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Indien und Pakistan Zwei Atommächte, ein jahrzehntelanger Streit: Warum im Kaschmir-Konflikt die Eskalation droht

Spannungen zwischen Indien und Pakistan - Der Kaschmir-Konflikt im Überblick: Ein jahrzehntelanger Streit droht zu eskalieren
Srinagar, Indien: Ein indischer paramilitärischer Soldat feuert bei einem Protest gegen Razzien durch den indischen Geheimdienst in Kaschmir eine Tränengasgranate ab
© Dar Yasin/AP / DPA
Die Spannungen zwischen den Atommächten Indien und Pakistan hatten sich nach dem verheerenden Anschlag im indischen Kaschmir zugespitzt. Nun hat Indien auf pakistanischem Gebiet zugeschlagen. Pakistan drohte für einen solchen Fall mit Vergeltung.

Was ist passiert?

Das indische Militär flog nach Regierungsangaben vom Dienstag Luftangriffe auf Ziele in Pakistan und tötete dabei eine "sehr große Anzahl" islamistischer Kämpfer. Pakistan bestätigte eine Verletzung seines Luftraums und drohte "baldige" Gegenmaßnahmen an. China und die EU riefen die beiden Atommächte zu Zurückhaltung in dem seit Jahrzehnten schwelenden Konflikt auf.

Warum hat Indien auf pakistanischem Gebiet zugeschlagen?

Nach Angaben von Indiens Außenstaatssekretär Vijay Gokhale galt der Luftangriff einem Lager der Islamistengruppe Jaish-e-Mohammed (Armee Mohammeds) nahe der pakistanischen Stadt Balakot. Der Angriff sei präventiv erfolgt, um drohende Selbstmordanschläge in Indien zu vereiteln. Indien hätten "glaubwürdige Informationen" über Anschlagspläne vorgelegen. Bei dem Angriff in der Nacht zu Dienstag seien "Terroristen, Ausbilder, hochrangige Befehlshaber" und potenzielle Selbstmordattentäter "eliminiert" worden, sagte der indische Vertreter weiter.

Wie reagiert Pakistan?      

Pakistan wies diese Angaben zurück: Es gebe kein "Terrorcamp", zudem sei bei dem Angriff niemand getötet worden. Pakistans Außenminister Shah Mehmood Qureshi verurteilte die Verletzung des Luftraums als "ungerechtfertigte Aggression, auf die Pakistan zu gegebener Zeit und an gegebenem Ort antworten wird". Indiens Behauptung, viele islamistische Kämpfer getötet zu haben sei "eigennützig, rücksichtslos und erfunden", sagte Qureshi.     

Zuvor hatte ein Armeesprecher bereits mitgeteilt, es habe keine Verluste oder sonstige Schäden bei dem Angriff gegeben. Pakistanische Kampfflugzeuge hätte die indischen Flieger vielmehr zur Umkehr gezwungen, diese hätten auf dem Rückflug "Ladung" abgeworfen. Was genau damit gemeint war, blieb unklar.     

Warum ist die Lage so angespannt?

Die Anspannung in der Region ist groß, seit bei einem Selbstmordattentat am 14. Februar 41 indische Sicherheitskräfte getötet wurden. Die Islamistengruppe Jaish-e-Mohammed beanspruchte die Tat für sich. Indien beschuldigt Pakistan, den Anschlag unterstützt zu haben. Islamabad weist die Anschuldigungen zurück.    

Indiens Regierungschef Narendra Modi und sein pakistanischer Kollege Imran Khan beriefen nur Stunden nach dem Vorfall Dringlichkeitssitzungen mit wichtigen Kabinettsmitgliedern ein.     

Balakot liegt in der nordwestlichen pakistanischen Provinz Khyber-Pakhtunkhwa, einige Kilometer außerhalb des teilautonomen pakistanischen Gebiets in der Region Kaschmir.    

Ein Angriff auf pakistanisches Hoheitsgebiet jenseits der Demarkationslinie würde eine bedeutende Eskalation zwischen den Erzfeinden bedeuten, sagte ein Experte. Indien hatte zuletzt während des indisch-pakistanischen Krieges 1971 Luftangriffe auf Pakistan geflogen.

Was steckt hinter dem "Kaschmir-Konflikt"?    

Seit einem Krieg 1947 ist die Region zwischen den beiden Atommächten Indien und Pakistan geteilt, wird aber bis heute von beiden Staaten zur Gänze beansprucht. Seit 1989 kämpfen mehrere muslimische Rebellengruppen teils für die Unabhängigkeit Kaschmirs, teils für den Anschluss der Region an Pakistan.     

Indien und Pakistan haben zwei Kriege um Kaschmir geführt und sich zahllose Gefechte um die Region geliefert. Allerdings überquerten nur selten Flugzeuge oder Bodentruppen die schwer bewachte Demarkationslinie, welche die Himalaya-Region in zwei Teile teilt.

Eine Chronologie der Zusammenstöße der beiden Atommächte in der Grenzregion:

  • 1947: Der erste Krieg um Kaschmir bricht kurz nach der Teilung des indischen Subkontinents in das hinduistische Indien und das muslimische Pakistan nach dem Ende der britischen Kolonialherrschaft aus. Der Maharadscha von Kaschmir bittet Neu Delhi um Hilfe und stimmt einem Beitritt seiner Region zu Indien zu, nachdem Kämpfer aus Pakistan das Gebiet attackiert haben. Danach wird Kaschmir geteilt.
  • 1965: Indien und Pakistan kämpfen in einem kurzen zweiten Krieg erneut um Kaschmir, bis ein Waffenruhe ausgerufen wird.
  • 1971: In einem dritten Krieg kämpfen Indien und Pakistan diesmal wegen Islamabads Herrschaft über Ostpakistan, dem heutigen Bangladesch. Neu Delhi unterstützt die bengalischen Unabhängigkeitskämpfer und fliegt Bombenangriffe auf pakistanisches Gebiet. 
  • 1984: Indische Truppen besetzen den Gletscher Siachen des Karakoram-Gebirgszuges, der auch von Pakistan beansprucht wird. Es folgt das erste von zahlreichen Gefechten um das abgelegene, unbewohnte Gebiet, bis 2003 ein Waffenstillstand unterzeichnet wird.         
  • 1999: Von Pakistan unterstützte Kämpfer überschreiten die umstrittene Kaschmir-Grenze und erobern indische Militärposten in den eisigen Höhen der nordindischen Provinz Kargil. Indische Truppen drängen die Eindringlinge zurück. Der zehnwöchige Kargil-Konflikt kostet 1000 Menschen auf beiden Seiten das Leben.
  • 2016: Indien startet im September begrenzte Angriffe auf Ziele im pakistanischen Teil Kaschmirs. Zwei Wochen zuvor hatten Rebellen bei einem Angriff auf eine indische Militärbasis 19 Menschen getötet. Pakistan bestreitet, dass die indischen Angriffe jemals stattfanden. Im November stürmen als Polizisten verkleidete Kämpfer einen indischen Stützpunkt nahe der Grenze und töten sieben Soldaten.
fs AFP

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