Bei einem neuen Selbstmordanschlag in der israelischen Küstenstadt Netanja sind Sonntagnachmittag mindestens zwei Menschen getötet worden, darunter der Attentäter. Mindestens 28 Menschen wurden verletzt, sieben davon schwer, als der vermutlich palästinensische Attentäter den mit Nägeln gefüllten Sprengsatz auf einem belebten Markt zündete. Zu den Verletzten zählen auch solche, die einen Schock erlitten.
Unter Trümmern begraben
Mehrere Opfer wurden unter Trümmern begraben, nachdem Teile einer Überdachung nach der gewaltigen Explosion einstürzten. Augenzeugen berichteten, der Attentäter sei mit einem Taxi an den Anschlagsort gekommen und habe eine israelische Armeeuniform getragen. Der Fernsehsender von Abu Dhabi meldete, die radikale Gruppe Palästinensische Befreiungsfront (PFLP) habe sich zu dem Attentat bekannt.
Bei dem bislang schwersten Anschlag in der Geschichte Israels hatte ein palästinensischer Selbstmordattentäter am 27. März am Abend des Passah-Festes in einem Hotel in Netanja 29 Israelis mit in den Tod gerissen. Israel hatte zwei tage später mit einer militärischen Großoffensive (»Operation Schutzwall«) im Westjordanland reagiert.
Regierungsbildung erleichtern
Vor dem neuen Anschlag hatte der israelische Außenminister Schimon Peres am Sonntagmorgen auf eine sofortige Wiederaufnahme der Friedensgespräche mit den Palästinensern gedrängt und seinen überarbeiteten Friedensplan vorgestellt. Nach palästinensischen Angaben haben angesichts der massiven Forderungen nach Reformen der Autonomieverwaltung etwa 20 Minister dem Palästinenserpräsidenten Jassir Arafat schriftlich ihren Rücktritt angeboten. Damit wollten sie Arafat Neuwahlen und die Bildung einer neuen Regierung erleichtern, hieß es in Gaza. Es war jedoch bislang unklar, ob Arafat die Rücktrittangebote akzeptieren wird.
Reformen als »Trick«
Der israelische Verteidigungsminister Benjamin Ben-Elieser warf Arafat am Sonntag vor, seine Ankündigung von Neuwahlen und Reformen am vergangenen Mittwoch sei ein reiner »Trick«. Arafats Berater Nabil Abu Rudeineh bekräftigte am Sonntag, palästinensische Wahlen könnten erst nach einem Rückzug der israelischen Armee auf Positionen vor Beginn des neuen Palästinenseraufstands Ende September 2000 stattfinden.
Der jordanische Ministerpräsident Ali Abu Radschid sagte am Sonntag nach einem Treffen mit Arafat in Ramallah, Jordanien werde die Palästinenser bei ihren Reformbemühungen unterstützen. Wahlen seien eine notwendige Vorbereitung für die Gründung eines palästinensischen Staates, sagte Radschid nach dem Gespräch, an dem auch der jordanische Außenminister Marwan Muascher teilnahm.
Wenig Aussicht auf Erfolg
Peres sagte im israelischen Rundfunk, Ministerpräsident Ariel Scharon habe Teile des Plans akzeptiert, den er - Peres - im vergangenen Jahr gemeinsam mit dem palästinensischen Parlamentspräsidenten Ahmed Kurei (Abu Ala) ausgearbeitet hatte. Politische Beobachter gehen jedoch davon aus, dass der Plan wenig Aussicht auf Erfolg hat, nachdem Scharons Likud-Partei vor einer Woche einen palästinensischen Staat grundsätzlich abgelehnt hat.
Der von Peres vorgestellte Plan sieht die Ausrufung eines palästinensischen Staates innerhalb weniger Wochen vor, deren genaue Grenzen innerhalb eines Jahres in Verhandlungen unter internationaler Vermittlung festgelegt werden sollen. Ein weiterer Punkt ist die Zentralisierung der verschiedenen Polizei-Apparate unter einem Kommando. Die strittigen Themen wie Jerusalem, Flüchtlinge und israelische Siedlungen sollen Verhandlungsteams beider Seiten innerhalb eines Jahres klären.