktion. Wichtiger Faktor dabei: die irakischen Ölreserven.

Der Irak will eine neue Resolution des Weltsicherheitsrates nicht akzeptieren. Präsident Saddam Hussein geht mit dieser Entscheidung erneut auf Konfrontationskurs gegen die USA und Großbritannien, die in einer weiteren Resolution die bedingungslose Rückkehr der UN-Waffeninspekteure in den Irak verlangen und bei Nichterfüllung nach klaren Fristen militärische Maßnahmen androhen wollen. Vor diesem Hintergrund bestätigten US-Beamte, dass Präsident George W. Bush bereits detaillierte Pläne für einen Angriff auf den Irak vorliegen hat. Er habe aber noch nicht darüber entschieden.

Der geplante Angriff der Vereinigten Staaten auf Irak bringt Regierungen weltweit dennoch in eine gute Verhandlungsposition. Sie stehen öffentlich einem Angriff kritisch gegenüber, erwägen jedoch hinter den Kulissen bereits den Vorteil, den ihnen eine solche Militäraktion bringen könnte. Ein wichtiger Faktor dabei sind die irakischen Ölreserven, die zweitgrößten der Welt.

Wirtschaftliche Interessen in Irak

Wenn die UN-Sanktionen gegen Bagdad erst aufgehoben sind, will kein Land außen vor bleiben. Besonders Russland, China und Frankreich verfolgen wirtschaftliche Interessen in Irak. So wünscht sich Frankreich für die Zeit nach Saddam Hussein Zugang zu den irakischen Ölfeldern. Irak schuldet Russland rund acht Milliarden Dollar; Moskau würde diesen Betrag bei einem US-Angriff gern auch von der künftigen irakischen Regierung bezahlt sehen. Außerdem hofft Russland auf weniger Kritik an seiner Tschetschenien-Politik, befürchtet jedoch einen Verfall des Rohölpreises.

»Viel vom russischen Aufschwung der vergangenen dreieinhalb Jahre geht auf den hohen Ölpreis zurück«, erklärte der Russland-Experte Andrew Kuchins. »Die Russen machen sich sicher Sorgen, dass eine erhöhte Ölförderung in Irak Einfluss auf die Ölpreise und die russische Wirtschaft haben könnte.«

Saudi-Arabien und Kuwait hoffen auf den Schutz ihrer eigenen Reserven durch die USA, könnten jedoch Marktanteile verlieren, falls in Irak künftig mehr Öl gefördert werden könnte. Ägypten und Jordanien könnten wirtschaftliche Hilfe gebrauchen. Auch die Türkei verspricht sich Unterstützung für ihren schon seit Jahren geführte Konfrontationskurs gegenüber Bagdad. Ankara würde außerdem eine Invasion in Irak in den Wintermonaten bevorzugen, um der Tourismusindustrie nicht zu schaden.

Es werde andere Länder geben, die die Vereinigten Staaten unterstützen, falls es zum Krieg mit Irak komme, sagte US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld in der vergangenen Woche. »Wir werden alle Unterstützung bekommen, um die Aufgabe zu erledigen.« Dass bereits über die Nutzung von Lufträumen, Truppen und finanzielle Beteiligungen verhandelt wird, weisen Vertreter der amerikanischen Regierung aber zurück. »Ich sehe keine Quidproquos, weder mit Russland noch mit anderen«, sagte Staatssekretär John Bolton.

Handeln im eigenen Interesse

Im Zentrum für Strategische und Internationale Studien in Washington glaubt man das nicht. »Wie wir alle wissen, handeln Staaten am Ende in ihren eigenen Interessen«, erklärte der Energie-Experte des Zentrums, Robert Ebel. Die Frage sei, wie sich die anderen arabischen Länder in dem Konflikt verhielten. Sie könnten schweigend zusehen, ihre eigenen Exporte erhöhen oder sich auf die Seite Iraks stellen. Irak könnte wie schon 1991 die Ölfelder seiner Nachbarn in Brand stecken.

Präsident George Bush senior hatte vor dem Golfkrieg noch seine Vertreter um die Welt geschickt, um Geld für die Militäroperation zu sammeln. Der derzeitige US-Präsident scheint dieses Vorgehen teilweise umzukehren: Seine Gesandten bieten Geschenke im Austausch für Hilfe oder zumindest eine Duldung des Angriffs.