Drei Tage nach einem tödlichen Raketenangriff auf den Golanhöhen hat Israel in der libanesischen Hauptstadt Beirut am Dienstag einen "gezielten Angriff" auf einen Kommandeur der Schiitenmiliz Hisbollah durchgeführt. Das berichtete die israelische Armee. Dabei wurden in einem Vorort der Stadt ein achtstöckiges Gebäude schwer getroffen – sowie mehrere umliegende Häuser stark beschädigt.
Israels Militär erklärte, mit dem Angriff durch Kampfflugzeuge den hochrangigen Kommandeur Fuad Schukr "ausgeschaltet" zu haben. Eine Bestätigung der Hisbollah gibt es bislang nicht. In libanesischen Kreisen hieß es indes, er sei lediglich schwer verletzt. Gesicherte Informationen liegen bislang nicht vor.
Drei tote und 74 verletzte Zivilisten
Das libanesische Gesundheitsministerium berichtet, dass bei dem Angriff drei Zivilisten getötet worden seien: eine Frau und zwei Kinder. Außerdem seien 74 weitere Menschen verletzt worden, fünf von ihnen schwebten noch in Lebensgefahr. Auch werde weiter nach vermissten Personen gesucht, teilte das Ministerium mit. Die Verletzten werden in den umliegenden Krankenhäusern behandelt.

"Fuad Schukr war der Kommandeur, der für das Massaker von Madschdal Schams verantwortlich war", erklärte der israelische Militärsprecher Daniel Hagari nach dem Angriff. "Dabei wurden zwölf Kinder ermordet, nachdem die Hisbollah am Samstagabend eine iranische Falak-1-Rakete direkt auf ein Fußballfeld im Norden Israels abgefeuert hatte." Israel und die USA machen die libanesische Hisbollah-Miliz für den tödlichen Angriff verantwortlich, diese stritt jegliche Verantwortung ab.
Kritik aus dem Iran, Unterstützung durch die USA
Scharfe Kritik an dem israelischen Angriff kam vom Hisbollah-Unterstützer Iran. Außenamtssprecher Nasser Kanani sprach von einer "bösartigen und kriminellen Aktion". Die UN-Sonderbeauftragte für den Libanon, Jeanine Hennis-Plasschaert sagte, sie sei "tief besorgt" über den Angriff. Es gebe keine militärische Lösung für den Konflikt.
Das US-Außenministerium bezeichnet Schukr als einen "hohen Militärkommandeur der Kräfte der Gruppe im Südlibanon", der "eine Schlüsselrolle bei den jüngsten Militäroperationen der Hisbollah in Syrien" gespielt habe. Nach US-Angaben hatte Schukr 1983 eine zentrale Rolle bei einen Bombenanschlag in Beirut, bei dem mehr als 200 US-Marinesoldaten getötet worden waren. Washington setzte 2017 ein Kopfgeld in Höhe von fünf Millionen Dollar (4,62 Millionen Euro) auf Schukr sowie einen weiteren Hisbollah-Kommandeur aus.
US-Vizepräsidentin Kamala Harris erklärte zu dem Angriff, Israel habe "das Recht, sich gegen eine terroristische Organisation zu verteidigen, und genau das ist die Hisbollah".
Israels Verteidigungsminister Joav Galant hatte zuvor auf der Online-Plattform X geschrieben: "Die Hisbollah hat eine rote Linie überschritten." Bereits am Nachmittag war bei einem Raketenangriff auf den Norden Israels nach Angaben von Rettungskräften ein Zivilist getötet worden. Zuvor hatte es in Ortschaften an der Grenze zum Libanon Raketenalarm gegeben.
Israel hatte einen Vergeltungsschlag angekündigt
Nachdem am Samstag bei einem Raketenangriff in der drusischen Ortschaft Madschdal Schams auf den von Israel annektierten Golanhöhen mindestens zwölf Menschen getötet wurden, hatte die israelische Regierung einen Vergeltungsschlag angekündigt. Sie macht die Hisbollah für den Angriff verantwortlich. Die Schiitenmiliz wies die Schuld von sich. Sie habe mit dem Angriff nichts zu tun, erklärte sie mehrmals.
Bereits seit Beginn des Gaza-Kriegs kommt es in der israelisch-libanesischen Grenzregion immer wieder zu Konfrontationen zwischen Israels Armee und militanten Gruppierungen wie der Hisbollah. Die Schiitenmiliz handelt nach eigenen Aussagen in Solidarität mit der Hamas: Ihre Angriffe will sie erst einstellen, wenn es auch in Gaza zu einem Waffenstillstand kommt.
Sowohl in Israel als auch im Libanon kamen zahlreiche Zivilisten ums Leben. Zehntausende Anwohner verließen auf beiden Seiten der Grenze ihre Heimatorte. Es ist die schwerste Eskalation seit dem zweiten Libanon-Krieg 2006.
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