Drohnenattacke Lage im Iran: Warum ausgerechnet Isfahan?

Ein Mann in Teheran läuft vor einem Plakat iranischer Raketen
Gerne angriffsfreudig, nun selbst unter Beschuss: Passant in Teheran vor einem Plakat iranischer Raketen
© AFP
In der Nacht zum Freitag hat Israel offenbar einen strategisch wichtigen Militärstützpunkt bei Isfahan im Iran angegriffen. Ganz in der Nähe arbeitet das Teheraner Regime an der nuklearen Aufrüstung. Und das Ziel hat auch großen symbolischen Wert.

Die israelische Antwort an den Iran war nur eine Frage der Zeit. Und doch kam sie überraschend. In Tel Avivs Sicherheitskreisen hatte es zuletzt noch geheißen, Premier Benjamin Netanjahu würde mit einem Vergeltungsschlag warten bis nach dem siebentägigen Pessachfest, das kommenden Montag beginnt. Nun schlug Israel schon in der Nacht auf Freitag zu. Die Details sind noch unklar. 

Als gesichert gilt: Gegen vier Uhr morgens waren im Nordwesten der Provinz Isfahan Explosionen zu hören gewesen. Die "New York Times" zitierte bald drei iranische Offizielle, die bestätigten, eine Luftwaffenbasis sei getroffen worden. Das iranische Staatsfernsehen führte die Knallgeräusche auf drei Drohnen zurück, die erfolgreich vom Himmel geholt worden seien. Größeren Schaden habe es nicht gegeben. 

Israel zielte auf Irans wichtigsten Stützpunkt

Ob nun Washingtoner oder Teheraner Lesart: Der Iran war angegriffen worden. Und auch wenn weder Netanjahus Regierung noch das Pentagon sich bisher öffentlich dazu geäußert haben – dass hinter dem Luftschlag Israel steckt, liegt in der Logik der neuerlichen Entwicklungen in der Region. Tel Aviv hatte zuletzt lautstark angekündigt, nach dem großflächigen iranischen Drohnen- und Raketenangriff auf Israel am vergangenen Wochenende zurückschlagen zu wollen. Viel war spekuliert worden über mögliche Wege, die Netanjahu und seine Militäroffiziere nun beschreiten würden. 

Warum traf es nun Isfahan, eine Kulturstadt im Zentrum des Irans mit knapp zwei Millionen Einwohnern? 

"Von hier aus starteten, wie es scheint, einige Drohnen und Raketen des iranischen Angriffs auf Israel", erklärt Meir Javedanfar, ein iranisch-stämmiger Israeli, der an der Reichman Universität nahe Tel Aviv lehrt. Die angegriffene Luftwaffenbasis ist laut Javedanfar eine der wichtigsten im Land, ironischerweise einst gebaut von den USA. "Ein Großteil des iranischen Verteidigungssektors, auch Raketenfabriken, befinden sich in dieser Region. Die iranische Führung produziert in Isfahan außerdem Yellowcake, ein Gemisch von Uranverbindungen, das braucht man für Atomkraftwerke." 

Die Produktionsstätte gilt als größtes nukleares Forschungszentrum im Iran. Nach Angaben der Internationalen Atomenergie-Organisation IAEA ist sie unbeschädigt geblieben. Das Angriffsziel hat demzufolge hauptsächlich symbolischen Wert. War es ein Warnschuss? Wollte Israel die iranische Luftabwehr testen? Ein israelischer Offizieller sagte der "Washington Post", der Schlag ziele darauf ab, "dem Iran zu signalisieren, dass Israel auf seinem Boden zuschlagen kann".

Das Regime in Teheran spielt den Angriff herunter. Trauen sollte man ihm nicht

Der Iran hingegen versucht, den Angriff herunterzuspielen. In einer Stellungnahme des Sekretariats des Obersten Nationalen Sicherheitsrates heißt es: Es habe keinen ausländischen Angriff auf das Land gegeben. Der Iran befinde sich in "einem völlig normalen Zustand". Der Nachrichtenagentur Reuters gegenüber spricht ein ranghoher iranischer Vertreter von keinem "externen Angriff", sondern vielmehr einer "Infiltration". Für Iran-Experte Javedanfar kommt in diesem Fall nur ein Akteur infrage: Nicht das israelische Militär, sondern Tel Avivs Auslandsgeheimdienst, der Mossad. 

So oder so: Dass der jüngste Gegenschlag wie schon auch Irans Drohnenschwarmattacke am Sonntagmorgen anscheinend keinen ernsthaften materiellen und menschlichen Schaden nach sich zog und dass der Iran, anders als sonst üblich, Israel nicht namentlich für die Attacke verantwortlich macht, deuten manche Beobachter gar als möglichen Ausweg aus der eskalierenden Lage. Ersten Berichten zufolge, die sich auf iranische Insider stützen, plant das Regime zunächst offenbar keine militärische Reaktion. 

Andererseits hatte Teheran auch eine rote Linie gezogen: Ein Angriff auf den eigenen Boden würde hart bestraft werden. Eine Reaktion könnte also dennoch folgen. Früher oder später, noch vor oder nach dem Pessachfest. Keiner weiß nichts Genaues. Erst wird getäuscht, dann geschossen. Das sind die neuen Spielregeln zwischen dem Iran und Israel.