US-Spitzenpolitikerin in Taipeh Pelosi sichert Taiwan US-Unterstützung zu — China reagiert mit militärischem Muskelspiel

Nancy Pelosi, bei einer Pressekonferenz mit Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen
Umstrittener Besuch in Taiwan: Die Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, bei einer Pressekonferenz mit Präsidentin Tsai Ing-wen.
© Taiwan Presidential Office / AFP
Ungeachtet der Spannungen mit China hat die Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, ihren Taiwan-Besuch fortgesetzt. Das Regime in Peking reagierte mit Drohungen und einem Militärmanöver.

Begleitet von Drohungen und scharfer Kritik aus China hat die Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, am Mittwoch ihren Besuch in Taiwan mit Gesprächen im Parlament und einem Treffen mit Präsidentin Tsai Ing-wen fortgesetzt. Dabei sicherte Pelosi Taiwan die Unterstützung der USA zu.

Sie und ihre Delegation seien nach Taiwan gereist, "um unmissverständlich klar zu machen, dass wir unsere Verpflichtung gegenüber Taiwan nicht aufgeben werden", sagte die 82-Jährige bei einer Pressekonferenz mit Tsai in der Hauptstadt Taipeh. Der Besuch sei auch ein Zeichen, "dass wir stolz auf unsere beständige Freundschaft sind".

Pelosi lobt Taiwan als "eine der freiesten Gesellschaften"

Mit einem indirekten Hinweis auf die Drohungen der kommunistischen Führung in Peking gegen Taiwan erklärte Pelosi: "Mehr als je zuvor ist die amerikanische Solidarität entscheidend." Das sei die Botschaft des Besuchs ihrer Kongressdelegation. Die Unterstützung in den USA für Taiwan sei parteiübergreifend. "Heute steht die Welt vor der Wahl zwischen Demokratie und Autokratie", sagte Pelosi und lobte Taiwan als "eine der freiesten Gesellschaften der Welt".

Taiwans Präsidentin erklärte, der Einmarsch Russlands in die Ukraine habe das internationale Augenmerk auf den Konflikt mit China um Taiwan gelenkt. Die Lage in der Taiwanstraße habe Auswirkungen auf die Sicherheit in der Asien-Pazifik-Region. "Taiwan wird nicht klein beigeben", betonte Tsai unter Hinweis auf die Bedrohung durch China. "Wir werden tun, was immer notwendig ist, um unsere Selbstverteidigungsfähigkeiten zu stärken" und "die Verteidigungslinie der Demokratie" halten.

Ungeachtet aller Drohungen aus Peking war Pelosi, die Mitglied der Demokraten von US-Präsident Joe Biden ist, am Dienstag zum ranghöchsten Besuch aus den USA in einem Vierteljahrhundert in die demokratische Inselrepublik gereist. Peking sieht Taiwan nur als Teil der Volksrepublik an, lehnt offizielle Kontakte anderer Länder zu Taipeh strikt ab und hatte die USA vehement vor einem Taiwan-Trip der Spitzenpolitikerin gewarnt. Als Reaktion startete Chinas Volksbefreiungsarmee umgehend Manöver in sechs Meeresgebieten, die Taiwan umzirkeln. Dabei soll es bis Sonntag auch "weitreichende Schießübungen" geben.

In Japan lösten die Manöver Besorgnis aus. Das Manövergebiet nahe Taiwan überschneide sich mit Japans exklusiver Wirtschaftszone, sagte Regierungssprecher Hirokazu Matsuno laut der Nachrichtenagentur Kyodo. Man habe Peking die Besorgnis übermittelt. Japan ist ein wichtiger Verbündeter der USA.

Chinas Manöver gelten als das größte militärische Muskelspiel seit der Raketenkrise 1995, als China zur Einschüchterung Raketen über Taiwan geschossen hatte und die USA zwei Flugzeugträgergruppen entsandten. Die Meeresgebiete für die Übungen gehen noch weit über die damaligen Sperrzonen hinaus, reichen nahe an Taiwan und scheinen teilweise in seine Hoheitsgebiete einzudringen. Experten rechnen auch damit, dass Schifffahrtsrouten beeinträchtigt werden könnten.

Allein am Dienstag schickte Peking schon 21 Flugzeuge in Taiwans Luftüberwachungszone (ADIZ), wie das Verteidigungsministerium in Taipeh berichtete. Diese Provokationen haben jüngst schon stark zugenommen, doch ist die hohe Zahl ungewöhnlich. Es habe sich um Kampfjets und Flugzeuge zur Luftüberwachung oder zur elektronischen Kriegsführung gehandelt.

China bestellt US-Botschafter ein

Aus Protest gegen den Besuch Pelosis bestellte das Außenministerium in Peking am Mittwoch auch den US-Botschafter in Peking, Nicolas Burns, ein. Vizeaußenminister Xie Feng sprach dabei von einer "ernsten Provokation und einem Verstoß gegen den Ein-China-Grundsatz", wie Staatsmedien berichteten.

Video: Pelosi in Taiwan eingetroffen
Pelosi in Taiwan eingetroffen

Im Parlament in Taipeh hatte Pelosi zuvor den Vizevorsitzenden des Legislativrates, Tsai Chi-chang und andere Abgeordnete gesprochen. Die 82-Jährige wollte auch Menschenrechtsaktivisten treffen, bevor sie im Rahmen ihrer Asienreise mit einer Kongress-Delegation um 17 Uhr Ortszeit (11 Uhr MESZ) nach Seoul weiterfliegen wollte.

Washington erwartet als Reaktion auf Pelosis Taiwanreise längerfristige Reaktionen Chinas. Der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats, John Kirby, rechnet mit militärischen Manövern oder wirtschaftlichen Maßnahmen. Bislang bewege sich die Reaktion Chinas aber voll im Rahmen dessen, was die US-Regierung erwartet und vorausgesagt habe.

Kirby betonte, die USA wollten keine Krise und beteiligten sich auch nicht an Säbelrasseln. Die US-Regierung sei aber darauf vorbereitet, mit allem umzugehen. Mit Blick auf Pelosi sagte Kirby, US-Präsident Joe Biden respektiere ihre Entscheidung, Taiwan zu besuchen. Ihr Besuch ändere nichts an der Ein-China-Politik der USA. Danach wird Peking als einzige legitime Regierung Chinas angesehen, ohne dass die USA aber Position zum Status Taiwans beziehen.

Kritik und Unterstützung aus Deutschland

Die Visite löste auch in Deutschland eine Debatte aus. Der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen hält den Zeitpunkt für falsch. "Durch den russischen Angriffskrieg gibt es zurzeit mehr als genug internationale Spannungen." Der Besuch habe rein symbolische Bedeutung, "durch die China wiederum sich unvermeidbar provoziert fühlt", sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Chinas Drohgebärden seien allerdings inakzeptabel.

Hingegen sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Michael Roth (SPD), den Zeitungen der Mediengruppe Bayern: "Dieser Besuch ist weder aggressiv noch provokativ." Der außenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Ulrich Lechte, begrüßte, dass Pelosi sich von den Einschüchterungsversuchen Pekings nicht habe beeindrucken lassen.

Auch der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jürgen Hardt, lobte die Reise. "Wir können dem Konflikt mit China über zentrale Fragen nicht aus dem Weg gehen", sagte er der Mediengruppe. Der Linken-Politiker Gregor Gysi sagte dem Nachrichtenportal "Watson", Provokationen sollten unterbleiben. China lasse Taiwan in Ruhe, solange es keine Gefährdung für die Ein-China-Politik sehe.

DPA · AFP
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