Mit einem Großeinsatz von Panzern und Kampfhubschraubern will die israelische Armee tödliche Raketenangriffe militanter Palästinenser aus dem Gazastreifen stoppen. "Tage der Buße", so der Name der vom israelischen Sicherheitskabinett beschlossenen Offensive, hat Ministerpräsident Ariel Scharon verordnet. Wie aus Sicherheitskreisen verlautete, gab Verteidigungsminister Schaul Mofas den Soldaten mit auf den Weg, dass die Militanten "einen Preis" zahlen müssten. Palästinenserpräsident Jassir Arafat forderte die Einberufung des Weltsicherheitsrats. Arafat nannte die Offensive, bei der seit Dienstagabend mehr als 50 Palästinenser getötet wurden, "barbarisch" und "kriminell".
Als Gegenreaktion zur Großoffensive haben militante Palästinenser jetzt den Samstag zu einem "Tag des Zorns" ausgerufen. Die Al-Aksa-Brigaden forderten die Geschäfte in den Autonomiegebieten zum Ausstand auf und drohten Streikbrechern mit Sanktionen. Im Gazastreifen lag das Geschäftsleben daraufhin weitgehend lahm. Der palästinensische Ministerpräsident Ahmed Kureia, dessen Rücktritt die Al-Aksa-Brigaden forderten, rief sein Kabinett zu einer Krisensitzung zusammen.
Militärische Offensive nach Raketenangriff
Das israelische Kabinett beschloss die Offensive nach einem palästinensischen Raketenangriff auf die israelische Grenzstadt Sderot, bei dem zwei Vorschulkinder getötet worden waren. Obwohl die israelischen Streitkräfte danach einen neun Kilometer breiten Korridor im Gazastreifen besetzten, um die Grenzorte aus der Reichweite der Kassam-Raketen zu bringen, schlug am Freitag wieder ein palästinensisches Geschoss in Sderot ein. Es gab keine Opfer.
Mindestens neun Palästinenser aus dem Gazastreifen wurden am frühen Samstagmorgen bei zwei verschiedenen Zwischenfällen von israelischen Soldaten getötet. Vier bewaffneten Palästinensern gelang es, den Sperrzaun um den Gazastreifen zu überwinden und mehrere hundert Meter weit auf israelisches Gebiet vorzudringen. Sie wurden aber entdeckt und bei einem Feuergefecht nach Armee-Angaben von Soldaten getötet. Zu der Aktion bekannten sich die Hamas und die Al-Aksa-Brigaden.
Zuvor waren bei einem israelischen Luftangriff auf das Flüchtlingslager Dschabalia im nördlichen Gazastreifen mindestens fünf Palästinenser ums Leben gekommen, wie palästinensische Augenzeugen berichteten. Nach israelischen Angaben gehörten vier der Männer der radikalen Organisation Islamischer Dschihad an.
"Abzug aus Gazastreifen wird nicht verschoben"
Ungeachtet der anhaltenden Gewalt betonte der israelische Oppositionsführer Schimon Peres am Freitag bei den Vereinten Nationen, der Zeitplan für den von der Regierung geplanten Rückzug aus dem Gazastreifen bleibe unangetastet. Ministerpräsident Ariel Scharon habe ihm dies noch am Morgen versichert. Die USA ermahnten Israel, die militärische Antwort auf den Raketenangriff zu mäßigen. Israel habe ein Recht auf Selbstverteidigung, die angewendete Gewalt müsse aber verhältnismäßig sein, sagte ein Sprecher des US-Außenministeriums, Adam Ereli. Opfer unter der Zivilbevölkerung sollten verhindert und die humanitären Konsequenzen für die Bevölkerung so gering wie möglich gehalten werden. "Diese Art von Opfern können unsere Anstrengungen, einen dauerhaften Frieden zu erreichen, nur komplizierter machen", sagte Ereli. Die Europäische Union kritisierte ebenfalls die Offensive und warf Israel vor, unverhältnismäßig zu reagieren.