Israel Auf den Tod vorbereitet

Schwere Unruhen und eine Machtübernahme durch die Hamas: Der Tod von Jassir Arafat hätte schwerwiegende Folgen - auch für Israel. So steht es in einem geheimen Papier, dass sich mit diesem Szenario befasst.

Israel ist auf seinen Tod bestens vorbereitet. Denn schließlich ist der Mann bereits 75 Jahre alt, leidet wahrscheinlich unter der Parkinson-Krankheit und lebt unter den widrigen Umständen, den ein Hausarrest verursacht - vor allem, wenn rund um das Haus alles von israelischen Panzern platt gewalzt wurde.

Auf fünf Seiten hat Israel alle Eventualitäten für den Tod des palästinensischen Präsidenten Jassir Arafat aufgelistet: Ein Notfallplan warnt vor Chaos in den palästinensischen Gebieten und einer wachsenden Instabilität der gesamten Region. Das wichtigste Ziel der Israelis ist es, eine Beisetzung Arafats in Jerusalem zu verhindern. So steht es in den Unterlagen, die jetzt der Presse zugespielt worden. Bereits im März hatten sich die israelischen Streitkräfte mit einem Armee-Manöver auf die Situation nach Arafats Tod vorbereitet.

Umfassender Militäreinsatz gegen die Hamas

Die Autoren des Dokuments gehen davon aus, dass die radikal-islamistische Hamas zusammen mit anderen Gruppierungen versuchen wird, die Kontrolle über die palästinensische Autonomiebehörde zu gewinnen. Das hätte dann einen umfassenden Militäreinsatz im Gazastreifen zur Folge, um die Machtergreifung der Hamas zu verhindern.

Der Notfallplan ist einer von mehreren, die Israel mit Blick auf den angeschlagenen Gesundheitszustand Arafats in der Schublade liegen hat. Ärzte haben Gerüchte über schwere Erkrankungen des palästinensischen Präsidenten bislang nicht bestätigt. Arafat sei bei bester Gesundheit, erklärte sein Berater Emad Schakur kürzlich im israelischen Armeerundfunk.

Anzeichen, dass es dem 75-Jährigen nicht besonders gut geht, gab es jedoch immer wieder: Zittern in Händen und Lippen ließ Spekulationen über eine Parkinson-Erkrankung laut werden. Vergangenen Sommer litt Arafat an einer Darmgrippe, nach seiner Genesung wurde ein Krankenhaus in seinem Hauptquartier im Westjordanland umfassend modernisiert. Der palästinensische Präsident hält eine strikte Diät und vermeidet Fett und Zucker auf dem Speiseplan.

Noch keine Entscheidung über letzte Ruhestätte

Vertraute Arafats erklärten, er habe noch keine Entscheidung über eine letzte Ruhestätte getroffen. Vermutlich soll die Beisetzung jedoch in der Al-Aksa-Moschee in Jerusalem erfolgen - eine der höchsten Auszeichnungen für Muslime. Israel werde sich dem ganz klar widersetzen, heißt es in dem Dokument. Der Leichnam Arafats würde den Unterlagen zufolge möglicherweise mehrere Tage in Ramallah im Westjordanland aufgebahrt, was zu internationalem Druck auf Israel führen könne. Weiter rechnen die Autoren mit einer Welle der Gewalt, sollten Palästinenser versuchen, eine Überführung Arafats nach Jerusalem zu erzwingen.

Um diesem Szenario vorzubeugen, schlagen die Autoren des Notfallplans vor, dass Israel den Druck auf militante Palästinenserorganisationen erhöhe. Außerdem sollen Gespräche mit moderaten Palästinensern aufgenommen werden, die nach dem - natürlichen oder durch eine israelische Militäraktion herbeigeführten - Tod Arafats eine für Israel "akzeptable" Regierung bilden könnten.

Interessanterweise raten die Autoren des Dokuments Israel auch, einer medizinischen Behandlung des Palästineserführers im Ausland zu zustimmen, sollte sich dessen Gehundheitszustand verschlechtern. Damit könne verhindert werden, dass den Israelis in irgendeiner Form eine Mitschuld am möglichen Tod Arafats gegeben wird. Wenn er im Ausland stirbt, könne Israel zum einem keinerlei Schuld an seinem Tod gegeben werden. Zum anderen wäre so eine Bestattung in Jerusalem leichter abzulehnen.

AP · DPA
Ramit Plushnick-Masti/AP