Londoner Terroranschläge Ägyptischer Verdächtiger unschuldig

Rückschlag auf der Jagd nach den Hintermännern der Londoner Bombenanschläge: Ein in Kairo festgenommener Ägypter hat offenbar keine Verbindungen zu al Kaida. Unterdessen konzentriert Scotland Yard seine Ermittlungen auf Pakistan.

Der in Verbindung mit den Anschlägen in London festgenommene Ägypter hat nach Angaben der ägyptischen Regierung keine Verbindung zum Terrornetzwerk al Kaida. Dies berichtete der britische Fernsehsender BBC am frühen Samstagmorgen unter Berufung Regierungsangaben aus Kairo. Der 33-Jährige selbst hatte jede Tatbeteiligung bestritten. Er habe ausgesagt, dass er als Forscher an der Universität von Leeds arbeite und derzeit für sechs Wochen auf Heimaturlaub in Kairo sei, teilte das ägyptische Innenministerium am Freitag mit. Er lebe seit fünf Jahren in England und wolle dorthin auch zurückkehren. Der Mann hat nach Angaben des Innenministeriums einen naturwissenschaftlichen Abschluss der Universität in Kairo und hat in diesem Jahr seinen Doktor in Leeds gemacht.

Medienberichten zufolge verdächtigt die Polizei den Festgenommenen, in Leeds eine Bombenwerkstatt mit aufgebaut zu haben. Der Verdächtige hatte England zwei Wochen vor den Anschlägen verlassen. Die britische Polizei hatte eine weltweite Suche nach ihm eingeleitet.

"Der Mann wurde am Donnerstagabend festgenommen", sagte ein Botschaftssprecher in Kairo. Er wurde nach Berichten in Kairo in Anwesenheit des britischen Geheimdienstes verhört. Die britische Polizei bezeichnete ihn offiziell nicht als Verdächtigen. Ob er möglicherweise am Bau der Bomben beteiligt gewesen sein könnte, wurde nicht bekannt. Nach Informationen der BBC gab er den Terroristen die Schlüssel für ein Haus in Leeds.

Zwei weitere Festnahmen

Im pakistanischen Lahore sind nach Angaben aus Geheimdienstkreisen im Zusammenhang mit den Londoner Selbstmordanschlägen zwei weitere Verdächtige festgenommen worden. Wie ein Vertreter des Geheimdienstes mitteilte, wird untersucht, ob die beiden Kontakt zu einem Attentäter pakistanischen Ursprungs hatten, der in den vergangenen zwei Jahren zwei Mal nach Faisalabad und Lahore reiste. Nähere Angaben machte er nicht.

Bauart der Bomben deutet auf al Kaida hin

Wie es weiter hieß, sollen die Selbstmordattentäter selbst gebastelte Bomben, wie sie auch bei Anschlägen des Terrornetzes al Kaida eingesetzt wurden, für ihr mörderisches Werk benutzt haben. Beim explosiven Inhaltsstoff der Sprengsätze handele es sich um Acetonperoxid, dessen chemischen Bestandteile man sich in jeder Drogerie besorgen könne, berichtete die BBC unter Berufung auf die Ermittler. Bei den Anschlägen auf drei U-Bahnen und einen Bus starben nach jüngsten Angaben von Scotland Yard mindestens 55 Menschen, etwa 700 wurden verletzt.

Scotland Yard-Chef Ian Blair sagte bei der Jagd nach den Hintermännern der Londoner Selbstmordanschläge eine eindeutige El Kaida-Verbindung voraus. "Wir erwarten eine klaren al Kaida-Ansatz, weil die vier toten Männer zur Kategorie der Fußsoldaten gehören", sagte der Londoner Polizeichef weiter. Er warnte außerdem vor der "sehr großen Möglichkeit" weiterer Anschläge.

Hinweise auf Drahtzieher

Scotland-Yard-Chef Blair bestätigte außerdem, dass ein auf einer britischen Beobachtungsliste stehender Mann vor den Anschlägen nach Großbritannien eingereist sei und kurz vor den Explosionen nach Berichten das Land wieder verlassen habe. Diesem sei aber keine Priorität hinsichtlich einer möglichen Überwachung eingeräumt worden.

Nach Medienberichten vom Vortag glaubt Scotland Yard, dass dieser Mann, ein Brite pakistanischer Herkunft mit al Kaida-Kontakten, der Drahtzieher für die Tat sein könnte. Er sei im vergangenen Monat in einem britischen Hafen eingetroffen, um den vier Selbstmordattentätern Anweisungen zu geben. 24 Stunden vor den Anschlägen verließ er nach den Berichten die britische Insel.

Die Polizei empfahl den im Londoner Finanzdistrikt angesiedelten Unternehmen nach einem Bericht der "Financial Times" vor dem Hintergrund der Anschläge die Aktualisierung ihrer Sicherheitsvorkehrungen. Angemahnt worden sei die Errichtung von Barrieren im Eingangsbereich von Gebäuden sowie verstärkte Kontrollen von Besuchern und Parkhäusern, heiß es.

DPA · Reuters
DPA, Reuters