Angesichts des Unmuts unter US-Verbündeten im Nahen Osten wegen Israels Luftangriff in Katar sowie Israels massiven Siedlungsausbaus im Westjordanland wird US-Außenminister Marco Rubio heute in Jerusalem erwartet. US-Präsident Donald Trump sei "nicht glücklich" über Israels Luftangriff in Katar vom Dienstag, sagte Rubio vor seinem Abflug zum Verbündeten. Die Beziehungen der USA zu Israel würden davon zwar nicht beeinträchtigt. Er werde aber mit den Israelis darüber sprechen, wie sich der Angriff auf die Bemühungen um ein Ende des Gaza-Krieges auswirken wird.
Trump wolle, dass die islamistische Hamas besiegt werde, sagte Rubio vor seinem Abflug zu Reportern. "Er will, dass der Krieg endet, er will, dass alle 48 Geiseln nach Hause kommen, einschließlich derjenigen, die verstorben sind, und er will das alles auf einmal", fuhr Rubio fort. "Und wir müssen darüber diskutieren, wie sich die Ereignisse der vergangenen Woche auf die Möglichkeit ausgewirkt haben, dies in kurzer Zeit zu erreichen." Was geschehen sei, sei geschehen. Jetzt müsse man überlegen, wie es weitergeht. "Hamas kann nicht weiterbestehen, wenn Frieden in der Region das Ziel ist", schrieb Rubio auf X.
Sondergipfel in Katar
Die israelische Luftwaffe hatte am Dienstag versucht, in Katars Hauptstadt Doha die Führungsspitze der Hamas anzugreifen. Nach Hamas-Angaben schlug die Attacke jedoch fehl, es sei kein Mitglied der Verhandlungsdelegation der Hamas getötet worden. Sechs Menschen seien aber ums Leben gekommen.
Das Golfemirat Katar ist ein wichtiger Verbündeter der USA. Beide Länder fungieren mit Ägypten als Vermittler im Gaza-Krieg zwischen Israel und der Hamas. Die USA sind zugleich Israels wichtigster Verbündeter. Außer Katar hatten auch andere US-Partner in Nahost wie die Vereinigten Arabischen Emirate und Jordanien den israelischen Luftangriff in Doha scharf verurteilt.
Bei einem von Katar geplanten Sondergipfel mit fast 60 arabischen und islamischen Staaten dürfte es heute und Montag um die Suche nach einer gemeinsamen Haltung gegenüber Israel gehen. Vor dem Treffen der Monarchen, Staats- und Regierungschefs soll es heute in Doha zunächst ein vorbereitendes Gipfeltreffen auf der Ebene der Außenminister geben.
Netanjahu: Hamas-Anführer Haupthindernis für Gaza-Deal
Unterdessen deutete Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu am Samstag an, dass der Luftangriff in Katar fehlschlug. "Die in Katar lebenden Hamas-Terroristenführer kümmern sich nicht um die Menschen in Gaza", schrieb Netanjahu auf X. "Sie loszuwerden, würde das Haupthindernis für die Freilassung aller unserer Geiseln und die Beendigung des Krieges beseitigen", fügte der Regierungschef hinzu. Das Forum der Geiselfamilien warf dagegen Netanjahu in Reaktion darauf vor, er sei es, der einen Deal verhindere.
Der Luftangriff in Katar beweise, "dass es ein einziges Hindernis für die Rückkehr der 48 Geiseln und das Ende des Krieges gibt: Ministerpräsident Netanjahu", hieß es in einer Erklärung des Forums. "Jedes Mal, wenn ein Abkommen in Reichweite ist, sabotiert Netanjahu es." Nach Angaben des US-Außenministeriums wird Rubio bei seinem Besuch in Israel auch Familien der in Gaza festgehaltenen Geiseln treffen. Netanjahu will nach Angaben seines Büros mit Rubio um 14 Uhr Ortszeit (13 Uhr deutsche Zeit) die Klagemauer in Jerusalem besuchen.
Rubio: Haben vor Anerkennung Palästinas gewarnt
Weiteres Thema bei Rubios Gesprächen in Israel dürfte einem Bericht der US-Nachrichtenseite "Axios" zufolge die Möglichkeit einer israelischen Annexion von Teilen des Westjordanlands sein als Reaktion auf die in diesem Monat geplante Anerkennung eines Staates Palästina durch westliche Länder wie Frankreich, Belgien und Kanada bei der UN-Vollversammlung in New York.
Netanjahu hatte am Donnerstag eine Vereinbarung unterzeichnet, um die Bebauung eines strategisch wichtigen Gebiets im Westjordanland voranzubringen. Er sagte, es werde keinen palästinensischen Staat geben. Rubio sagte vor seinem Abflug nach Israel, er habe viele Länder weltweit davor gewarnt, dass genau das passieren könnte, falls sie mit ihrem Vorhaben zur Anerkennung eines Staates Palästina fortfahren. Er sei sich sicher, dass das Thema bei seinen Treffen mit dem Verbündeten zur Sprache kommen wird.
Israels Regierung treibt Siedlungsausbau voran
Die israelische Regierung lehnt eine Zweistaatenlösung mit der Begründung ab, sie gefährde die Existenz Israels. Die Anerkennung eines Staates Palästina käme aus Sicht Israels zudem einer "Belohnung für die Hamas" nach dem Massaker vom 7. Oktober 2023 in Israel gleich. Die Terrororganisation hat sich die Zerstörung Israels und die Einrichtung eines islamischen Staates auf dem gesamten Gebiet des historischen Palästinas auf die Fahne geschrieben.
Netanjahus rechtsreligiöse Regierung treibt den Siedlungsausbau im Westjordanland und in Ost-Jerusalem stetig voran. Die Gebiete, in denen mehr als 700.000 Siedler neben rund drei Millionen Palästinensern leben, wurden von Israel im Sechstagekrieg 1967 erobert. Die Palästinenser beanspruchen sie ebenso wie den Gazastreifen für einen eigenen Staat. Durch die fortschreitende Besiedlung bliebe davon jedoch schon heute nur ein "Flickenteppich" übrig.
Rechtsextreme Minister in Netanjahus Regierung drängen massiv auf eine Annexion des Westjordanlands, das sie als Teil des biblischen Israels betrachten. Finanzminister Bezalel Smotrich drohte, Israel werde sich das Gebiet einverleiben, sollte ein palästinensischer Staat anerkannt werden.
Emirate warnen vor Folgen für Abraham-Abkommen
Die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) warnten Israel kürzlich eindringlich vor einer möglichen Annexion großer Teile des Westjordanlands. Solche Schritte würden die Chancen auf Frieden in der Region zunichtemachen und den Geist der mit Israel geschlossenen Abraham-Abkommen verraten, hieß es. Die Emirate waren 2020 der erste Golfstaat, der mit Israel diplomatische Beziehungen aufnahm. Grundlage dafür waren die von den USA vermittelten sogenannten Abraham-Abkommen, die auch Bahrain unterzeichnete.
Israels Regierungschef Netanjahu habe noch keine Entscheidung darüber getroffen, ob er eine Annexion anstrebe, berichtete "Axios". Er wolle beim Treffen mit Rubio erfahren, ob US-Präsident Trump einen solchen Schritt unterstützen würde, zitierte die Nachrichtenseite einen israelischen Beamten.