Rache für Schmäh-Video Der islamische Zorn trifft US-Diplomaten

Libyen, Ägypten und jetzt auch Jemen: Die Anschläge auf US-Vetretungen in der arabischen Welt entwickeln sich zu einem Flächenbrand. Zu den Freitagsgebeten könnte die Lage weiter eskalieren.

Die Empörung über ein US-Schmäh-Video gegen den Propheten Mohammed befeuert einen Rachefeldzug gegen amerikanische Diplomaten in der arabischen Welt.

Einen Tag nach der Tötung des US-Botschafters in Libyen versuchten Demonstranten in Kairo und Sanaa, die US-Vertretungen zu stürmen. Dabei wurden mindestens zwei Menschen getötet, viele andere verletzt. In der jemenitischen Hauptstadt stürmten Hunderte Demonstranten das US-Botschaftsgelände und setzten Fahrzeuge in Brand, bevor die Polizei die Menge mit Wasserwerfern und Warnschüssen zurückdrängte.

Beobachter befürchten, dass die Ausschreitungen mit dem Freitagsgebet auf weitere Länder übergreifen könnten. Die USA schickten am Donnerstag nach Medienberichten neben einer Einheit von Elitesoldaten auch zwei Kriegsschiffe in Richtung Libyen.

Libyen meldet Festnahmen

Das US-Konsulat im libyschen Bengasi war am Dienstag mit Raketen und Granaten angegriffen worden, der US-Botschafter und drei Mitarbeiter wurden getötet, auch mehrere libysche Sicherheitskräfte starben. Der Angriff ereignete sich am Jahrestag der Anschläge vom 11. September 2001.

Nach libyschen Behördenangaben wurden inzwischen mehrere Verdächtige festgenommen. Zur Zahl der Verdächtigen oder deren möglichen Motive wurden keine Angaben gemacht, "um die Ermittlungen nicht zu behindern".

Proteste auch in Tunesien, Iran, Irak und Bangladesch

In Tunis demonstrierten mehrere Hundert Salafisten vor der US-Botschaft, die Polizei ging mit Tränengas gegen die Menschenmenge vor. Demonstrationen gab es auch im irakischen Nadschaf, wo Anhänger des radikalen Predigers Moktada Sadr auf die Straße gingen. In Teheran zogen rund 500 Menschen vor die Schweizer Botschaft, die im Iran die Interessen der USA vertritt. Proteste gabe es auch im Gazastreifen und im mehrheitlich muslimischen Bangladesch.

Die Proteste in der islamischen Welt richten sich gegen den Streifen "Innocence of Muslims" ("Die Unschuld der Muslime"), in dem der Prophet Mohammed als Mörder, Kinderschänder und Frauenheld verunglimpft wird. Seit Juli ist der knapp 14-minütige Trailer bei YouTube online, fast 1,3 Millionen Menschen haben bis Donnerstagnachmittag auf den Link geklickt - vor allem Kanadier, Ägypter und Tunesier. Unter den angemeldeten Nutzern waren die Zuschauer vor allem Männer ab 35 Jahren.

Mursi fordert Einschreiten der USA

Der ägyptische Präsident Mohammed Mursi forderte die USA zu "ernsthaften Schritten" gegen den islamfeindlichen Film auf. "Wir sind gegen jede Handlung, mit der der Islam und der Prophet Mohammed beleidigt werden soll und wir sind gegen die Beleidigung jeder Religion", sagte Mursi nach einem Gespräch mit dem EU-Ratsvorsitzenden Herman Van Rompuy. "Das gefährdet die Beziehungen zwischen den Völkern der Welt, das nehmen wir unter keinen Umständen hin."

Zugleich verurteilte er Angriffe von Demonstranten auf US-Vertretungen in Kairo und der libyschen Hafenstadt Bengasi.

DPA · Reuters
fw/AFP/Reuters/DPA