Auch im Krieg gibt es Regeln, und so waren sich die israelische Armee und die Hisbollah-Miliz aus dem Libanon seit Oktober 2023 weitestgehend einig gewesen: Ob mit Raketen, Drohnen oder Mörsergranaten – gefeuert wird auf militärische Ziele. Zwar mussten auf beiden Seiten der Grenze Zehntausende aus ihren Häusern fliehen, zivile Opfer waren bislang in diesem Konflikt aber die absolute Ausnahme. Bis zum Samstagabend.
Im Drusen-Dorf Madschdal Schams in den Golanhöhen ist man ein Leben zwischen den Fronten gewohnt. 1967, im Sechs-Tage-Krieg, eroberte Israel die Gegend von Syrien und annektierte sie anschließend. Doch in den vergangenen Jahren war es bergauf gegangen im Ort. Neue Hotels, ein moderner Fußballplatz mit Kunstrasen. Die Kinder trafen sich, um zu kicken. Wie fast jeden Tag eigentlich. Als der Luftalarm ertönte, blieben ihnen noch drei Sekunden, dann wurde das Spiel- zum Schlachtfeld.
Eine Rakete der Hisbollah tötete zwölf Kinder, verletzte Dutzende weitere. Israelische Analysten spekulieren, dass der Angriff – abgefeuert aus dem libanesischen Dorf Scheeba – eigentlich einer israelischen Militärbasis am Berg Hermon gegolten haben könnte.

Ob Absicht oder nicht – das Massaker von Madschdal Schams könnte der Auftakt einer Eskalation in der gesamten Region sein, fürchtet Nahost-Experte Guido Steinberg.
Herr Steinberg, seit Monaten rufen Journalisten Sie an und stellen Ihnen vor allem eine Frage: Wann gibt es nicht nur in Gaza, sondern im gesamten Nahen Osten Krieg? Nerven Sie diese Untergangsszenarien nicht allmählich?
Nein. In den letzten neun Monaten war die Frage ja immer berechtigt, ob das eine oder andere Ereignis zur großen Eskalation führt. Ich mache mir auch selbst sehr viele Gedanken.