Mehr als eineinhalb Jahre nach ihrem aufsehenerregenden Protest im Live-TV gegen den Militäreinsatz in der Ukraine ist die russische Fernsehjournalistin Marina Owsjannikowa in einer anderen Angelegenheit in Abwesenheit zu achteinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Owsjannikowa wurde wegen "Verbreitung von Falschinformationen" über die Armee verurteilt, wie ein Moskauer Gericht am Mittwoch erklärte.
Das Urteil bezieht ich auf eine Protestaktion im Juli 2022, bei der Owsjannikowa allein in der Nähe des Kremls demonstriert und dabei ein Schild hochgehalten hatte, auf dem sie die militärische Intervention in der Ukraine und den russischen Präsidenten Wladimir Putin kritisierte.
Owsjannikowa nennt Vorwürfe "absurd und politisch motiviert"
Im März 2022 war Owsjannikowa während der Nachrichtensendung "Wremja" des Senders Perwy Kanal hinter der Nachrichtensprecherin aufgetaucht und hatte so weltweite Aufmerksamkeit erregt. Die Journalistin, die selbst als Redakteurin für den Sender arbeitete, hielt ein Schild mit der Aufschrift "Stoppt den Krieg. Glaubt der Propaganda nicht. Hier werdet ihr belogen" in die Kamera. Sie rief außerdem "Stoppt den Krieg!", bevor die Live-Übertragung abbrach.
Im Oktober 2022 floh Owsjannikowa aus dem Hausarrest mit ihrer Tochter aus Russland, der Sohn blieb beim Vater. Ihr Anwalt teilte mit, dass sie ihre Heimat endgültig in Richtung Europa verlassen habe. Wo genau sich die heute 45-Jährige aufhält, ist unklar. Laut ihrem Instagram-Konto befindet sie sich in Frankreich.
In einer am Dienstag vor der Urteilsverkündung veröffentlichten Erklärung bezeichnete Owsjannikowa die gegen sie erhobenen Vorwürfe als "absurd und politisch motiviert". Die Justiz habe "beschlossen, mich fertig zu machen, weil ich keine Angst habe und die Dinge beim Namen nenne", sagte sie.

"Natürlich gebe ich meine Schuld nicht zu. Und ich leugne auch keines meiner Worte. Ich habe eine sehr harte, aber die einzig richtige moralische Entscheidung in meinem Leben getroffen, und ich habe bereits einen hohen Preis dafür bezahlt", erklärte sie weiter.
Die Unterdrückung in Russland gegen regierungskritische Stimmen läuft weiter auf Hochtouren. Zahlreiche Oppositionsvertreter und einfache Bürger wurden zu langen Haftstrafen verurteilt. Zehntausende Russen, darunter Oppositionelle, Journalisten und Bürgerrechtler, sind ins Exil geflohen.