Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) erwartet heftige Auseinandersetzungen auf dem Klimagipfel in Cancún. Dabei gehe es keineswegs um Sachfragen, sondern es gelte, die Verhandlungsstruktur zwischen den 194 Staaten für die Ministerrunde festzulegen, sagte Röttgen. "Das ist immer mit Krach verbunden." An der Verhandlungsstruktur hatte sich schon der Gipfel von Kopenhagen im vergangenen Jahr aufgerieben. In einer Rede auf dem Gipfel redete der Minister den Staaten ins Gewissen und beschwor sie, im Klimawandel auch eine Wachstumschance zu sehen.
"In Deutschland hat in den letzten Jahren ein Umdenken begonnen", sagte Röttgen. "In Wirtschaft, Politik und Gesellschaft sehen wir den Klimawandel nicht länger als Bedrohung an, sondern als Chance und Herausforderung", betonte der CDU-Vize in dem mexikanischen Karibikort. Deutschland sei aus der Wirtschafts- und Finanzkrise gestärkt herausgekommen, auch weil man beim Export von modernen Energie- und Umwelttechnologien mittlerweile bis zu 30 Prozent Weltmarktanteile habe. Er verwies auf das umstrittene Energiekonzept mit einem massiven Ausbau der erneuerbaren Energien, der bis 2020 eine halbe Million neue Jobs bringen soll. Bis dahin wolle Deutschland auch seine Treibhausgasemissionen um 40 Prozent und bis 2050 um 80 bis 95 zurückfahren.
Erfolge in Teilbereichen anstreben
Die Linie der Bundesregierung sei es, eine Lösung mit verschiedenen Einzelerfolgen anzustreben. "Es bleibt beim Paket", so der CDU-Politiker. Dazu gehören unter anderem ein Abkommen zum Waldschutz, um die Wälder als Kohlendioxidspeicher zu bewahren, die offizielle Bestätigung des Ziels, die Erderwärmung auf zwei Grad Celsius zu begrenzen und die Etablierung eines UN-Klimafonds, um besonders vom Klimawandel betroffene Entwicklungsländer zu unterstützen. "Durch gemeinsames und solidarisches Handeln können wir ambitioniertere Ergebnisse erzielen", sagte Röttgen in seiner Rede.
Zuvor hatten die zwei Hauptarbeitsgruppen in Cancún ihre Papiere von zusammen mehr als 80 Seiten vorgelegt. Trotz des Umfangs lassen sie noch wesentliche Fragen in den Kernpunkten offen: In welchen Vertrag werden die nationalen Vorschläge zur Treibhausgasreduktion verankert und nach welchen Spielregeln wird alles kontrolliert.
Ban erwartet kein "perfektes Werk"
China habe zwar gesagt, es sei offen für Überprüfungsregeln, sagte EU-Delegationsleiterin Connie Hedegaard. "Aber wir müssen wissen, was das bedeutet." Transparenz sei im beiderseitigen Interesse, daher müsse etwas "Fleisch und Blut" in die Spielregeln hineinkommen.
Sicher lasse sich in Cancún kein perfektes Werk erzielen, hatte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon schon am Vortag gesagt. Vier Bereiche seien aber reif für eine Verabschiedung, und zwar neben dem auch von den Deutschen angestrebten Waldschutz auch die Anpassung ärmerer Staaten an die Folgen des Klimawandels, Technologietransfer und Finanzfonds. Ban hatte zuvor Lösungswege seiner hochkarätig besetzten Arbeitsgruppe präsentiert, wie ab dem Jahr 2020 jährlich 100 Milliarden Dollar (heute 75 Milliarden Euro) Klimahilfsgeld für Entwicklungsländer zusammenkommen könnten. Dies dient der Anpassung an die Folgen des Klimawandels und einer klimafreundlichen Entwicklung.
Waldschutz effektivstes Mittel gegen Klimawandel
Der Leiter der Arbeitsgruppe, Norwegens Premierminister Jens Stoltenberg, unterstrich vor dem Plenum, dass so viel Geld zusammenkommen könne. "Es gibt keine Einzelquelle." Die Summe sei aber zu erreichen, wenn existierende öffentliche Finanzstrukturen erweitert würden, neue hinzukämen und zudem die Privatwirtschaft mehr grüne Technik in Entwicklungsländern aufbaue.
Wichtig sei es vor allem, dem Kohlenstoff einen Preis zu geben, das bedeutet für die Kohlendioxidproduktion zu zahlen wie etwa beim Emissionshandel der EU. Das habe einen doppelten Effekt: Es erhöhe den Druck für Industrieländer, Treibhausgase zu reduzieren, und schaffe eine große Geldquelle für Entwicklungsländer. "Hier in Cancún sollten wir vereinbaren, einen Grünen Fonds zu etablieren", betonte Stoltenberg.
Auch er betonte die Bedeutung des Kampfs gegen die Waldzerstörung, die für rund 15 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich gemacht werde. Das ist mehr als weltweit alle Schiffe, Autos, Züge und Flugzeuge zusammen erzeugen. Die Waldzerstörung zu reduzieren, sei daher die "größte, schnellste und billigste" Methode, um den Klimawandel zu bekämpfen.